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Wildernde Haustiere

Qualvoller Tod für Rehe: Freilaufende Hunde werden im Landkreis Rastatt zum Problem

Im Landkreis Rastatt häufen sich die Fälle in wenigen Tagen: Freilaufende Hunde hetzen oder töten Rehe. Fünf Fälle sind im Landratsamt bekannt. Kreisjägermeister Frank Schröder sieht das Problem nicht in den Hunden, sondern am anderen Ende der Leine.

Rehkitz am Damm beim Alten Minthesee in Dettenheim-Rußheim
Im hohen Gras versteckt: Hundehalter müssen in Wiesengebieten vorsichtig sein. Kitze liegen oft nur vier Meter neben einem Weg. Deshalb unternimmt die Jägerschaft im Landkreis Rastatt zurzeit große Anstrengungen, wie die Suche mit Wärmebildkameras an Drohnen, um die frisch gesetzten Kitze vor dem Mähtod zu retten. Foto: Silvia Jungkind

Für Spaziergänger und Jäger ist es eine grausame Entdeckung: ein von Hunden tot gebissenes Reh. Die Fälle im Landkreis Rastatt häufen sich in den vergangenen Tagen.

Schon fünf Fälle bekannt

Bei der unteren Jagdbehörde des Landratsamtes sind mittlerweile fünf Fälle bekannt, in denen Rehe von wildernden Hunden schwer verletzt oder sogar getötet wurden. Besonders tragisch sei, dass es sich zum Teil um hochträchtige weibliche Rehe handelte. „Zwei Fälle sind uns in Gernsbach und Bietigheim bekannt“, sagt Benjamin Wedewart, Pressesprecher des Landratsamtes Rastatt.

Kreisjägermeister Frank Schröder kennt das Problem. „Alleine dieses Frühjahr hatte ich bei mir im Revier zwei solcher Fälle.“ Die Hundehalter konnten nicht ermittelt werden. In einem Fall waren es zwei Hunde, die ein Reh gejagt, gefasst und schwer verletzt zurück gelassen haben. „Das Reh musste ich dann erlösen“, erklärt Schröder.

Beim anderen Fall wurde ein Reh von einem Hund getrieben. Das aufgescheuchte Tier sei bei seiner Flucht offensichtlich von einem Ast aufgespießt worden. Bissspuren im Genick zeugen von einer Hundeattacke. „Ich hoffe es war gleich tot“, sagt Schröder.

Kreisjägermeister Frank Schröder weiß, dass das Problem in der Regel nicht der Hund, sondern dessen Halter ist. „Wenn der sich verantwortungsvoll verhält, passiert so etwas eigentlich nicht“, sagte er schon im Januar 2021. Damals hatten zwei Hunde in Rastatt ein trächtiges Reh tot gehetzt.

Mehr als ein Jahr später kann sich der Jäger nur wiederholen: „Hunde sind Hetztiere. Jeder Hund kann hetzen.“ Es gehöre extrem viel Training dazu, einen durchstartenden Hund zu kontrollieren.

Wenn Hunde eine Fährte aufgenommen haben, sind sie davon nur schwer abzubringen. Wenn dazu noch der optische Reiz komme, sei es vorbei. Es ist ein Urinstinkt, wie beim Wolf. Schröder appelliert an die Hundehalter das Tier immer im Blick zu haben und nicht etwa durch das Handy abgelenkt zu sein.

Freilaufende Hunde auch für andere Tiere eine Gefahr

Freilaufende Hunde sind laut Leiter der unteren Jagdbehörde nicht nur für Rehkitze, sondern auch für andere Tiere eine große Gefahr: wie etwa für Bodenbrüter oder für junge Hasen, die sich in der Wiese verstecken.

Auch er appelliert an alle Hundebesitzer: „Lassen Sie Ihren Hund bis zum 30. Juni an der Leine. Benutzen Sie auch die lange Schleppleine nur, wenn unbedingt notwendig und wenn Sie sehen können, was der Hund macht, zum Beispiel auf einer schon abgemähten Wiese.“

Alleine dieses Frühjahr hatte ich bei mir im Revier zwei solcher Fälle.
Frank Schröder, Kreisjägermeister

Den Grund erläutert der Kreisjägermeister Schröder: „Die Rehkitze liegen drei oder vier Meter neben dem Weg.“ Mit einer genau so langen Schleppleine könne der Hund das Jungtier trotzdem packen. Rehkitze hätten noch keinen Fluchtreflex. „Es ist wichtig, dass die Hundehalter mit ihren Tieren auf den Wegen bleiben und die Hunde an der kurzen Leine lassen.“ Das sei das Credo der Kreisjägerschaft. Schröder weiß aber, dass es reicht, wenn sich nur zwei von 100 Herrchen oder Frauchen nicht dran halten.

Menschen sind sensibilisiert

Der Jäger weiß, dass die Menschen sensibilisiert sind. Eine Hundebesitzerin erzählte ihm von einem Halter, der seinen Hund kreuz und quer durch einen Wiesenbereich rennen ließ. Darauf angesprochen, entgegnete ihr der Halter nur: „Ich darf das und werde es auch tun.“

Ich versuche auf die Situation des Wildes aufmerksam zu machen und bitte die Leute dann höflich, ihre Hunde anzuleinen.
Frank Schröder, Kreisjägermeister

Solche Menschen nehmen den Tod von Wildtieren billigend in Kauf. „In Baden–Württemberg besteht zwar keine allgemeine Leinenpflicht in Wäldern, aber der Hund muss sich im Einwirkungsbereich seines Herrchens befinden“, betont Georg Schumann, Leiter der unteren Jagdbehörde beim Landratsamt Rastatt. Der Hund müsse sich im Sichtbereich befinden und auf Zuruf unverzüglich zurückkommen.

Für Schröder liegt das Problem genau deshalb am anderen Ende der Leine. „Das Schlimme ist, dass die Hundehalter die Hetzjagd gar nicht mitbekommen oder erst nicht eingreifen.“ Viele Hundehalter seien überfordert. „Andere wiederum scheuen die Konsequenzen.“

Hundehalter müssen in Setzzeit vorsichtig sein

Hundebesitzer müssen vor allem in der Setzzeit im Frühling von April bis Juni sehr vorsichtig sein. Schröder setzt auf einen erklärenden Umgang mit Hundehaltern. „Ich darf da natürlich nicht mit erhobenem Zeigefinger ankommen.“ Da würden die Leute dicht machen.

„Ich werbe für Verständnis, versuche auf die Situation des Wildes aufmerksam zu machen und bitte die Leute dann höflich, ihre Hunde anzuleinen.“ Der Jäger weiß, dass ein konfrontativer Umgang nichts bringe. „Es kann auch sein, dass der Hund ein Wildschwein aufschreckt“, so Schröder. Dann sei Gefahr im Verzug.

Das Landratsamt richtet sich auch an Katzenbesitzer: Diese sollten überlegen, ob der Stubentiger während der Brutzeit wirklich in die Natur raus muss, oder ob er nicht doch für ein paar Wochen im Haus bleiben kann. Katzen fangen neben Mäusen auch Vögel. Da ein Rückgang der Vogelwelt beklagt werde, „ist auch diese Maßnahme sicher eine Überlegung wert, teilt die Forstbehörde mit.

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