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Pestalozzi-Schule Rastatt braucht mehr Platz

Schüler der Rastatter Pestalozzi-Schule müssen auf den Fluren unterrichtet werden

Es gibt immer mehr Schüler mit besonderem Förderbedarf. Doch die Gebäude der Pestalozzi-Schule in der Rastatter Innenstadt platzen aus allen Nähten. Einige Schüler müssen sogar auf den Fluren unterrichtet werden.

Schulleiter Christoph Nonnenmacher steht im Flur des Stammhauses der Pestalozzi-Schule Rastatt vor einem Tisch und einem Stuhl.
Unterricht auf dem Flur: Schulleiter Christoph Nonnenmacher muss aus Gründen des Raummangels zu Notlösungen greifen. Foto: Gundi Woll

Die Anzahl der Schüler mit Förderbedarf steigt in den kommenden Jahren in Rastatt deutlich an. Es gebe vor allem immer mehr Schüler mit einer autistischen Störung, präzisiert der Rektor der Pestalozzi-Schule, Christoph Nonnenmacher. Doch die Förderschule kämpft mit erheblichem Platzmangel, der sich zusehends verschärft.

Schon jetzt müssen einzelne Schüler auf die Flure der Pestalozzi-Schule in Rastatt ausweichen. Es fehlt schlichtweg der Platz. Bereits vor drei Jahren mussten Musikraum und Schulbibliothek zusammengelegt werden. Seit diesem Schuljahr gibt es gar keine Bibliothek mehr. Die Bücher lagern jetzt auf dem Dachboden, die Musikinstrumente in einer Abstellkammer. So hat die Schule dem Gebäude ein zusätzliches Klassenzimmer abgerungen. Auch ein sogenannter Differenzierungsraum, in dem Schüler aus unterschiedlichen Klassen gezielter entsprechend ihrer Bedürfnisse unterrichtet werden können, musste weichen.

Neben den steigenden Schülerzahlen werde zweitens auch die Betreuung der Schüler in medizinischer Hinsicht zunehmend komplexer. Deshalb brauche es immer mehr Schulbegleitkräfte, die ausschließlich ein Kind betreuen und ebenfalls am Unterricht teilnehmen. So gebe es in einer ersten Klasse neben der Lehrkraft und den Schülern drei Schulbegleiter. Für so viele Leute aber seien die kleinen Klassenzimmer im Altbau des Stammhauses in der Herrenstraße nicht ausgelegt.

Drittens gestaltet sich die Suche nach nutzbaren Gebäuden in der Stadt oder Flächen, auf denen neu gebaut werden könnte, nicht so einfach. Und viertens wird der ohnehin bürokratische Entscheidungsprozess in der Verwaltung durch Corona zusätzlich ausgebremst.

Stammgebäude der Pestalozzi-Schule Rastatt in der Herrenstraße 19
Zu klein: In den kommenden Jahren steigt die Anzahl der Schüler mit Förderbedarf im Landkreis Rastatt deutlich an. Die Pestalozzi-Schule in Rastatt platzt jetzt schon aus allen Nähten. Die Suche nach einer Lösung läuft auf Hochtouren. Foto: Gundi Woll

Schuljahr 2021/22 ist gerettet

Das kommende Schuljahr 2021/22 scheint aber immerhin soweit gerettet. Zwar rechnet Schulleiter Nonnenmacher mit zwei zusätzlichen Klassen. Bis dahin aber soll der Durchbruch gelungen sein. Denn die evangelische Michaelsgemeinde Rastatt ist umgezogen, und die Pestalozzi-Schule kann die freigewordenen Räume im ersten Stock des Stammhauses in der Herrenstraße 19 nutzen. Zwei neue Klassenräume, einen Differenzierungs- und einen Lagerraum gewinnt die Schule dadurch hinzu.

Jetzt müssen noch Denkmalschutz und Statik geprüft und der Bauantrag gestellt werden. Bernhard Zeitvogel vom Landratsamt Rastatt sieht da aber keine Hindernisse: „Das Land Baden-Württemberg hat der neuen Nutzung schon zugestimmt.“ Vier Wände werden abgerissen, Beleuchtung und Steckdosen müssen angebracht, Wasserleitungen und Fußböden verlegt werden.

Grafische Darstellung der zusätzlichen Räume
Zusätzliche Räume: Zwei Klassenzimmer, ein Differenzierungsraum und ein Lagerraum gewinnt die Pestalozzi-Schule im kommenden Schuljahr hinzu. Foto: BNN-Infografik/Quelle: Landratsamt Rastatt

Die zusätzlichen Räume im selben Gebäude überbrücken jedoch nur die Zeit bis zum Schuljahr 2022/23. Wenn das Landratsamt nicht zeitnah eine Lösung findet, könnte im übernächsten Schuljahr der laute Knall folgen. Drei Klassenzimmer werden nach aktuellen Hochrechnungen der Schule dann fehlen. Welche Lösungsansätze gibt es also?

Lösungsansätze

„Mehr Schüler pro Klasse sind eine absolute Notlösung“, sagt Schulleiter Nonnenmacher. Einerseits ist für Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung die mittlere Klassengröße mit sechs Schülern im sogenannten Organisationserlass des Kultusministeriums Baden-Württemberg festgelegt. Die Vorgabe sei sinnvoll, um jedem einzelnen Schüler individuell gerecht werden zu können. Andererseits seien die Klassenzimmer ohnehin zu klein für noch mehr Personen.

Realistisch scheint ein Neubau neben dem ehemaligen Zollamt an der Ecke Herren-/Lyzeumstraße. Dieser könnte in drei Jahren mit zwei Klassenräumen und weiteren Fachräumen fertig sein – vorausgesetzt die Entscheidung im Landratsamt fällt tatsächlich bis zum September 2021.

Die Gebäude der Pestalozzi-Schule in Rastatt aus der Luft
Zusätzliche Gebäude: Ein Neubau neben dem ehemaligen Zollamt scheint durchaus realistisch. Einen Anbau an das Stammgebäude sieht Schulleiter Christoph Nonnenmacher jedoch kritisch. Selbst wenn die Entscheidung für beide Neubauten fallen sollte, benötigt die Pestalozzi-Schule langfristig gesehen weitere Räumlichkeiten. Foto: BNN-Infografik/Quelle: Landratsamt Rastatt

Zur Debatte steht auch ein Anbau beim Stammhausgebäude in der Herrenstraße 19. „Allerdings würden dann zahlreiche Parkplätze für die Lehrkräfte wegfallen“, bemerkt Nonnenmacher wenig begeistert. Der Neubau könnte auch auf Stelzen gestellt werden und erst ab dem ersten Stock beginnen. Die Parkplätze würden dann erhalten bleiben. Dafür gäbe es wiederum weniger Räume.

Nach Ansicht von Nonnenmacher wären Neubauten auf dem bestehenden Gelände der Schule aber ohnehin keine ideale Lösung. Der langfristig steigende Platzbedarf könne so nur temporär gedeckt werden. Es braucht also weitere Gebäude, die die Pestalozzi-Schule nutzen kann. „Am besten in der Innenstadt von Rastatt“, betont Nonnenmacher. „Die direkte Teilhabe am Leben und der Infrastruktur in der Innenstadt ist sehr wichtig für unsere Schüler.“ So verbringt etwa eine Klasse eine Unterrichtsstunde pro Woche in der Stadtbibliothek.

Die direkte Teilhabe am Leben und der Infrastruktur in der Innenstadt ist sehr wichtig für unsere Schüler.
Christoph Nonnenmacher / Schulleiter Pestalozzi-Schule Rastatt

Die Nähe sei von großer Relevanz. Hätten Lehrkräfte und Schüler einen längeren Weg, koste das zu viel Zeit und sei nicht mehr realisierbar. „Auf dem Weg zur Selbstständigkeit ist es aber besonders wichtig, dass die Schüler nicht nur einmal, sondern regelmäßig in die Bibliothek gehen. Oder etwa einkaufen für den Kochunterricht. Sonst lernen sie das nicht“, erklärt der Schulleiter.

ehemaliges Zollamt, seit Anfang der 2000er Jahre nutzt die Pestalozzi-Schule Rastatt das Gebäude
Möglicher Neubau: Neben dem Gebäude des ehemaligen Zollamts zur Lyzeumstraße hin könnte in drei Jahren ein Neubau mit zwei Klassenräumen und weiteren Fachräumen stehen. Foto: Gundi Woll

Doch Häuser im Stadtzentrum sind begehrt und sehr teuer. Bernhard Zeitvogel vom Landratsamt weist darauf hin: „Drei Millionen Euro hat der Landkreis Rastatt als Schulträger mit der Unterstützung des Landes bereits in die Modernisierung in den Jahren 2005 bis 2009 investiert.“ Mit dem großen Knall im Schuljahr 2022/23 vor Augen prüft das Landratsamt bereits die Anfrage der Pestalozzi-Schule, ob einzelne Klassen ausgelagert werden können. Auch mit dem Gedanken an Unterricht im Container müssen sich Lehrkräfte und Schüler wohl kurz- oder langfristig anfreunden.

Immerhin: Zwei Flächen für ein neues Schulgebäude hat Zeitvogel schon im Blick. Die nächste Sitzung des Bauausschusses findet am 8. Dezember statt. Dann sollen die unterschiedlichen Möglichkeiten diskutiert werden. „Wir brauchen so schnell wie möglich eine Lösung und die nötigen Beschlüsse“, verdeutlicht Nonnenmacher die Dringlichkeit. „Wir können unsere Schüler sonst nicht mehr in dem Maß betreuen, wie sie es bräuchten. Jeder Monat zählt.“

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