Wo große Bauprojekte nahen, sind der beim Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelte Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD), gegebenenfalls auch private Kampfmittelräumer oder -erkunder wie die in Ötigheim ansässige Hettmannsperger Bohrgesellschaft (Hettbohr) nicht fern.
An vielen Stellen werden nach Auskunft des KMBD noch immer Blindgänger von Spreng- und Brandbomben vermutet und auch gefunden – vor allem in Bereichen, die im Zweiten Weltkrieg bevorzugt angegriffen wurden, also bei Kasernen, Militäranlagen, Gebäuden der Rüstungsindustrie, Verkehrsknotenpunkten, Bahnhöfen oder Brückenköpfen.
Jüngstes Beispiel in der Region war der Fund von drei Weltkriegsbomben im Baden-Badener Wörthböschelpark. Am Muttertag wurden die Fliegerbomben erfolgreich entschärft. Rund 1.200 Einwohner mussten dafür ihre Wohnungen verlassen.
Bei jeder Baugebiets-Erschließung ist das ein normales Procedere.Frank Kiefer, Bürgermeister von Ötigheim
Wie bei jeder Erschließung eines Baugebiets ist das Herstellen der Kampfmittelfreiheit laut Bürgermeister Frank Kiefer (CDU) ein ganz normales Procedere. So auch auf dem Goethe-Areal. Verantwortlich dafür ist der Bauherr, der im Vorfeld von Bauarbeiten entsprechende Untersuchungen veranlassen muss und die Kosten für die Kampfmittelerkundung trägt.
Aus der Luftbildauswertung ergaben sich Verdachtsflächen in Ötigheim
Das Erschließungsgebiet in Ötigheim wurde nachweislich in Teilbereichen bombardiert. Das hat eine Auswertung von Luftbildaufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg ergeben. Die amerikanische und britische Luftwaffe hatten damals nach Bombenangriffen Luftbilder aus großer Höhe gemacht. Rund 100.000 solcher Aufnahmen stehen dem KMBD zur Verfügung.
Aus der Luftbildauswertung ergaben sich beim Ötigheimer Bahnhof Verdachtsflächen, die teilweise bereits sondiert wurden. Da über die untersuchten Bereiche hinaus aber „weitere Verdachtspunkte nicht ausgeschlossen werden können“, soll das Areal laut Bürgermeister Kiefer und Bauträger Stephan Ruck erneut von den Spezialisten der Hettmannsperger Bohrgesellschaft sondiert werden.
Kampfmittelerkunder untersuchen Gebiet am Bahnhof Ötigheim erneut
„Wir haben zwar noch keinen festen Termin ins Auge gefasst, wollen aber demnächst beginnen“, berichtet Hettbohr-Geschäftsführer Gerhard Breite, der zusammen mit Uwe Oser das Unternehmen leitet. „Im Gegensatz zur bisherigen Oberflächensondierung handelt es sich bei dem jetzt angewandten Verfahren um eine Tiefen- oder Bohrlochsondierung im Radius von sechs Metern um den Einschlagpunkt“, erklärt Breite, der bei Hettbohr zugleich Koordinator der Kampfmittelerkundung ist.
„Die Bohrungen erfolgen in einem Raster von jeweils 1,30 Metern. Danach werden Sonden in die Löcher eingeführt, die den Untergrund absuchen.“ Gemessen wird mit einem Magnetometer. Das Gerät kann Störungen des Erdmagnetfeldes infolge ferromagnetischer Gegenstände anzeigen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird laut Breite im sondierten Bereich nachgegraben und das Objekt identifiziert.
Wird eine Fliegerbombe gefunden, muss evakuiert werden
„Schon im Vorfeld informieren wir die Ortspolizeibehörde und verständigen den KMBD.“ Sollte es sich herausstellen, dass es sich um eine nicht explodierte Fliegerbombe handelt, werde das Gebiet weiträumig evakuiert und die Bombe vom KMBD entschärft. „Bestätigt sich der Verdacht nicht, gilt zumindest der sondierte Bereich als kampfmittelfrei. Allerdings gibt es einen Sicherheitsradius von 50 Metern, innerhalb dessen sich noch weitere Blindgänger verbergen könnten“, so Breite.