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PFC in Mittelbaden

Pumpe wird zum heiligen Gral

Der PFC-Skandal bewegt die Menschen. Je greifbarer er wird, desto emotionaler die Reaktionen. Dass mussten jetzt auch Fachleute der Stadt Rastatt und des Landratsamtes feststellen. Sie wollten eigentlich nur darüber informieren, wie Gartenbesitzer in PFC-belasteten Stadtteilen mit dem Problem umgehen können.

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Brunnen in Rastatt - das Wasser bei Niederbühl ist mit PFC belastet, die Bürger sollen kein Brunnenwasser zum Gießen verwenden. Foto: Collet
Hoch emotional ging es am Dienstagabend bei der Informationsveranstaltung rund um das Thema Gartenbewässerung in PFC-belasteten Stadtteilen her. Gut zwei Stunden diskutierten die nicht nur aus den betroffenen Stadt- und Ortsteilen Münchfeld, Rauental und Niederbühl-Förch gekommenen Zuhörer mit den Vertretern von Stadt und Landkreis. Wobei manche Einlassung der Fachleute von mürrischem Gemurmel, viele Einwürfe aus dem Publikum – vor allem Forderungen nach mehr politischem Handeln – von kräftigem Applaus begleitet wurden. „Wir sind Behördenvertreter und machen hier keine Politik“, beschwichtigte Bürgermeister Raphael Knoth. „Wir stehen aber für Ihre Fragen zur Verfügung und sind Projektionsfläche für Ihren Ärger.“

Mutter hat Angst vor PFC-Wasser im Plantschbecken

Der begann bei grundsätzlichen Aufregern: „Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass verseuchte Papierschlämme auf Äckern ausgebracht wurden?“ „Das war nie genehmigt, das ist nie legal gewesen.“ – „Warum wird es weiter zugelassen, dass das Zeug ins Grundwasser sickert?“ „Wir können keine durchgehende Grundwasser- oder Bodensanierung leisten. Das würde Milliarden kosten.“ Und ging bis hin zur ganz persönlichen Betroffenheit: „Wir haben Kinder und lassen die im Sommer im Plantschbecken spielen. Sollten wir das bleiben lassen?“, wollte etwa eine Mutter wissen. Darauf Kreisgesundheitsamtsleiter Hans-Jürgen Bortel: „Der Hautweg ist bei PFC ein unwesentlicher Weg. Die Hauptwege bei der Aufnahme sind Nahrung, Trinkwasser und Einatmung. Bei hoher Belastung des Grundwassers wäre ich dennoch vorsichtig.“

Akut wird ihnen überhaupt nix passieren

Dies war auch die grundlegende Botschaft, die die Fachleute an die Betroffenen bringen wollten, die allerdings nicht von jedem gehört wurde: Die Behörden empfehlen, auf die Nutzung des belasteten Grundwassers zu verzichten, verbieten die Bewässerung aber nicht. Denn: „Akut wird Ihnen erst mal überhaupt nix passieren“, so Bortel. Allerdings steige bei „chronischer Zuführung“ der PFC-Spiegel im Körper und damit auch das Gesundheitsrisiko. Wobei, wie Bortel betonte, beim Menschen bisher noch keine Nachweise für die Auswirkungen von PFC geführt werden konnten. „Eventuell sind sie immunitätssenkend und leberbelastend, haben Auswirkungen auf die Sexualhormone. Und bei Tieren lösen sie Tumoren aus.“

Der PFC-Kreislauf soll unterbrochen werden

Der Verzicht auf belastetes Grundwasser bei der Gartenberegnung hat zwei Hintergründe: Einerseits soll dieses Gesundheitsrisiko so gering wie möglich gehalten werden, indem über selbst angebautes Obst und Gemüse keine PFC aufgenommen werden. Andererseits wird der Boden nicht immer wieder neu mit den Chemikalien belastet. Dann, so die Auskunft der Fachleute, könne derzeit belasteter Boden in ein bis zwei Jahren PFC-frei sein. Darum solle auch mit PFC gewässerter Rasen kompostiert und nicht auf Nutzpflanzen aufgetragen werden. Kernobst und Laub seien bisher nie positiv auf PFC getestet worden und daher unbedenklich.

Offiziell gibt es gerade mal sechs Grundwasserbrunnen

Die Fronten zwischen Bürgern und Experten verhärteten sich massiv, als es um die Grundwasserbrunnen an sich ging. Während sich die meisten betroffenen Bürger fragten, weshalb sie die Kosten für eine Gartenbewässerung mit Trinkwasser tragen sollten und sie nicht von der Kommune oder dem Land entlastet würden, stellte Reiner Söhlmann von der PFC-Geschäftsstelle im Landratsamt die Frage nach der „Legalität“: „Offiziell gibt es gerade mal sechs Brunnen in den betroffenen Gebieten. Alle anderen sind nicht angezeigt“, betonte er zum Unmut der Anwesenden. Wer nicht auf Trinkwasser umsteigen wolle, der könne auch einen Aktivkohlefilter installieren. Zudem bietet die Stadt an, dass Betroffene ihr Brunnenwasser zu einem vergünstigten Preis analysieren lassen können – sofern ihr Brunnen angemeldet ist. Dies sei beim Landratsamt möglich und koste einmalig 90 Euro.

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