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Exkursion auf eigene Faust

Stadtspaziergang mit viel Geschichte: Auf den Spuren der badischen Revolution in Rastatt

Wer will schon nur zu Hause sitzen? Ein Spaziergang durch eine Stadt bietet sich an. Zum Beispiel durch Rastatt, wo Ausflügler den Spuren der Badischen Revolution 1848/49 folgen können.

Startpunkt des Revolutionspfads: Die Soldaten der Festung schlugen sich auf die Seite der Demokraten und rebellierten im Schlosshof.
Startpunkt des Revolutionspfads: Die Soldaten der Festung schlugen sich auf die Seite der Demokraten und rebellierten im Schlosshof. Foto: Petra Hirschel

Freie Wahlen, das Recht auf Meinungsäußerung - selbst heute in vielen Ländern keine Selbstverständlichkeit. Und für die Menschen des 19. Jahrhunderts schon gar nicht. Doch sie nehmen die alte Ordnung nicht mehr als gegeben hin. Die Französische Revolution 1789 hatte den Stein ins Rollen gebracht, der Ruf nach der Selbstregierung des Volkes verstummt in Europa nicht mehr. Im Großherzogtum Baden kommt es 1848/49 zur Revolution.

Welche Bedeutung Rastatt in diesem Kapitel deutscher Geschichte hat, kann man bei einem Spaziergang durch die Stadt erfahren. Das einzige, was man dazu braucht, ist ein Stadtplan. Oder das Faltblatt der Touristeninformation. Dieses schickt Interessierte auf den Revolutionspfad und verrät, wo sich die Orte des Aufstands und der Beteiligten befinden. Die Route führt vor allem durch das Zentrum. An den Häuser, zu denen es geht, hängen Tafeln. Sie erzählen allerdings nur in wenigen Worten, was damals geschah.

Rastatter Soldaten rebellierten gegen Offiziere

Der Spaziergang beginnt vor dem Residenzschloss Rastatt und endet unweit davon, an einem Denkmal an der Ludwigfeste. Bitte beachten Sie auch an der frischen Luft die Corona-Regeln und halten Sie Abstand zu anderen Spaziergängern. In der Fußgängerzone und rund um das Schloss gilt die Maskenpflicht.

Wer heute in dem ruhigen Schlosshof steht, wird sich nur schwer vorstellen können, was dort am 12. Mai 1849 geschah. Die Soldaten der Rastatter Garnison rebellierten gegen ihre Offiziere. In Baden lag damals die Revolution in der Luft, heißt es. Die demokratischen Volksvereine hatten an dem Tag zu einer Versammlung nach Offenburg eingeladen. 40.000 Menschen folgten am nächsten Tag dem Aufruf. Eineinhalb Jahre zuvor hatte dort die Revolution begonnen. Im September 1847 trafen sich im Offenburger Gasthaus „Zum Salmen“ die Demokraten.

Gegenüber des Rastatter Schlosses befindet sich die Schlossgaststätte. Sie hieß damals „Zum grünen Berg“. Im Frühjahr 1849 quartierte sich hier Amalie Struve ein. Die Frauenrechtlerin und ihr Mann Gustav gehörten zu den treibenden Kräften der Revolution. Sie riefen im September 1848 in Lörrach die Republik aus, doch sie scheiterten und wurden verhaftet. Amalie kam nach ihrer Entlassung nach Rastatt. Ohne sie hätte es die Rebellion der Soldaten wohl nicht gegeben.

Am Haus daneben erinnert eine Tafel an Ignaz Rindeschwender. Der Obergerichtsadvokat gründete in Rastatt einen revolutionären Verein. 1832 hatte er am Hambacher Fest teilgenommen - die Versammlung auf dem Schloss bei Neustadt in der Pfalz gilt als wichtiges Ereignis für die deutsche Demokratie. Wie viele andere Revolutionäre musste der Rastatter seine Heimat verlassen. Er floh erst in die Schweiz, dann in die USA, denn er war wegen Hochverrats angeklagt worden.

Auf den Spuren der Rastatter Revolutionäre

Nach Amerika wanderte auch Carl Schurz aus. Er wurde sogar Senator und Innenminister der USA. Der Revolutionär wohnte während der Belagerung Rastatts in einem Haus am Marktplatz – in der Nummer 35 schräg gegenüber der Katholischen Stadtkirche. Preußen hatte zuvor militärisch in die Ereignisse in Baden eingegriffen. Die Armee belagerte im Juli 1849 die Stadt, das badische Freiheitsheer hatte sich hier zurückgezogen.

In der Schlosserstraße 3 lebte ein weiterer Revolutionär, der Metzger Alois Comlossi. Heute befindet sich ein modernes Haus auf seinem Anwesen, dem er nach einem Zuchthaus-Aufenthalt den Rücken kehrte und sein Glück in den USA suchte.

Punkt Nummer acht: Eine Info-Tafel erzählt am Rathaus, was sich dort am 13. Mai 1849 ereignete.
Punkt Nummer acht: Eine Info-Tafel erzählt am Rathaus, was sich dort am 13. Mai 1849 ereignete. Foto: Petra Hirschel

Wer dann über die Museumstraße in die Murgstraße geht, kommt zur Adresse des Schirm- und Kamm-Machers Franz Comlossi und seiner Frau Ursula. An der Hausnummer 4 erzählt eine Tafel von den beiden Rastattern, die sich ebenso in der Freiheitsbewegung stark engagierten und später nach Amerika auswanderten.

Um die Ecke, in der Schlossstraße 2, gingen damals viele Revolutionäre ein und aus. Im einstigen Gasthaus „Zum wilden Mann“ diskutierten vor allem radikale Kräfte über eine neue Ordnung.

Viele Spuren sind verschwunden

Zurück auf den Marktplatz: Wäre es der 13. Mai 1849, würde sich ein Fenster öffnen und Amand Goegg würde heraus sehen. Der aus Renchen stammende Revolutionär gehörte als Minister der Provisorischen Regierung Badens an, er verkündete damals die Offenburger Beschlüsse und damit die Forderung nach Grundrechten.

Ein weiterer wichtiger Treffpunkt der Demokraten liegt dem Rathaus gegenüber. Dort stand einst das Gasthaus „Zur Blume“.

Spaziergänger gehen nun über die Rathaus- und Schiffstraße in die Lyzeumstraße. Hier befindet sich das Ludwig-Wilhelm-Gymnasium, das Chronisten der Revolution als Schüler und Lehrer besuchten. In der Herrenstraße kommt man dann am Kulturforum vorbei. Eine preußische Granate schlug hier im Juli 1849 ein und verletzte zwei Menschen tödlich.

Der Weg zu den nächsten Punkten ist ein Stück länger. Über die Engelstraße, Hexengasse und Rheintorstraße geht es bis zur „An der Ludwigfeste 19“. Eine Steintafel an dem Haus weist darauf hin, dass sich hier bis 1888 das Tor der ehemaligen Festung befand.

Auch der Rest der Anlage existiert nicht mehr. Carl Schurz gelang es nach der Belagerung Rastatts, aus der Festung zu fliehen – am 28. Juli 1849 über einen Abwasserkanal. An der Stelle liegt heute ein Gedenkstein. Wer diesen sucht, hält in dem kleinen Park an der Kreuzung von Zaystraße und Am Hasenwäldchen neben einem Brunnen Ausschau.

Im Juli 1849 war die Revolution niedergeschlagen. Die alte Ordnung wurde wiederhergestellt, Tausende kamen ins Gefängnis oder wurden hingerichtet. An das traurige Ende wird Am Hasenwäldchen erinnert: Im Festungsgraben wurden 19 Revolutionäre erschossen. 50 Jahre später wurde für sie ein Denkmal errichtet. Es steht im Park beim Kreiskrankenhaus (An der Ludwigfeste), wo der Spaziergang endet.

Mehr Infos und das Faltblatt „Revolutionspfad“ unter www.tourismus-rastatt.de

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