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Strengere Regeln für Treffen und Shoppen

Notbremse tritt in Kraft: Landkreis Rastatt ab Dienstag wieder im verschärften Lockdown

Sechs Tage lang durften die Einzelhändler im Landkreis Rastatt zumindest nach Voranmeldung wieder Kunden empfangen. Doch ab Dienstag ist auch das wieder vorbei. Bei den Betroffenen macht sich Wut breit.

Eine Frau vor einem Schaufenster.
„Wir müssen laut sein“: Sabine Karle-Weiler hat Protestbotschaften im Schaufenster ihrer Modeboutique aufgehängt. Foto: Hans-Jürgen Collet

Sabine Karle-Weiler lässt den Paketboten in ihre Modeboutique am Rastatter Marktplatz eintreten. Als der Mann die Kartons im Laden abgestellt hat und ihn wieder verlassen möchte, ruft sie ihm hinterher: „Ab morgen wieder drüben an der anderen Tür!“

Der Haupteingang des Modehauses ist an diesem Montag zum letzten Mal geöffnet. Wie für die meisten anderen Einzelhändler im Landkreis Rastatt geht es für Karle-Weiler am Dienstag zurück in den Lockdown. Wegen zu hoher Infektionszahlen zieht der Landkreis Rastatt die Notbremse.

Mitte der vergangenen Woche meldete das Landesgesundheitsamt eine 7-Tage-Inzidenz von knapp über 100. Seitdem steigt der Wert weiter. Am Samstag veröffentlichte das Landratsamt die Mitteilung, dass deshalb nach den Vorgaben der Corona-Verordnung des Landes ab Dienstag, 16. März, wieder härtere Regeln im Kampf gegen die Pandemie in Kraft treten.

Dazu gehört, dass der Einzelhandel kein „Click&Meet“ mehr anbieten darf. Bei diesem Modell durften die Kunden seit vergangenem Montag die Geschäfte nach vorheriger Terminvereinbarung wieder betreten. „Wir hatten gute Kundengespräche und gute Umsätze“, sagt Einzelhandelssprecherin Karle-Weiler.

Wir sind sehr traurig darüber, dass wir wieder schließen müssen.
Matthias Kohlschreiber, Verkaufsleiter Octomedia

Auch Matthias Kohlschreiber, Verkaufsleiter bei Octomedia, erzählt von „sehr erfolgreichen Tagen“. 80 Personen durften gleichzeitig in den Elektrofachmarkt. Am Samstag sei diese Zahl fast durchgehend erreicht worden – „natürlich unter Wahrung der Abstände“, sagt Kohlschreiber.

Sowohl für die Kunden als auch das Personal sei „Click&Meet“ nach einer langen Durststrecke ein Hoffnungsschimmer gewesen. „Wir sind sehr traurig darüber, dass wir jetzt wieder schließen müssen“, sagt er.

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Protestaktion mit Zetteln im Schaufenster

Bei einigen Händlern schlägt die Trauer langsam in Wut um. Die Betreiber mehrerer Geschäfte beteiligen sich an einer Protestaktion, zu der die Innenstadtgemeinschaften in Bühl und Gaggenau aufgerufen haben. Auch Karle-Weiler ist dabei.

Wir müssen laut sein, sonst vergisst man uns.
Sabine Karle-Weiler, Einzelhandelssprecherin

Am Samstag hat sie Zettel mit Botschaften an die Politik in ihrem Schaufenster aufgehängt. „Ohne Einzelhandel veröden die Innenstädte!!!“ oder „Politisches Versagen!!!!!“ ist darauf zu lesen. Und auch: „Wir sind keine Corona-Leugner!“ Ihr ist es wichtig, die Stimme zu erheben: „Wir müssen laut sein, sonst vergisst man uns.“

Verknüpft ist die Aktion des mittelbadischen Einzelhandels mit der Aufforderung an das Landratsamt, dem Beispiel Calw zu folgen. Dort hatte die Behörde in der vergangenen Woche die Inzidenz des Landkreises „bereinigt“. Wie eine Sprecherin erklärte, habe die Behörde lokal gut eingrenzbare Ausbrüche herausgerechnet – etwa „gesicherte Infektionsketten mit gut nachverfolgten Kontaktpersonen“.

Kommunen können mehrere Hotspots nicht aus Gesamtinzidenz herausrechnen

Aus Sicht des Landratsamts Rastatt ist das allerdings keine Option. Wie Pressesprecher Michael Janke erklärt, habe sich die Kreisverwaltung in der vergangenen Woche beim Sozialministerium erkundigt, welche Handlungsmöglichkeiten die Corona-Verordnung in diesen Punkten lasse.

Das Ministerium habe mittlerweile eine Erklärung veröffentlicht. Demnach sei es lediglich zulässig, die Fallzahlen eines singulären Hotspots aus der Gesamtinzidenz herauszurechnen. Schon bei zwei verschiedenen Ausbruchsgeschehen gebe es diese Option nicht mehr.

So hätte das Landratsamt beispielsweise die Möglichkeit gehabt, den folgenschweren Ausbruch in einem Bietigheimer Kindergarten im Februar aus der Statistik zu nehmen. Doch ein so klarer Schwerpunkt ist mittlerweile nicht mehr vorhanden. Das Landratsamt betont immer wieder, dass es sich aktuell um ein diffuses Infektionsgeschehen mit vielen, kleineren Ausbrüchen handle.

Dehoga-Vorsitzender setzt Hoffnung auf Schnelltests

Die mit Abstand meisten Fälle zählt zwar die Stadt Rastatt, aber innerhalb der Kommune gibt es nicht den einen Hotspot. Der zuständige Landkreis-Dezernent Stefan Biehl sagt, dass 60 Prozent der Ansteckungen, bei denen sich die Kette zurückverfolgen lässt, im privaten Rahmen stattfinden.

Die Stadtverwaltung hofft, durch das Schnelltestzentrum in der Reithalle, das morgen seinen täglichen Betrieb aufnimmt, eine Trendwende herbeizuführen. Der Dehoga-Vorsitzende Frank Hildenbrand befürwortet diese Strategie. Für den Wirt des Niederbühler Schnick-Schnack und seine Kollegen sind alle Öffnungsperspektiven in weite Ferne gerückt.

Hildenbrand setzt darauf, negative Tests zu nutzen, um den Menschen mehr Freiheiten zu ermöglichen und sie mit der Bestätigung zum Beispiel in den Biergarten zu lassen: „Dann wären wir ein gutes Stück weiter.“ In den aktuellen Stufenplan setze er keine Hoffnung mehr.

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