Susanne Küblers Ansporn war die Jubiläumsinszenierung von „Wilhelm Tell“. Appetit darauf hatte ihr der damalige Statistenaufruf gemacht. Dieser verhieß ein geselliges Miteinander im Kreis von netten Menschen. Kübler hatte nie zuvor Theater gespielt.
„Das wäre doch jetzt was Neues für mich, weil ich mehr Zeit habe als früher“, dachte sie. „Ich wollte schon immer mal bei einer solchen Produktion dabei sein, aber es hat nie in meinen Alltag gepasst“, erzählt sie vor einer Probe. Der Premiere am 18. Juni fiebert sie entgegen. Mit mittlerweile 90 Jahren gibt Susanne Kübler nun also ihr Schauspieldebüt auf der großen Freitreppe.
Im überschaubaren Kreis des Gesindes am Hof des Freiherrn von Attinghausen steht sie in zentraler Anordnung, hat ihre große Bühne, dort den besten Blick auf Auditorium und Publikum. Der Bannerherr Attinghausen ist Teil des schweizerischen Adels, fühlt sich aber den Landleuten verbunden, wird deshalb von Mägden, Knechten und dem Volk gleichermaßen hoch geschätzt.
Susanne Kübler ist gut gerüstet für die Volksschauspiele Ötigheim
Bei der „Tell“-Eröffnungssequenz ist Kübler auch mit von der Partie. „Der Regisseur hat alle für die Volksszenen eingeladen, die es ermöglichen können. Ich bin ja sowieso hier, dann mache ich halt mit, wo es geht“, sagt sie. Immer an ihrer Seite ist ihr Mieter Rüdiger Heß. Er fungiert als Chauffeur, bringt sie pünktlich zu den Proben und macht praktischerweise auch als Statist mit. Im Freizeitbereich teilt er etliche Gemeinsamkeiten mit der verwitweten Dame. „Wir sind uns respektvoll freundschaftlich verbunden“, erklärt er.
Kübler ist topfit für ihr hohes Alter. „Ich habe zeitlebens viel Sport gemacht und bewirtschafte ein Gartengrundstück; Umstechen kriege ich noch problemlos hin“, verkündet sie stolz. Das Areal, auf dem sie Essbares aller Art für den Hausgebrauch anbaut, liegt im Gaggenauer Außenbereich in Richtung Michelbach. Fast täglich geht sie zu Fuß die 30-minütige Wegstrecke hin und zurück. Für die Statisterie ist sie damit mehr als gut gerüstet.