Skip to main content

Knatsch

Bei Rastatter Unternehmen Medifa ist wieder Feuer unterm Dach

Vor dem Umzug in neues Domizil in Baden-Baden ist die Medifa-Belegschaft nach Kündigungen verunsichert.

Auf dem Absprung: Just kurz vor dem Umzug von Rastatt in den Neubau in Baden-Baden übt das Management Druck auf die Mitarbeiter aus.
Auf dem Absprung: Just kurz vor dem Umzug von Rastatt in den Neubau in Baden-Baden übt das Management Druck auf die Mitarbeiter aus. Foto: Egbert Mauderer

Christian Keller gab sich euphorisch: „Wir wollen Zukunftsperspektiven schaffen“, sagte der Geschäftsführer des Medizingeräteherstellers Medifa im April vergangenen Jahres bei der Ankündigung, die Standorte Rastatt und Ötigheim in einem Neubau im Baden-Badener Stadtteil Steinbach zusammenzuführen.

Das Wort Zukunft hat für die Medifa-Beschäftigten allerdings gerade einen ganz anderen Klang. Im Hause werden Kündigungen ausgesprochen. Und Keller selbst, der Zukunftsprophet, ist auch nicht mehr an Bord.

Es herrscht Unruhe in der Fabrik an der Kehler Straße, der einstigen Schmiede des Rastatter Traditionsunternehmens Maquet (heute Getinge). Wieder mal. Erst vor zwei Jahren schlug Medifa (ehemals Stahl, davor Medikomp) Schlagzeilen, weil man mit jedem der rund 250 Mitarbeiter einen neuen Vertrag abschließen wollte. Das Management wollte damit die Tarifbindung in der Metallindustrie umgehen, um Kosten zu senken.

Das Arbeitsgericht hatte es daraufhin mit mehreren Kündigungsschutzklagen zu tun von Beschäftigten, die sich dem Diktat nicht beugen wollten – und sie bekamen Recht.

Belegschaft ist auf rund 200 Mitarbeiter geschrumpft

Jetzt ist erneut Feuer unterm Dach – just in der Phase, in der der Umzug in den 20 Millionen Euro teuren Neubau im Baden-Badener Rebland angepackt wird. Derzeit ist Medifa noch Mieter bei Getinge.

Aus Mitarbeiterkreisen verlautet, dass schon vor Monaten sechs Lackierern gekündigt worden sei. Ende Juli seien weitere vier Kollegen betroffen gewesen. Mehreren Dutzend Mitarbeitern wolle das Management neue Verträge abtrotzen mit Mehrarbeit ohne Lohnausgleich, um Kosten zu senken. Die Belegschaft ist bereits auf rund 200 geschrumpft.

Beim Spatenstich im vergangenen September in Steinbach hatte der damalige Geschäftsführer Keller noch erklärt, alle 300 Mitarbeiter aus Rastatt und Ötigheim würden in den Neubau einziehen.

„Was für eine Täuschung der Mitarbeiter, was für eine Lüge“, macht ein Beschäftigter, der ungenannt bleiben will, gegenüber unserer Zeitung seinem Unmut Luft. Der neue Mann an der Spitze ist Stefen Walter, der Christian Keller abgelöst hat.

Er gilt als hemdsärmelig-direkt, manchmal verletzend, heißt es aus dem Kreis der Belegschaft. „Er sagt, was er denkt.“ Und stößt damit dem Vernehmen nach selbst dann Mitarbeitern vor den Kopf, wenn er in der Sache Recht habe.

Medifa-Mitarbeiter sind verunsichert

Am Montag hatte die IG Metall Gaggenau ihre Mitglieder bei Medifa zu einer Versammlung eingeladen. Der Betriebsratsvorsitzende Christian Gress will sich zu Details laufender Gespräche nicht äußern.

Aber: „Die Verunsicherung der Belegschaft war bei der Mitgliederversammlung deutlich spürbar. Nicht erst seit der Tarifflucht des Unternehmens stellen die Beschäftigten berechtigte Fragen zur Zukunft des Unternehmens. Diese Frage konnte die Unternehmensleitung jedoch bisher nicht zur Zufriedenheit der Beschäftigten und des Betriebsrats beantworten. Unser oberstes Ziel als Betriebsrat lautet: Beschäftigungssicherung – allerdings nicht zu jedem erdenklichen Preis.“

Der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Gaggenau, Bodo Seiler, räumt ein, dass der Gewerkschaft mittlerweile das „kollektive Druckpotenzial“ fehlt, weil die meisten Mitarbeiter damals auf die individuellen Verträge außerhalb der Tarifbindung eingegangen seien. Man sehe jetzt die Aufgabe darin, die Mitglieder individuell zu unterstützen, etwa bei Kündigungsschutzklagen. In der Sache selbst findet Bodo Seiler deutliche Worte: „Sparen alleine ist keine Strategie – das muss die Unternehmensleitung von Medifa verstehen und den Beschäftigten eine Perspektive aufzeigen.“

Eine Strategie, die einzig auf Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zielt, lehnten die Mitglieder der IG Metall entschlossen ab, so der Gewerkschaftsfunktionär. Seiler: „Einseitig Fakten zu schaffen trägt auch nicht zur Beruhigung der Lage bei – im Gegenteil: Zukunftsängste, Wut und Sorgen sind die Konsequenz des derzeitigen Vorgehens der Geschäftsleitung.“

Geschäftsführer Stefen Walter ließ mehrere Anfragen dieser Redaktion sowohl am Montag als auch am Dienstag unbeantwortet.

nach oben Zurück zum Seitenanfang