
Der kapitale Stromausfall am 18. September in Rastatt könnte ein Nackenschlag gewesen sein für den künftigen Umgang mit solchen Krisensituationen. Als Verwaltung und Gemeinderat am Donnerstag außerhalb der Tagesordnung den Vorfall aufarbeiteten, wurde deutlich, dass es noch an Bewusstseinsbildung für solche Lagen fehlt. Und die Stadtwerke kündigen umfangreiche Investitionen in ihr Netz an.
Bürgermeister Arne Pfirrmann (FW) brachte es am Ratstisch auf den Punkt: Man habe in Rastatt ein Schadensereignis „bisher unbekannten Ausmaßes“ erlebt, das nun einer Analyse und Bewertung bedarf.
Doch dazu müsste zunächst mal die Ursache des Brands im Umspannwerk Oberreuth feststehen, der an jenem Sonntag um 8.31:45 Uhr den Strom in der Stadt versiegen ließ, nachdem in der Netzleitstelle um 8.30:12 Uhr die ersten Fehlermeldungen und Stromstörungen aufgelaufen waren.
Bis auf die Sekunde genau rief Stadtwerke-Technik-Chef Achim Steinberg jetzt den Ablauf der Krise in Erinnerung. Bis 12.30 Uhr konnte in Teilen Rastatts die Stromversorgung wiederhergestellt werden; bis 15 Uhr waren fast alle Haushalte wieder am Netz. Aber es dauerte noch bis 20 Uhr, bis auch die restlichen Kunden in Rheinau-Nord, Plittersdorfer Straße, Eichenstraße und Erlenweg wieder Strom hatten.
Auch das Landeskriminalamt beschäftigt sich mit Rastatt
Zur Ursache wollte sich Steinberg nicht äußern; der Versicherer mit Sachverständigen und weitere Experten haben die Ermittlungen übernommen. Auch das Landeskriminalamt (LKA) sei mittlerweile eingeschaltet, obwohl die Stadtwerke zuletzt praktisch ausgeschlossen hatten, dass der Brand vorsätzlich gelegt worden sein könnte. Den Schaden beziffert Steinberg auf „ein bis zwei Millionen Euro“.
Unterdessen läuft die Reparatur der Schadstellen weiter. Ein Container mit Schaltanlagen für die Zeit der Sanierung und des Neuaufbaus des Umspannwerks steht. Die Ausschreibung einer neuen Mittelspannungsschaltanlage ist auf den Weg gebracht. Außerdem laufen eine externe Überprüfung des Schaltzustands und eine Neuberechnung der Schutzeinrichtungen, sagte Steinberg.
Auf Nachfrage bekannte der Technik-Chef, dass die Stadtwerke grundsätzlich ihr Leitungsnetz überprüfen müssten. Steinberg räumte ein, dass es gerade seit 2014 nach der Übernahme des Stromnetzes in Ottersdorf, Plittersdorf und Wintersdorf von der EnBW vermehrt zu Störungen gekommen sei.
Wir müssen die Netze anders bewerten und robuster machen.Achim Steinberg, Technik-Chef der Stadtwerke Rastatt
Steinberg: „Wir müssen die Netze anders bewerten und robuster machen.“ Gerade mit Blick auf erhöhte Anforderungen, etwa durch E-Mobilität. Erforderlich sei eine millionenschwere sogenannte Austauschstrategie für die Kabel.
Auf Nachfrage aus dem Gremium rechtfertigten Bürgermeister Raphael Knoth (CDU) und Feuerwehrkommandant René Hundert den Verzicht auf den Einsatz von Lautsprecherwagen. Nachdem gegen Mittag wieder in ersten Gegenden Strom lief, habe man sich bewusst gegen den Lautsprecher-Einsatz entschieden, weil die Zeichen nicht mehr auf Eskalation standen.
Hätte der Einsatz von Sirenen für zusätzliche Verunsicherung geführt?
Gleiches gilt für den Einsatz von Sirenen, den man erwogen hatte. Eigentlich ein gutes Instrument, wie Hundert sagte, schließlich hätte das entsprechende Signal bedeutet, das Radio einzuschalten. Der Feuerwehr-Chef befürchtete jedoch, dass die Bevölkerung durch die Sirenen weiter verunsichert worden wäre.
Und Bürgermeister Pfirrmann fügte hinzu, dass wohl die wenigsten Bürger die Empfehlung beherzigen würden, zu Hause ein batteriebetriebenes Radio für den Notfall vorzuhalten.
Struktur der Notfallmeldepunkte soll bekannter werden
Bewährt haben sich nach Einschätzung der Verantwortlichen die 13 im Stadtgebiet mit Feuerwehrleuten besetzten Notfallmeldepunkte. Allerdings, so räumte Knoth ein, müsse man diese Struktur in der Bevölkerung besser bekannt machen. Dies wolle man angehen. Außerdem will man prüfen, inwieweit in Bahnhofsnähe das Netz der Deutschen Bahn genutzt werden könne.