
Der Schachtelbachsteg bleibt: Erneut hat sich die Rastatter Stadtverwaltung mit ihrem Ansinnen, die marode Fußgängerbrücke über den Bach an der Murg abzureißen, eine Abfuhr geholt. Im November forderte der Gemeinderat die Verwaltung auf, eine Sanierung oder sogar einen Neubau des Stegs zu prüfen. Nun liegen die Ergebnisse vor. Gleichwohl: Auch der Technische Ausschuss sagt Nein zum Abbruch. Aus seiner Mitte kommt jetzt ein neuer Vorschlag.
1895 errichtetes Bauwerk ist nicht mehr sicher
Das 1895 errichtete Bauwerk ist nicht mehr sicher, seit rund einem Jahr gesperrt, eine Sanierung teuer. Rund 230.000 Euro würde diese kosten, hat das Ingenieurbüro Baumeister errechnet. Dabei soll in rund acht Jahren im Zuge der Hochwasserschutzmaßnahmen an der Murg dort ohnehin ein Wehr errichtet werden, das dann auch als Brücke über den Bach dienen kann.
Warum also so viel Geld für eine Lösung in die Hand nehmen, die nur ein paar Jahre gebraucht würde? Wo doch der Umweg, den Spaziergänger seit Sperrung des Stegs in Kauf nehmen müssen, nur rund 160 Meter betrage? Bürgermeister Raphael Knoth (CDU) ist sich sicher: „Gäbe es an dieser Stelle keine Brücke, würde man nie auf die Idee kommen, dass man da eine bräuchte.“
Sanierung nach Vorstellung des Denkmalschutzes
Eine Krux zudem: Da der Schachtelbachsteg unter Denkmalschutz steht, müsse man bei einer Sanierung eben nach Vorstellungen des Denkmalschutzes vorgehen, erläuterte der Vertreter des Ingenieurbüros im Ausschuss. Bliebe noch die Frage nach einer Behelfs- oder Leihbrücke für das 21 Meter (mit Anbauten 26 Meter) lange Bauwerk. „Keine wirtschaftliche Option“, so Knoths Antwort. Man habe beim Technischen Hilfswerk gefragt, Ersatzneubau und Miet-Option geprüft.
So weit nüchtern betrachtet. Doch der Steg weckt Emotionen, wie auch Bürgermeister Knoth feststellt. Der Technische Ausschuss tat sich schwer. Dass die Schäden so massiv sind, dass Sperrung und weitere Überlegungen erforderlich sind, ist wohl unbestritten. Durchgerostete Stahlträger, „Lochfraß“, stark gefährdete Aufleger und morsche Holzbalken listete das Ingenieurbüro auf. Dennoch zeigten sich manche Räte hin- und hergerissen.
„230.000 Euro für eine Brücke, die man nur ein paar Jahre hat – da werden uns manche fragen: Seid Ihr verrückt?“, merkte Michael Gehse (Freie Wähler) mit Blick auf den geplanten Wehr- und Querungsbau an der Stelle an. Und doch: „Es ist ein schönes altes Bauwerk, das man lieber erhalten sollte.“ Das „kleine historische Erbe“ brachte Michael Weck (SPD) ins Spiel, vom Gesamtbild an der Murg, das unterbrochen würde, sprach Barbara Dürr (Grüne). Auch Mathias Köppel (CDU) plädierte für den Erhalt.
Manche werden uns fragen: Seid Ihr verrückt?Michael Gehse
Stadtrat (FW)
Mit elf Nein- und drei Ja-Stimmen wurde der Abriss-Plan der Stadt abgelehnt. Stattdessen befasst sich der Gemeinderat demnächst mit einem Vorschlag, der von der SPD-Fraktion eingebracht wurde: Den Schachtelbachsteg erhalten und das geplante Hochwasserschutz-Wehr zusätzlich errichten – das soll dann aber nur aus technischen und betrieblichen Gründen begehbar sein und nicht als Übergang für Spaziergänger dienen, wie Weck erläuterte. Somit werde dieses Projekt auch günstiger.
Senioren schätzen den Weg über den Murgdamm
Dass der Schachtelbachsteg seine Fans hat, wurde deutlich, als ihn die Verwaltung Mitte Mai vergangenen Jahres von einem Tag auf den andern hatte sperren lassen. Protest ließ nicht lange auf sich warten. Senioren aus dem Dörfel und Bewohner des Brunnenhauses wandten sich an die Redaktion. Sie alle schätzen den beliebten Weg über den Murgdamm.
Bei einem Unbekannten kochten die Emotionen zuletzt so hoch, dass sie in Vandalismus mündeten. Am vergangenen Wochenende entfernte er die mehrfach gesicherten Absperrungen an der Brücke und schmiss sie die Böschung hinunter ins Bachbett. An Geländer und an Leuchtmasten befestigte er Zettel, auf denen er der Stadtverwaltung Korruption vorwarf und mafiöse Strukturen unterstellte. Die Stadt will Anzeige erstatten. Bereits zuvor ereignete sich ein ähnlicher Vorfall. Die Verwaltung wies in diesem Zuge nochmals darauf hin, dass ein Umgehen der Absperrung und die Nutzung des Stegs verboten und äußerst gefährlich seien.
Noch ist Geduld gefragt
Tatsache ist derweil: Der Status quo wird noch eine Weile erhalten bleiben. Wenn der Gemeinderat dem vorgeschlagenen Prozedere zustimmt, dann wird aufgrund der Genehmigungs-, Ausschreibungs- und Vergabeverfahren noch rund ein Jahr ins Land ziehen, bis die Sanierung angegangen werden kann, hieß es in der Sitzung.