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Debatte um WM-Boykott

Übertragen die Kneipen in Rastatt die Fußball-WM in Katar?

Die Fußball-WM in Katar ist umstritten. Viele Gastronomen denken darüber nach, die Spiele nicht zu zeigen. Wie sieht es in Rastatter Kneipen aus?

Fußballfans schauen am 13.07.2014 in einer Kneipe in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) das Finale der Fußball-WM Deutschland - Argentinien. Foto: Caroline Seidel/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
Beim Fußballschauen in der Kneipe geht es um das Gemeinschaftsgefühl. Laut Baden-Württemberg Report will knapp die Hälfte der Menschen im Südwesten die Spiele aber nicht verfolgen. Foto: Caroline Seidel picture alliance / dpa

In zwei Tagen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die Vorfreude in Rastatt ist aber gedämpft. Zuletzt hatten homophobe Äußerungen aus dem Gastgeberland die Debatte um einen Boykott weiter angeheizt. In Köln weigern sich viele Kneipen, Spiele der WM zu zeigen. Wie gehen die Kneipenbesitzer in Rastatt mit der umstrittenen WM um?

Für Daniel Klappstein ist der Fall klar. „Wir zeigen die Weltmeisterschaft auch diesmal“, sagt der Wirt der Gaststätte Frey im Rastatter Dörfel. Die Diskussion habe er am Rande verfolgt. An seiner Entscheidung, die Spiele zu zeigen, habe das nichts geändert. Er hat eine pragmatische Sicht auf die Dinge: „Wir müssen schließlich davon leben“, sagt er.

Rastatter Gastronom will WM-Sportler nicht bestrafen

Frank Hildenbrand, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Rastatt, betreibt das Schnick-Schnack in Rastatt-Niederbühl.

Dort wird er die Spiele der deutschen Nationalmannschaft zeigen: „Ich finde diese Weltmeisterschaft politisch nicht gut, aber die Akteure sollten nicht darunter leiden.“ Er denkt an junge Sportler, die es in den Kader geschafft haben.

„Für den Einzelnen ist das ein riesiger Meilenstein. Manche Spieler sind vielleicht nur einmal im Leben bei einer WM dabei“, sagt Hildenbrand. Er will die politische Diskussion nicht auf ihrem Rücken austragen. Durch einen Boykott würden auch sie bestraft.

Avocado überträgt WM im Biergarten

In Rastatt sind sich die Wirte einig: Alle Kneipen mit Fernseher zeigen die umstrittene WM. Mario Matosin hat für das Avocado drei große Zelte bestellt. Im Biergarten stellt er eine große Leinwand auf und zeigt dort die Spiele des deutschen Teams. Das Ganze ist ein Experiment. „Wir sind gespannt, ob es gelingt“, sagt er.

Ich finde, die ganze Diskussion wurde zu sehr hochgepusht.
Torsten Pall, Wirt des Gasthauses Zum Goldenen Hirsch

Im Gasthaus zum Goldenen Hirsch können Besucher die Weltmeisterschaft ebenfalls sehen: „Wir zeigen alle Spiele, die im Rahmen unserer Öffnungszeiten laufen“, sagt Besitzer Torsten Pall. Die Debatte hätte ihn nicht beeinflusst. Er wolle seinen Gästen die ganze Bandbreite anbieten. „Ich finde, die ganze Diskussion wurde zu sehr hochgepusht.“

Manche Städte und Gemeinden bieten bei größeren Meisterschaften ein zentrales Public Viewing an. In Rastatt gab es dies bisher nicht. Stattdessen veranstalteten die Kneipen Fußball-Events. Daran ändert sich laut Pressesprecherin Heike Dießelberg auch in diesem Jahr nichts. „Die Entscheidung darüber, ob Spiele übertragen werden oder nicht, überlässt die Stadt den Gastronomen.“

Sportkneipen in Rastatt kommen um WM-Übertragung „fast nicht drum herum“

Richtlinien gibt auch der Dehoga nicht vor: „Das muss jeder Wirt mit dem eigenen Gewissen ausmachen und demnach entscheiden“, sagt Hildenbrand. Kneipen, die dem Dehoga angehören, bekämen allerdings eine Vergünstigung für die Ausstrahlungsrechte.

„Am Ende ist es auch eine wirtschaftliche Entscheidung“, sagt er. Bei den Gastronomen ist ein gewisser Druck da, diesen Umsatz mitzunehmen. „Lokale, bei denen das gemeinsame Sporterlebnis zentraler Bestandteil des Konzepts ist, kommen fast nicht drum herum, die WM zu zeigen.“

Er rechnet damit, dass weniger Fans in die Kneipen strömen als zuvor. „Aber selbst wenn ein paar Fußballfans weniger kommen, wird sich das Geschäft für die Wirte in Rastatt lohnen.“

Fast jeder Zweite in Baden-Württemberg will Spiele nicht verfolgen

Der Baden-Württemberg Report zeichnet ein anderes Bild. Knapp die Hälfte der Menschen im Südwesten will der Studie zufolge die Spiele nicht verfolgen. Andere gaben an, sich noch nicht entschieden zu haben. Nur jeder Fünfte plane, die WM zu schauen. Der Report ist eine Initiative der privaten Radiosender im Land.

Wie gut die Weltmeisterschaft in den Gaststätten anzieht, wird sich nach Hildenbrands Ansicht erst später zeigen. „Das dritte Spiel gegen Costa Rica am 1. Dezember läuft an einem Donnerstagabend um 20 Uhr.

Sollten sie ins Viertel- oder Halbfinale kommen, gehe ich schon davon aus, dass Begeisterung aufkommt.
Frank Hildenbrand, Vorsitzender Dehoga Rastatt

Das ist zum Schauen in der Kneipe perfekt.“ Erst danach werde er den Erfolg bewerten. Das erste Spiel der deutschen Mannschaft wird mittags gezeigt. Das zweite an einem Sonntagabend.

Schnick-Schnack zeigt Spiele aus pragmatischen Gründen

Ob auch jetzt Fußball-Euphorie in den Rastatter Kneipen aufkommt, hänge von der Leistung der deutschen Mannschaft ab. Am Anfang sei die Stimmung immer verhalten. Je besser die Nationalelf spiele, desto stärker steige sie.

Damit rechnet Hildenbrand auch diesmal: „Sollten sie ins Viertel- oder Halbfinale kommen, gehe ich schon davon aus, dass Begeisterung aufkommt.“

In seinem Schnick-Schnack laufen regelmäßig Bundesliga und Champions League. Dadurch ist die Übertragung mit keinem zusätzlichen Aufwand verbunden: „Das Equipment ist da, deshalb nutze ich es auch. Bei dieser WM hätte ich aber nicht extra in neue Ausstattung investiert, um die Spiele ausstrahlen zu können.“

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