Mit diversen Arbeitskampfmaßnahmen hat am Freitag in Rastatt die zweite Warnstreikwelle der IG Metall Gaggenau im Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeberverband Südwestmetall begonnen. Insgesamt waren nach Aussage von Bodo Seiler, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Gaggenau, 4.000 Beschäftigte dem Aufruf der IG Metall gefolgt.
Die Fronten bei den Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie sind verhärtet. Weil sich am Verhandlungstisch laut Seiler „nichts bewegt, auch nach der vierten Verhandlungsrunde keine Ergebnisse auf dem Tisch liegen und die Arbeitgeber nur ein Streichkonzert wollen“, stehen in den Betrieben zeitweise die Bänder still.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, ließen in Rastatt sechs Betriebe in allen Schichten die Arbeit zwei Stunden früher ruhen.
In sechs Betrieben machen Beschäftigte früher Feierabend
Am sogenannten Frühschluss, also dem vorgezogenen Feierabend, beteiligten sich neben rund 3.500 Beschäftigten des Mercedes-Benz-Werks auch Mitarbeiter der Zulieferer Antolin, Seifert Automotive, HBPO, Grammer und Becker Avionics.
Mehr als 50 Beschäftigte nahmen stellvertretend für ihre Kollegen mit Abstand und Maske an einem „Demozug“ inklusive halbstündiger Kundgebung vor „Tor 5“ des Benz-Werks teil. Bei der Firma Grammer stand neben dem Frühschluss ebenfalls eine kurze Kundgebung inklusive Hupkonzert auf dem Firmenparkplatz auf dem Programm.
Die Veranstaltung beim Benz-Werk verlief coronakonform unter Beachtung sämtlicher Hygienevorschriften und Schutzmaßnahmen. Mit bunten Hütchen auf dem Boden war markiert, wo die Leute stehen dürfen. Neben roten Regenschirmen und IGM-Fahnen flatterte auch ein Banner mit der Aufschrift „Zukunft gibt es nur mit uns“ im Wind.
Bodo Seiler widmete sich in seiner Ansprache den festgefahrenen Tarifverhandlungen und der „Sturheit der Arbeitgeber“, auf die die Gewerkschaft seit dem Ende der Friedenspflicht mit Warnstreiks reagiert.
Gewerkschafter kritisiert die „Sturheit der Arbeitgeber“
An der ersten Warnstreikwelle beteiligten sich im Bereich der IGM Gaggenau Seilers Angaben zufolge mehr als 7.000 Beschäftigte. Die Gewerkschaft fordere „vier Prozent mehr für die Beschäftigungssicherung oder die Erhöhung der Entgelte“ sowie Zukunftstarifverträge und Perspektiven für Azubis und dual Studierende.
Wenn wir weniger haben, haben die anderen auch nicht mehr.Bodo Seiler, Gewerkschafter
Auf die BNN-Nachfrage, wie die IGM in Corona-Zeiten höhere Löhne für eigentlich ganz gut bezahlte Arbeitnehmer rechtfertigt, während Einzelhandel, Gastronomie und Solo-Selbstständige gerade ums Überleben kämpfen, antwortete Seiler: „Gerade die Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie haben selbst in der aktuellen Krise hervorragende Ergebnisse erzielt und erwarten mittlerweile einen Aufschwung. Ohne den großen Einsatz der Beschäftigten wären diese Ergebnisse nicht zustande gekommen. Und wenn wir weniger haben, haben die anderen dadurch auch nicht mehr.“
Murat Sür, Betriebsratsvorsitzender bei Mercedes in Rastatt, freute sich, dass „die kleine Menge, die solidarisch für ihre Kollegen hier steht, ein Zeichen setzt“. Nämlich dafür, „dass wir einen Arsch in der Hose haben und dazu bereit sind, den Kampf gemeinsam zu bestreiten“. Die große Beteiligung am Arbeitskampf zeige, „dass wir handlungsfähig sind und unsere Themen mit großer Wirkung durchsetzen können“.