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Erweiterung Richard-Kunze-Haus

Wie die Lebenshilfe ihr Angebot in Rastatt-Niederbühl verbessern will

Die Lebenshilfe Rastatt/Murgtal will ihre wohnortnahe Versorgung für Menschen mit Einschränkungen ausbauen. Was sie im Richard-Kunze-Haus plant.

Martin Bleier,  Rupert Felder und Klaus Doll sitzen bei der Lebenshilfe Rastatt/Murgtal auf einer Couch.
Lebenshilfe-Geschäftsführer Martin Bleier, Vorsitzender Rupert Felder und Bereichsleiter Klaus Doll (von links) erläutern in einem der Gemeinschaftsräume das Vorhaben. Foto: Frank Vetter

32 Menschen mit Einschränkungen leben derzeit in Wohngruppen im Richard-Kunze-Haus der Lebenshilfe Rastatt/Murgtal in Niederbühl, acht davon haben einen Platz im „Langfristig intensiv betreuten Wohnen (LIBW)“. Doch das reicht bei Weitem nicht aus.

Die Lebenshilfe plant daher schon lange eine Erweiterung und will außerdem ein neues Kombi-Modell integrieren, das Pflege, Eingliederungshilfe und Teilhabe unter einem Dach vereint. Das bestehende Gebäude wird zudem umgebaut und saniert. Der Bauantrag bei der Stadt Rastatt ist eingereicht.

Richard-Kunze-Haus in Niederbühl wird saniert

Für das Gesamtvorhaben, das in drei Phasen vonstattengehen und nach den derzeitigen Vorstellungen voraussichtlich bis Ende 2026/27 fertiggestellt werden soll, sind Kosten im knapp zweistelligen Millionenbereich erforderlich.

Als erstes Projekt wird der Neubau für das Kombi-Modell auf einem Grundstück an der Murgtalstraße zwischen Bestandsgebäude und Netto-Markt verwirklicht, Spatenstich soll im September/Oktober 2023 sein, die Fertigstellung ist für Oktober 2025 angepeilt.

Bei den Personen im LIBW handelt es sich um erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und/oder körperlichen und seelischen Behinderungen sowie Verhaltensbesonderheiten. Sie können tagsüber nicht wie die anderen 24 Bewohner die Murgtalwerkstätten besuchen, daher gibt es für sie alternative Beschäftigungsangebote im Haus.

Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen zu fördern.
Rupert Felder, Lebenshilfe-Vorsitzender

„Gerade Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen brauchen klare Tagesstrukturen und eine gewisse Routine“, sagt Klaus Doll, Bereichsleiter Wohnen und Offene Hilfen. Daher sind in einem Anbau (Querriegel) hinter dem Bestandsgebäude Räume für pädagogische, ergotherapeutische, hauswirtschaftliche und handwerkliche Angebote geplant. Schon heute wird im LIBW gebastelt, bei der Apfelernte im Herbst geholfen oder auf dem Areal gegärtnert.

Auch tiergestützte Pädagogik findet statt. Künftig sollen die Angebote noch vielfältiger werden. „Auch wenn es teilweise nur minimale Schritte sind, und in manchen Punkten vielleicht der Zielzustand, ein eigenständiges Leben zu führen, nicht erreicht werden kann. Aber trotzdem ist es unsere Aufgabe, diese Menschen zu fördern,“ verdeutlicht Rupert Felder, seit vergangenem Jahr Vorsitzender der Lebenshilfe Rastatt/Murgtal.

Künftig werden insgesamt zwölf Personen im Bestandsgebäude in zwei LIBW-Wohngruppen leben, das sind vier Plätze mehr als bisher. Es gebe definitiv zu wenig LIBW-Plätze in Baden-Württemberg. Der Bedarf werde in den nächsten Jahren noch steigen, sagt Doll.

Die Lebenshilfe Rastatt/Murgtal sei allerdings die einzige Anbieterin zumindest in Mittelbaden, die eine wohnortnahe Versorgung auch für diesen Personenkreis anbietet. Vorteil: Bindungen zu Familien und Angehörigen können erhalten bleiben.

Im Richard-Kunze-Haus ist aber noch mehr geplant: Ein Kombi-Modell aus zwei Leistungsarten, wobei – und das ist das Besondere – Pflege- und Eingliederungshilfe gleichrangig sind, wie die Lebenshilfe-Vertreter betonen.

„Das war zuvor nicht möglich – da gab es nur Pflege oder Wohnheim und dazwischen nichts“, erläutert Geschäftsführer Martin Bleier.

„Es war eine ganze Zeitlang in Baden-Württemberg so, dass es nur Fachpflegeheime gab in der Behindertenhilfe und somit Leistungen der Eingliederungshilfe Freiwilligkeitsleistungen waren“, erklärt Doll. Das Kombi-Modell sei etwas Neues in der Eingliederungshilfe und werde auch möglich durch das Bundesteilhabegesetz.

Angesichts des steigenden Pflegebedarfs wolle die Lebenshilfe „etwas Eigenes bauen, wo wir pflegen, aber auch Teilhabeleistungen anbieten können im Rahmen dessen, was noch möglich ist“, ergänzt Bleier.

Wohnen und Pflege unter einem Dach in Niederbühl

In dem Neubau für das Kombi-Modell werden 40 Plätze für dauerhaftes Wohnen und ein Platz für Kurzzeitwohnen entstehen. Der Vorteil: Menschen, die bereits im Richard-Kunze-Haus wohnen, können im Bedarfsfall auch in die neue Wohneinrichtung umziehen und damit weiterhin in dem Haus bleiben.

Und Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen und Pflegebedarf aus den Werkstätten, die noch bei den Eltern leben, „weil wir als Einrichtung bisher die Pflegeleistung nicht abdecken konnten, könnten hier eine Heimat finden“, so Bleier.

Darüber hinaus soll eine Art Tagesstätte für Senioren aus den Werkstätten integriert werden, die ihre Wohnplätze andernorts haben, aber eine neue Tagesstruktur brauchen, weil sie ins Rentenalter kommen. „Der Bedarf ist steigend im Seniorenbereich“, sagt Felder. Bisher gibt es eine solche Tagesbetreuung bei der Lebenshilfe nur in Gaggenau.

Das Richard-Kunze-Haus, im April 2000 in Betrieb genommen, ist mit 32 Personen derzeit voll belegt und wird intensiv genutzt. Die Standards haben sich in den zwei Jahrzehnten geändert, die Heimmindestbauverordnung teilweise auch.

Auch darauf muss der Sozialdienstleister reagieren. In dem Wohnhaus gibt es zwar vorwiegend Einzelzimmer, aber zu wenige Bäder. Es müssen daher neue geschaffen werden, damit sich künftig zwei Bewohner ein Bad teilen können.

Um das erweiterte Angebot stemmen zu können, sind nicht nur erhebliche finanzielle Mittel erforderlich, sondern auch Fachkräfte. „Wir brauchen die entsprechende Personalausstattung. Das wird noch eine Herausforderung“, sagt Rupert Felder.

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