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Pläne für Baden-Württemberg

Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken dauert lange – Machbarkeitsstudie für Rastatt/Haguenau in Arbeit

Baden-Württemberger können auf eine Wiederbelebung des Zugverkehrs hoffen. Wie das Verkehrsministerium in Stuttgart am Freitag mitteilte, laufen derzeit für 20 stillgelegte Bahnstrecken Machbarkeitsstudien mit dem Ziel, die Strecken wieder in Betrieb zu nehmen.

Der Eingang zu einen Tunnel der stillgelegten Hermann-Hesse Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt. Der Tunnel Fuchsklinge wird reaktiviert. Auf der Strecke sollen vom Jahr 2023 an wieder Züge fahren.
Der Eingang zu einen Tunnel der stillgelegten Hermann-Hesse Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt. Der Tunnel Fuchsklinge wird reaktiviert. Auf der Strecke sollen vom Jahr 2023 an wieder Züge fahren. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Mit dabei ist die frühere Verbindung von Rastatt ins französische Haguenau, während Bühl – Stollhofen aktuell nicht mehr untersucht wird. Das Land übernehme mit seinem Förderprogramm bis zu drei Viertel der Kosten, insgesamt stünden rund 1,6 Millionen Euro zur Verfügung.

Bei zwölf zusätzlichen Strecken wird nach Angaben des Ministeriums eine Reaktivierung schon „vertieft geplant“, zum Beispiel bei der grenzübergreifenden Strecke Colmar – Freiburg. Am weitesten sei die Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt (Landkreis Böblingen). Dort sollen die Menschen von 2023 an – etwa 40 Jahre nach der bisher letzten Fahrt eines Personenzugs – mit zwei S-Bahnlinien an Stuttgart angebunden werden.

Im Fall der 20 Bahnstrecken, bei denen derzeit Machbarkeitsstudien laufen, werde eine Reaktivierung wohl noch deutlich länger dauern. Ergebnisse sollen bei einer „Großzahl“ der Projekte bis Ende des laufenden Jahres oder Anfang 2023 vorliegen, teilte das Ministerium mit. Untersucht würden unter anderem mögliche Streckenverläufe, zu erwartende Kosten für Wiederaufbau und Betrieb sowie der wirtschaftliche Nutzen für die Region.

Erfüllt die Verbindung Rastatt – Haguenau alle Bedingungen für eine Reaktivierung?

Die nächste Hürde sei dann der Nachweis der Wirtschaftlichkeit, für den weitere Planungen nötig sind. Erst wenn dieser Nachweis erbracht sei, könnten Bund und Land die Instandsetzung den Angaben zufolge mit bis zu 90 Prozent der Kosten fördern. Angesichts der vielen Machbarkeitsuntersuchungen sei davon auszugehen, dass einzelne Strecken an dieser Hürde scheiterten, teilte das Ministerium mit.

Dennoch sprach Landesverkehrsminister Winfried Hermann am Freitag von einer „Aufbruchstimmung“ im Südwesten. „Das Interesse der Bürgerschaft von Kreisen und Gemeinden an unserem Förderprogramm ist überwältigend“, sagte der Grünen-Politiker.

Ob Rastatt – Haguenau alle Bedingungen für eine Reaktivierung erfüllen wird, bleibt abzuwarten. Auf die grenzüberschreitende Bedeutung des Abschnitts für die europäische Verbindungsachse Karlsruhe – Rastatt – Haguenau – Saarbrücken wird nicht eingegangen.

Zoff mit Berlin wegen europäischer Förderung – auch Karlsruher Landrat sauer

Dabei hatte Hermann erst vor sechs Wochen kritisiert, dass sowohl die Bahnstrecke Rastatt – Haguenau als auch die Strecke zwischen Freiburg und Colmar von der Bundesregierung – im Gegensatz zur französischen Regierung – nicht für das transeuropäische Netz angemeldet worden seien.

Auch der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel (CDU) war sauer auf Berlin: „Die derzeitige Verweigerungshaltung beim Ausbau grenzüberschreitender Bahnprojekte ist absolut unverständlich. Warum will der Bund auf europäische Fördermittel verzichten?“, schrieb er auf Facebook – und verwies auf erste Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, die der Eurodistrict Pamina für das grenzüberschreitende Projekt beauftragt hat.

Der parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer (FDP) warf Schnaudigel daraufhin vor, „verleumderische Unwahrheiten“ zu verbreiten – der Bund habe sehr wohl Interesse am Ausbau, schließlich finanziere er die Studie mit.

Der FDP-Politiker Christian Jung sagt jetzt, es sei reichlich verfrüht, wenn Minister Hermann von Aufbruchstimmung spreche. „Was momentan gemacht wird, ist nicht mehr, als dass Wünsche zusammengetragen werden. Ich staune nicht schlecht, dass ohne ausreichende finanzielle Hinterlegung der Eindruck erweckt wird, als ginge alles.“

Ist eine reaktivierte Strecke erst einmal in Betrieb und die Nachfrage groß, übernimmt das Land nach Auskunft des Ministeriums die Kosten, damit dort mindestens einmal pro Stunde ein Zug fährt. Alles darüber hinaus müssten in der Regel die Kommunen zahlen.

2019 war die 1970 stillgelegte Bahnstrecke Bühl – Rheinmünster (Stollhofen) noch in einer Liste von 41 möglichen Reaktivierungsstrecken enthalten. Konkret sollte auf der knapp zehn Kilometer langen Trasse untersucht werden, wie groß das Fahrgastpotenzial sein könnte und wie hoch die Investitionen. In der aktuellen Liste taucht diese Verbindung nicht mehr auf.

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