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Der Steinmauerner David Joram hat ein Buch über Max Kruse geschrieben

Max Kruse wandelt zwischen Kult-Kicker und Skandal-Profi. Der aus Steinmauern stammende Sportjournalist David Joram hat sein erstes Buch über den Bundesliga-Fußballer geschrieben.

ARCHIV - 05.03.2022, Niedersachsen, Wolfsburg: Fußball: Bundesliga, VfL Wolfsburg - 1. FC Union Berlin, 25. Spieltag, Volkswagen Arena. Wolfsburgs Max Kruse gestikuliert. (zu "Wolfsburg-Stürmer Kruse: «Niemals zu Magath»") Foto: Swen Pförtner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
„Im Profifußball ist Max Kruse eine Sondererscheinung“, sagt Autor David Joram über den Kult-Kicker. Foto: Swen Pförtner/dpa

Warum braucht es ein Buch über Max Kruse? Diese Frage hat sich auch David Joram gestellt. Seine Antwort: „Das kann man schon mal machen.“ In zehn Kapiteln widmet sich der 32-jährige Sportjournalist, der aus Steinmauern stammt, seit einigen Jahren aber in Berlin lebt und arbeitet, bei seiner Premiere als Buchautor dem von Skandälchen umwitterten Fußball-Profi. Es sind aber weder Shishas, dicke Autos oder Kruses Zocker-Geschichten, die Joram besonders beeindruckt haben, wie er im Gespräch mit unserem Mitarbeiter Moritz Hirn erzählt.

Herr Joram, Raimund Schmalbach, der Sportliche Leiter von Rot-Weiß Elchesheim, hat Max Kruse jüngst bei dessen Dienstfahrt mit seinen Wolfsburger Kollegen im Zug Richtung Köln getroffen. Ein Video mit einer Grußbotschaft des Profis an seine Kicker-Kollegen aus der Landesliga wurde in Mittelbaden fleißig geklickt. Funktionär Schmalbach hat im Nachgang angekündigt, Kruse im Aufstiegsfall zum ersten Verbandsligaspiel in der RWE-Geschichte nach Elchesheim einzuladen. Am 20. August ist nun um 15.30 Uhr Anpfiff gegen Waldkirch. Ihre Einschätzung als Kruse-Intimus: Würde er kommen?
David Joram

Das kann ich mir schon gut vorstellen. Wenn er Dinge ankündigt, gehe ich davon aus, dass er sie auch einlöst – außer er muss an dem Tag selbst ran. Insgesamt war das auf jeden Fall eine witzige Geschichte. Und natürlich Glückwunsch an Rot-Weiß Elchesheim zum Aufstieg!

Max Kruse spielt aktuell bekanntlich beim VfL Wolfsburg, also einem Verein, der – vorsichtig formuliert – nicht gerade viel Strahlkraft besitzt. Zudem hat er in seiner Karriere nie einen Titel gewonnen und vergleichsweise wenig Länderspiele absolviert. Warum braucht es ein Buch über Max Kruse?
Joram

Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Damals war Max aber noch bei Union Berlin, galt dort gewissermaßen als Kultspieler bei einem Kultverein, den er in den Europapokal geköpft hatte und mit dem er dann zwischenzeitlich sogar auf Kurs Champions League lag. Zu diesem Zeitpunkt war das eine tolle Geschichte. Insofern dachte ich mir: Das kann man schon mal machen. Zudem ist er im Profifußball eine Sondererscheinung: raucht Shishas, spielt Poker in Las Vegas und nimmt kein Blatt vor den Mund. Gerade Letzteres finde ich am beeindruckendsten, das gibt es im Profifußball eigentlich kaum noch.

Wie haben Sie reagiert, als Max Kruse in einer Phase, in der das Buch bereits fortgeschritten war, von Union Berlin zum VfL Wolfsburg gewechselt ist?
Joram

Das war schon eine Überraschung. Für alle. Selbst für seinen Vater, wie er mir erzählt hat. Vor allem vor dem Hintergrund, dass er bei seinem ersten Engagement beim VfL 2015/16 nicht glücklich war. Aber irgendwie spricht es ja auch für Max Kruse, dass er so eine Entscheidung mal aus dem Bauch heraus trifft.

Wie sehr hat der Wechsel Ihre Arbeit am Buch beeinträchtigt?
Joram

Eher weniger. Das Buch behandelt seinen kompletten Werdegang von klein auf. Das Union-Kapitel musste ich natürlich stark ergänzen. Die Rückkehr nach Wolfsburg, also das vergangene halbe Jahr, ist mit Blick auf das ganze Buch aber sicher nicht entscheidend.

Wie schon angedeutet: In der Öffentlichkeit gilt Max Kruse als redselig, er geht ganz offen auch mit seinen Eskapaden um. Etwa im Sportstudio mit Jochen Breyer, als er aufklärte, dass er die 75.000 Euro Bargeld weiland nicht in einer Plastik-Tüte im Taxi unwiederbringlich verloren hat, sondern in einem Rucksack, der mindestens nochmal 1.000 Euro gekostet hat. In Ihrem Buch kommt er indes nicht persönlich zu Wort. Warum?
Joram

Bevor der Verlag mich kontaktiert hat, ist er an das Management von Max Kruse herangetreten, ob er nicht eine Autobiografie schreiben will. Er hatte damals wohl keine Lust, was ich beim Job als Fußballprofi total verstehen kann. Dann kam der Verlag mit der Idee einer Biografie nicht mit, sondern über ihn auf mich zu. Ich habe also viele Freunde, Trainer, Weggefährten befragt, eben auch seinen Vater. Und das Gute ist: Max Kruse hat sich ja zu fast allen Themen bereits andernorts ausführlich geäußert.



Auch Kruses Vater Frank, Klaus Allofs, Frank Baumann, Sebastian Freis und viele andere Weggefährten haben Anekdoten geliefert. Was ist Ihre Lieblingsgeschichte über Max Kruse?
Joram

Die Geschichte mit Martin Harnik ist fußballerisch vielleicht die spannendste. Dass es zwei Spieler aus einem Dorfverein, dem SC Vier- und Marschlande bei Hamburg, in die Bundesliga schaffen, ist schon bemerkenswert. Beide haben schon in der Jugend super harmoniert, waren zusammen feiern in der Disco und sogar mal in dasselbe Mädel verknallt. Und später treffen sich beide in Liga eins wieder, irgendwann sogar noch beim gleichen Verein, nämlich Werder Bremen. Das ist schon eine beeindruckende Geschichte, über die ich mit Harnik ausführlich sprechen konnte.

In seiner Zeit beim SC Freiburg sind eher wenig Kapriolen überliefert. Das mag freilich auch am, wie Sie schreiben, wenig „metropolenhaften“ Ambiente im Breisgau liegen. Aber welchen Anteil hat vielleicht auch Christian Streich daran?
Joram

Ich glaube einen recht großen. In der Hinsicht, dass er ihm ein paar Dinge vermittelt hat, die man im Profifußball braucht: Disziplin, Teamarbeit, ein bisschen auch das Auftreten nach außen – was ihm ja dann doch mal um die Ohren geflogen ist. Ein paar Normen und Regeln gibt es einfach, an die man sich halten muss, damit es was werden kann mit der Karriere. Was ihm mit Sicherheit auch gutgetan hat, war das ruhige Umfeld. Er war natürlich trotzdem mal pokern im Casino Baden-Baden, aber das hat halt niemanden interessiert. Wenn er in Hamburg zocken war, saß mehr oder weniger die „Bild“-Zeitung mit am Tisch.

Wird Max Kruse medial zu sehr auf seine Skandälchen reduziert? Und wäre er nicht eigentlich ein Kandidat für Hansi Flick?
Joram (lacht)

Gute Frage! Also wenn ich Bundestrainer wäre, würde ich ihn nochmal einladen, ganz klar. Aber ich glaube, Max weiß selbst, dass seine Zeit in der Nationalmannschaft vorbei ist. Hansi Flick war ja auch im Team von Jogi Löw und kennt ihn aus dem Effeff. Außerdem ist er mit seinen 34 Jahren in einem Alter, in dem er jetzt niemandem mehr groß davonrennt. Er spielt zwar noch tollen Fußball, aber ich glaube, seine Zeit beim DFB ist wirklich vorbei. Das muss man leider sagen.

Das Buch ist seit wenigen Tagen im Handel. Glauben Sie, Max Kruse wird es lesen?
Joram

Meines Wissens ist er nicht so der Bücherwurm. Vielleicht müsste ich mit dem Verlag mal über ein Hörbuch diskutieren (lacht). Ich kann mir vorstellen, dass er das ein oder andere Kapitel schon durchgeguckt hat. Sein Management war auf jeden Fall interessiert, auch er hat sich erkundigt, wer da jetzt ein Buch über ihn schreibt. Deshalb wird er bestimmt ein paar Seiten durchblättern.

Wie müsste sein Feedback ausfallen, das Sie als Autor zufriedenstellen würde?
Joram

Es ist ja keine reine Fan-Biografie, es sind auch ein paar kritische Aspekte drin. Insofern erwarte ich keinen Applaus von Max Kruse. Das war auch nicht der Anspruch des Buches. Es ist eher für die fußballinteressierte Gemeinde gedacht, die wissen will, wie Max Kruse zu demjenigen geworden ist, wie wir ihn heute kennen. Wie er es bis in Liga eins schafft, wie er mit den „Skandalen“, die ihm angedichtet werden, umgeht. Wenn Max Kruse das Buch liest, es mit einem Schmunzeln liest, dann wäre das total in Ordnung.

Bis vor rund einem Jahr waren Bücher für Sie ausschließlich zum Lesen da. Von welchem Sportler könnte Ihr zweites Werk handeln?
Joram (überlegt)

Die unromantische Antwort zuerst: Wenn mich ein Verlag fragen würde, über welchen Sportler auch immer ein Buch zu schreiben, würde ich es wohl tun. Das Schreiben neben der eigentlichen Arbeit als Sportreporter war zwar anstrengend, aber eine schöne Sache. Ich konnte viel unterwegs sein: Istanbul, Bremen, Gladbach, Wolfsburg, Hamburg – das waren tolle Erfahrungen, die ich neben meinem Hauptberuf sammeln konnte. Wenn ich es mir aber aussuchen dürfte, dann vielleicht über Antonio Rüdiger. Auch ein spannender Typ mit interessanter Vita. 2012 durfte ich ihn als Praktikant für die „Stuttgarter Zeitung“ treffen, damals hat er schon von den großen Clubs geträumt und wollte die Champions League gewinnen. Sein Traumverein war Manchester City – und jetzt hat er es sogar zu Real Madrid geschafft. Eine tolle Geschichte!

Kruse-Intimus: David Joram.  Foto: Detlev Scheerbarth.
Kruse-Intimus: David Joram. Foto: Detlev Scheerbarth. Foto: Detlev Scheerbarth

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