Roland Walter (Grüne) platzte am Donnerstag im Technischen Ausschuss des Rastatter Gemeinderats die Hutschnur: „Ich finde das unwahrscheinlich arrogant von der Kirche.“
Anlass für seine Kritik war die Namensgebung für die künftige Kindertagesstätte in Plittersdorf. Diese lässt die Stadt bauen. Trotzdem wollte die Kirche den Namen bestimmen – und hat sich damit durchgesetzt.
Die Rohbauarbeiten in der Riedstraße hatten im vergangenen Jahr begonnen. Der neue Kindergarten ist voraussichtlich im Frühjahr 2023 einzugsbereit und bietet Platz für 145 Kinder.
Neuer Kindergarten in Plittersdorf: Kirchengemeinde will bisherigen Namen beibehalten
Die Stadt investiert rund 9,3 Millionen Euro in das eingeschossige Gebäude, dessen Kernstück ein naturnaher Außenbereich sein soll, der Aspekte der angrenzenden Auenlandschaft aufnimmt. Diesem Umstand sollte auch der Name Rechnung tragen, dem der Technische Ausschuss im vergangenen Jahr zustimmte: „Kindertagesstätte im Seefeld“.
Doch dann grätschte die Kirchengemeinde Iffezheim-Ried als Trägerin der künftigen Einrichtung dazwischen. Diese kann als Mieterin zwar nicht über den Titel des Gebäudes entscheiden, wollte den Betrieb aber unter den Namen „Katholische Kindertagesstätte St. Raphael“ stellen, wie es bereits im bisherigen Plittersdorfer Kindergarten in der Orchideenstraße der Fall ist.
Dies wird bei Eltern unweigerlich zu Verwirrung führen.Einschätzung der Stadtverwaltung
Damit hätte der Kindergarten zwei Namen getragen. Aus Sicht der Stadtverwaltung wären Missverständnisse programmiert gewesen: „Dies wird bei Eltern unweigerlich zu Verwirrung führen, zum Beispiel bei der Auswahl und Vormerkung für einen Betreuungsplatz“, hieß es in der Sitzungsvorlage für die Mitglieder des Technischen Ausschusses.
Verwaltung und Kirche suchten eine einvernehmliche Lösung und einigten sich auf den Kompromiss: „Katholische Kindertagesstätte St. Raphael im Seefeld“. Der Ortschaftsrat Plittersdorf votierte am 25. Januar aber für die kirchliche Ursprungsvariante, also ohne den Zusatz „Im Seefeld“. Dieser lag nun dem Technischen Ausschuss zur Entscheidung vor.
Kirche argumentiert mit ihrem Verkündungsauftrag
Die große Mehrheit von zwölf Stadträten hatte damit kein Problem. Roland Walter und seine Grünen-Fraktionskollegin Barbara Dürr stimmten dagegen. Walter störte sich auch an der Begründung der Kirchengemeinde.
Diese hatte laut Sitzungsvorlage argumentiert, dass der Betrieb von Kindertagesstätten Bestandteil des grundsätzlich geschützten „Verkündungsauftrags“ der Kirche sei. Auch Betriebe in angemieteten Räumen hätten deshalb das Recht, ihre Existenz kenntlich zu machen, indem sie eigene Namen trügen und diesen durch ein „angemessenes, von außen wahrnehmbares Schild kundtun“.
Walter nannte das „sehr grenzwertig“ und kritisierte, dass die Kirche in dem Stadtteil eine „Monopolstellung“ im Bereich Kinderbetreuung habe. Von den aktuellen Missbrauchsskandalen wolle er erst gar nicht anfangen. Bürgermeister Raphael Knoth zeigte kein Interesse daran, an einer Grundsatzdebatte über den Verkündungsauftrag einzusteigen.