Lachen ist die beste Medizin gegen alles Übel der Welt“, heißt es in der hinreißenden Curt Goetz-Komödie „Das Haus in Montevideo“.
Im Vorfeld war den Volksschauspielen Ötigheim (VSÖ) angesichts der Ungewissheit, unter welchen Bedingungen und vor wie vielen Zuschauern sie überhaupt spielen dürfen, lange Zeit gar nicht zum Lachen zumute.
Doch am Samstag scheint alles vergessen. Der Premieren-Empfang fällt zwar aus. Aber das Wunder von Ötigheim geht weiter. Die Bühne steht bereit und verströmt, passend zum warmen Sommertag, südamerikanisches Flair. Ein leichter Wind weht durch den Zuschauerbereich, der für bis zu 875 Premierengäste hergerichtet ist.
Das ist ein wirklich tolles Gefühl.Stefan Vogt, Darsteller
Im Backstage-Bereich beim Tellplatz-Casino scharren die Darsteller und Tänzerinnen mit den Hufen. Sie freuen sich, dass es endlich wieder losgeht und sie vor mehr Zuschauern spielen dürfen als ursprünglich geplant.
„Das ist ein tolles Gefühl“, schwärmt Stefan Vogt wenige Minuten vor Premierenbeginn. Trotz ungünstiger Rahmenbedingungen habe er den Glauben, „dass es einfach gut wird“, nie verloren, sagt Vogt, der im Stück den Anwalt spielt.
Kurt Tüg und Lissi Tüg-Hatz, die als Pastor Riesling und Madame de la Rocco auf der Naturbühne stehen werden, erklären: „Der Komplettausfall 2020 hat sehr wehgetan, weil wir doch alle mit sehr viel Herzblut hier mitwirken. Notfalls hätten wir heute auch vor 100 Zuschauern gespielt.“
Wir sind noch nicht über den Berg.Werner Sachenmaier, Darsteller
Werner Sachsenmaier, der im Stück den Bürgermeister gibt, erklärt, dass in diesem Jahr sehr viel Optimismus nötig gewesen sei. „Die Situation war für uns alle sehr belastend. Jetzt ist nur zu hoffen, dass uns die Zuschauer erhalten bleiben. Wir sind noch nicht über den Berg“, befürchtet der frühere geschäftsführende Vorstand und eilt in Richtung Bühne. Dort bedankt sich der erste VSÖ-Vorsitzende, Pfarrer Erich Penka, gerade bei allen Unterstützern.
Weil die VSÖ als Modellprojekt ausgewählt wurden, füllen die getesteten, genesenen oder geimpften Besucher schon fleißig Fragebögen aus. Ihre Daten zur Kontaktnachverfolgung haben sie via Luca-App oder auf einem Formular hinterlassen.
Die Mehrheit der Besucher hält die strikten Maßnahmen für angemessen und begrüßt die wissenschaftliche Begleitung. Die Stimmung ist gut. Auch mit viel Abstand zu den Sitznachbarn amüsiert sich das Publikum über die famose Geschichte rund um den selbstgerechten Moralapostel Traugott Herrmann Nägler.
Der sittenstrenge Professor wird durch eine unverhoffte Erbschaft in Gewissensnöte gebracht und in „ergötzlicher“ Manier vorgeführt. Am Ende stürzt er sich selbst vom hohen Sockel.
Am Sitzplatz dürfen die Gäste in Ötigheim die Maske abnehmen
Gelacht werden darf ohne FFP2-Maske. Ansonsten gilt auf dem gesamten Gelände ab dem Parkplatz Maskenpflicht. Dass der Sitzplatz nur für den Toilettengang verlassen werden darf, stört kaum jemanden. Auch dass sie von den örtlichen Vereinen direkt in den Zuschauerrängen bewirtet werden, nehmen die Gäste in Kauf.
Und wie fühlt es sich an, wieder mit so vielen Menschen zusammen zu sein? „Ich bin mit einem guten Gefühl hierhergekommen, fühle mich sicher und freue mich, wieder ein Stück Normalität zurückzugewinnen“, sagt Lena Walter aus Durmersheim.
Sie erzählt, dass sie vor 15 Jahren in genau diesem Stück selbst mitgespielt habe; damals in der Kleinen Bühne. Als Managerin des Golfplatzes Hofgut Scheibenhardt sei sie mit den Corona-Maßnahmen also bestens vertraut.
Waltraud und Paul Kohm aus Ettlingen haben genauso wenig ein mulmiges Gefühl wie der Niederbühler Ortsvorsteher Klaus Föry. Die Ötigheimer Ärztin und frühere FWG-Gemeinderätin Ingrid Bäumler ist froh, wieder unter Menschen zu kommen. Sie findet es wunderbar, dass mit diesem Stück, „auf das ich mich gefreut habe“, wieder das Leben auf den Tellplatz zurückgekehrt sei.