Wenn Wiebke Freund redet, kann sie nicht verleugnen, sprachlich so gar keine Badenerin zu sein. Als Hannoveranerin ist sie dem Hochdeutsch verpflichtet. Aber in den fünf Jahren, in denen sie mittlerweile in der Region lebt, hat sie Baden sehr zu schätzen gelernt.
Und sie ist überzeugt: Gerade Rastatt bietet großes Tourismuspotenzial. Es ist nun ihre Aufgabe, dieses zu erschließen. Die 36-Jährige arbeitet seit zwei Monaten als neue City- und Tourismusmanagerin im Rathaus.
Bei der Frage, worin dieses Potenzial liegt, fällt ihr gleich ein ganzer Sack voller Pfunde ein, mit denen die Stadt wuchern könne: der Mischung aus attraktiver Innenstadt und Rheinauen, die Nähe zum Schwarzwald, den Volksschauspielen Ötigheim und zur Galopprennbahn Iffezheim. Und natürlich das Schloss: „Wenn das die Amerikaner wüssten, was sie hier für Schlösser anschauen können....“
Die Innenstadt von Rastatt als Theaterbühne
Freund sagt von sich selbst, international zu denken. Sie hat einen Masterstudiengang in nachhaltigem Tourismus absolviert und war viel im Ausland unterwegs. Zuletzt arbeitete sie bei der Stadt Baden-Baden. An der Ausschreibung in Rastatt habe sie gereizt, dass es bei der Stelle neben dem Tourismus auch um die Entwicklung von Einzelhandel und Gastronomie gehe.
In dieser Funktion steht sie Wirschaftsförderer Torsten von Appen zur Seite. Er erläutert den Hintergrund der Neueinstellung. Bei einem Treffen mit Händlern, Wirten und Hoteliers habe sich herauskristallisiert, dass alle Beteiligen die gleichen Bedürfnisse und Wünsche hätten.
Es gehe zum Beispiel darum, die Verweildauer der Besucher in der Innenstadt zu erhöhen. Von Appen sagt: „Eine Stadt ist wie eine Bühne in einem Theater: Es muss etwas stattfinden.“
Vielleicht haben wir in der Vergangenheit zu sehr nebeneinander hergearbeitet.Hans Jürgen Pütsch, Oberbürgermeister
Das Drehbuch schreiben darf nun Freund. Und sie hat schon die ersten Kapitel zu Papier gebracht. Als Basis ihrer Konzepte dient eine Arbeit von drei Studentinnen der FH Pforzheim, die das touristische Potenzial Rastatts untersucht haben. Sie haben unter anderem Zielgruppen herausgearbeitet, um die sich die Stadt bemühen sollte.
Am stärksten im Fokus steht dabei der typische Stadttourist. Ihm müssen die Kommune, Gastronomen und Händler aus Sicht von Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch (CDU) ein Komplettpaket bieten. Deshalb müssten alle Beteiligten kooperieren: „Vielleicht haben wir in der Vergangenheit zu sehr nebeneinander hergearbeitet.“
Stadtführungen in Rastatt speziell für Hotelmitarbeiter
Freund macht das am Beispiel von Radtouristen fest, die als Zielgruppe sehr interessant seien. Sie würden ihre Übernachtungsstationen oft kurzfristig planen. Wenn die Radler erführen, dass es in Rastatt Sehenswürdigkeiten, gute Geschäfte und dann schöne Biergärten gebe, machten sie auch einen Stopp in der Stadt, obwohl sie ihnen bis dahin vielleicht nicht bekannt gewesen sei.
Um auch die Gastgeber über alle Möglichkeiten zu informieren, biete die Touristinfo mittlerweile Stadtführungen speziell für Hotelmitarbeiter an. Freund erklärt den Sinn und Zweck: Die Mitarbeiter sollten in die Lage versetzt werden, den Gästen erzählen, was die Stadt zu bieten habe. Bislang laute die Antwort zu oft: „Hier gibt es nichts.“
OB Pütsch ist optimistisch, dass die neue Kraft dem Tourismus frischen Wind verleihen kann: „Es wird vielleicht nicht ganz Amerika kommen. Aber zu wissen, wie die Ansprache dieser Gruppen funktioniert, ist Gold wert.“