Sie heißen Dash Wonder, Ozobot Evo, Makey Makey oder Blue Bot, haben Akkus, LEDs und manche auch Tasten. Sie schieben Hütchen, zeichnen und fahren Routen oder das Alphabet ab. Manche können sogar Xylophon spielen, jedoch nur, wenn es gelingt, es ihnen beizubringen. So in etwa stellte sich der erste Auftritt der neuen Robotik-Crew beim jüngsten Familientag in der Rastatter Stadtbibliothek auf den ersten Blick dar. Doch da war noch mehr.
Dutzende Familien waren angetreten, um die gut zehn Spielstationen auf drei Ebenen in der Stadtbibliothek zu entdecken. Andere blieben spontan nach der Ausleihe da, um die neuen Spielrobotern auszutesten, die die Stadt im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms „Wissenswandel, Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von Neustart Kultur“ angeschafft hat.
Ziel ist es, über Multiplikatoren in der Kinder- und Jugendarbeit vornehmlich an Grund- und weiterführenden Schulen Kinder und Jugendliche, altersgerecht an die neuen Technologien heranzuführen. Diese reichen im Falle der neuen Robotik-Familie in Rastatt dann auch vom analogen Knöpfe drücken bei den über Tasten steuerbaren Blue Bots bis hin zu den Makey Makey, bei denen die Probanden beim Experimentieren mit Programmierungen auch Stromkreise und leitende Gegenstände mit bedenken müssen.
Rastatter Kids werden zu Machern.Regina Burger, stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek
Dass Roboter hier nun zwischen Büchern wirken, ist auch dem Engagement von Regina Burger, stellvertretenden Leiterin der Stadtbibliothek, geschuldet, die sich dafür stark machte, im Rahmen des Projekts „Rastatter Kids werden zu Machern“, auch den Zugang zu digitaler Medienbildung zu integrieren: „Wir tragen es in die Weite und in die Breite“, beschreibt sie die Position, die die Bücherei hier einnehmen will.
Dafür steht im Team auch die Medienpädagogin Mareike Speidel bereit, die unter anderem einmal im Monat je eines der Robotik-Systeme auch im Veranstaltungsprogramm anbieten wird.
Programmieren verlangt immer auch sprachliche Umsetzung.Jürgen Walter, Hochschule Karlsruhe
Warum die Robots gut in eine Bibliothek passen, war für Jürgen Walter vom Fachbereich Feinwerktechnik für die Fachgebiete Informationstechnik und Mikrocomputertechnik der Hochschule Karlsruhe, der mit Unterstützung des VDI Karlsruhe die Einführung in Rastatt mit seinem Team begleitet, schnell erklärt: „Programmieren verlangt immer auch sprachliche Umsetzung. Ein sich genau Ausdrücken in der Folge, um einen komplexen Vorgang auf einzelne Schritte herunterzubrechen.“
Kinder gingen oft noch ganz unbefangen an diese Aufgabe heran, probierten herum, lernten aus Fehlern: „Das trainiert immer auch die Resilienz.“ Spaß mache es allemal, fand der Vater des sechsjährigen Raphaels, Christian Schuster, der beobachtete, wie sein Sohn mit dem Ozobot per iPad experimentierte: „fast wie mit einem ferngesteuerten Auto.“ Gedränge auf der Spielfläche, „wenn du die Farbe wechselst, weißt du wieder, welches deines ist“, wusste Raphael – und machte es gleich vor.
Bei Robotern gibt es eine spezielle Sprache, die sich dann oft in Schleifen wiederholt.Jürgen Walter, Hochschule Karlsruhe
Eine Etage drüber rackerten die Dash Wonders, die je nach Zubehör mal Bälle werfen – genauer katapultieren – und Xylophon-Blättchen anschlagen können. Im stillen Eckchen dahinter wartete auf echte Programmier-Talente noch eine besondere Herausforderung. Das Experimentierset Makey Makey konnte vom Laptop aus in der Programmiersprache Scratch angesprochen werden. Felix (13), der mit seiner Oma und seinen beiden Brüdern da war, wagte einen Versuch. Dass manches nicht sofort gelänge, sei normal, so Walter: „Bei Robotern gibt es eine spezielle Sprache, die sich dann oft in Schleifen wiederholt.“
Schlagwort: modulares Programmieren. Das schon ab dem Kindergartenalter zu vermitteln, sieht Walter als durchaus sinnvoll an. Speidel stimmte zu. In einer derart mediengeprägten Zeit stelle die sukzessive Aneignung von Medienkompetenz, die Roboter durchaus einschließe, das Rüstzeug für einen souveränen, aber auch kritischen Umgang damit dar.
Firmen suchen Ingenieursnachwuchs
Walter wünschte sich darüber hinaus mehr Lust auf Technik bei den Jungen. Seit Jahren verzeichnen die Hochschulen, auch die in Karlsruhe, stark rückläufige Zahlen bei den Studierenden in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Viele Firmen suchen inzwischen händeringend nach fähigem Ingenieursnachwuchs.
In der Bibliothek wollte es Walter dann aber doch erst mal mit Schiller halten und zitierte diesen mit: „Der Mensch ist nur da Mensch, wo er spielt.“ Das war bei den Bilderbüchern im Erdgeschoss, wo die Robotik-Einsteiger bei den Blue Bots ihrem Platz hatten, besonders gut zu beobachten.
Dort hatten sich auch Martin Blersch, der selbst Informatik studiert hat, mit seinen Zwillingen, Darian und Mariel, beide vier Jahre alt, eingefunden. „Schön, wenn der Nachwuchs das auch mal probieren kann“, sagte er. Die Blue Bots verstünden auch schon die Kleinen. Das Tor aus Legosteinen war selbst gebaut. Nun soll Botty arbeiten und mit einem Aufsatz etwas wegschieben, doch der wollte erst mal nicht so recht: „Darian würde da noch am liebsten hinterherrennen“, so Blersch. Schwester Mariel löste das Problem ad hoc. Als der Roboter mal wieder falsch abbog, griff sie beherzt zu und stellte einfach das Hütchen um – dorthin wo der nun ohnehin fahren wollte.