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Woher kommt der Erdtrabant?

Am Anfang hat es geknallt: Der Mond war ein Unfall

Die Entstehung des Mondes war, darüber herrscht in der Wissenschaft heute weitgehend Einigkeit, wohl ein planetarer Unfall. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren muss ein Himmelskörper durch die Milchstraße getrudelt sein, den Forscher später auf den Namen Theia tauften – so heißt in der griechischen Mythologie die Mutter der Mondgöttin.

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Das Mondgesicht ist von Schlägen gezeichnet: Aufnahme des Kraters Theophilus. Foto: Nasa

Theia, ein Proto-Planet wohl von der Größe des Mars, kollidierte mit der Erde und wurde zerstört. Seine Trümmer sowie Teile, die sich aus dem Erdmantel gelöst hatten, verblieben im Gravitationsfeld der Erde. Sie verschmolzen irgendwann zu einem neuen Himmelskörper – dem Mond.

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Schematischer Moon-impact Foto: dark evader - commonswiki

„Die Kollisions-Theorie hat sich in der Wissenschaft durchgesetzt, weil die chemische und isotopische Zusammensetzung des Mondes in großen Teilen der der Erde entspricht“, erklärt Carolyn van der Bogert, die als Planetologin an der Uni Münster und für die NASA forscht. „Daher liegt nahe, dass beide Himmelskörper den gleichen Ursprung haben.“

Unter der Kruste kochte das Magma

Weil ohne die Einwirkung eines weiteren Himmelskörpers die Abspaltung des späteren Mondes von der Erde wenig plausibel sei, wurde die Existenz von Theia angenommen – allerdings fehlte lange ein eindeutiger Fingerabdruck, den er in der Struktur des Mondes hinterlassen haben könnte. Erst 2014 gelang es Wissenschaftlern der Universitäten Göttingen, Köln und Münster, im Mondgestein eine Zusammensetzung von Sauerstoffisotopen festzustellen, die auf der Erde nicht vorhanden ist – womit ein erster manifester Hinweis auf Theia gefunden war.

Der junge Mond war ein heißblütiger Geselle. Es dauerte Millionen von Jahren, bis seine Kruste abkühlte. Darunter kochte zunächst weiter das Magma. Ohne Atmosphäre war und ist der Erdtrabant Meteoriteneinschlägen schutzlos ausgesetzt, in früheren Entwicklungsstadien der Galaxie wurde er von Gesteinsbrocken manchmal regelrecht bombardiert. Sie durchschlugen die Kruste und lösten so vulkanische Aktivitäten aus: Magma trat an die Oberfläche und verteilte sich teils großflächig.

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Kratereinschläge auf der Rückseite des Mondes Foto: NASA

Mit bloßem Auge sind von der Erde aus die großen, dunklen Mare zu erkennen, in denen es sich zu glattem Gestein gekühlt und gehärtet hat. Weitere Folge der Einschläge ist die charakteristische Kraterlandschaft und das feinkörnige Regolith, das den Mond bedeckt – es entstand durch die fortwährende Zertrümmerung des Mondgesteins.

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Die feinkörnige Sandschicht auf der Oberfläches des Mondes ist Resultat fortwährender Zertrümmerung. Foto: Nasa

War da oben mal Leben möglich?

Die unzähligen Einschläge machen den Mond zu einem wertvollen Archiv für die Frühgeschichte des Sonnensystems, erklärt Planetologin van der Bogert: „Auf der Erde sind entsprechende Spuren durch Tektonik, Erosion und die Einwirkung von Wasser kaum noch auffindbar. Auf dem Mond hingegen sind sie erhalten und könnten uns Aufschlüsse über Aktivitäten und Entwicklungen des frühen Sonnensystems liefern.“

Mit Temperaturextremen von -160 Grad Celsius in der Nacht und 130 Grad am Tag, ohne Atmosphäre, Wasser an seiner Oberfläche und ohne Schutz vor Sonnenwinden ist der Mond ein lebensfeindlicher Ort. Ob er das immer war, steht zur Diskussion: Im Jahr 2018 sorgte ein deutsch-britisches Wissenschaftlerduo für Aufsehen. Dirk Schulze-Makuch von der TU Berlin und Ian Crawford, University of London, stellten in einem Aufsatz die These auf, dass während eines bestimmten Zeitfensters auf dem Mond Bedingungen geherrscht haben müssen, die Leben zumindest theoretisch ermöglicht hätten.

Rohstofflieferant der Zukunft

Ihre Ansichten stützen die beiden Forscher auf neue Erkenntnisse, nach denen es auf dem Mond früher größere Wasserreserven gegeben haben muss. Die im Zusammenhang mit vulkanischen Aktivitäten austretenden Gase müssten während einer Phase vor rund 3,5 Milliarden zu einer vergleichsweise dichten Atmosphäre geführt haben.

Somit könnte Wasser in flüssiger Form auf der Oberfläche existiert haben. Möglicherweise habe es damals sogar bakterielles Leben auf dem Mond geben können, vermuten die Forscher – im Mondgestein seien zumindest Hinweise auf Oxidationsvorgänge und hydrothermale Prozesse festgestellt worden.

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Current moon as viewed on Wednesday, June 15, 2011, 19:00 UT (Phase 100%) This marks the first time that accurate shadows at this level of detail are possible in such a computer simulation. The shadows are based on the global elevation map being developed from measurements by the Lunar Orbiter Laser Altimeter (LOLA) aboard the Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO). LOLA has already taken more than 10 times as many elevation measurements as all previous missions combined. The Moon always keeps the same face to us, but not exactly the same face. Because of the tilt and shape of its orbit, we see the Moon from slightly different angles over the course of a month. When a month is compressed into 12 seconds, as it is in this animation, our changing view of the Moon makes it look like it's wobbling. This wobble is called libration. The word comes from the Latin for "balance scale" (as does the name of the zodiac constellation Libra) and refers to the way such a scale tips up and down on alternating sides. The sub-Earth point gives the amount of libration in longitude and latitude. The sub-Earth point is also the apparent center of the Moon's disk and the location on the Moon where the Earth is directly overhead. The Moon is subject to other motions as well. It appears to roll back and forth around the sub-Earth point. The roll angle is given by the position angle of the axis, which is the angle of the Moon's north pole relative to celestial north. The Moon also approaches and recedes from us, appearing to grow and shrink. The two extremes, called perigee (near) and apogee (far), differ by more than 10%. The most noticed monthly variation in the Moon's appearance is the cycle of phases, caused by the changing angle of the Sun as the Moon orbits the Earth. The cycle begins with the waxing (growing) crescent Moon visible in the west just after sunset. By first quarter, the Moon is high in the sky at sunset and sets around midnight. The full Moon rises at sunset and is high in the sky at midnight. The third quarter Moon is often surprisingly conspicuous in the daylit western sky long after sunrise. Celestial north is up in these images, corresponding to the view from the northern hemisphere. The descriptions of the print resolution stills also assume a northern hemisphere orientation. To adjust for southern hemisphere views, rotate the images 180 degrees, and substitute "north" for "south" in the descriptions. Credit: NASA/Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio NASA Goddard Space Flight Center enables NASA’s mission through four scientific endeavors: Earth Science, Heliophysics, Solar System Exploration, and Astrophysics. Goddard plays a leading role in NASA’s accomplishments by contributing compelling scientific knowledge to advance the Agency’s mission. Follow us on Twitter Join us on Facebook Find us on Instagram Foto: Nasa

Der Mond bleibt also als Forschungsprojekt weiter interessant. Und auch als potenzieller Rohstofflieferant. Unter seiner Oberfläche werden große Metallvorkommen vermutet - zuletzt machte vor einigen Wochen eine Nachricht die Runde, der zufolge auf der erdabgewandten Seite des Mondes in der Nähe des Südpols eine gigantische Metallmasse unter der Oberfläche entdeckt wurde. Ein Team von US-Wissenschaftlern vermutet, sie entspreche ungefähr der fünffachen Masse von Hawaii, möglicherweise handele es sich um den Kern eines Meteoriten.

Eingriffe ins Mondgesicht

Zu den Metallen, die auf dem Mond vermutet werden, zählen etwa Eisen, Gold und Platinum. Zudem gibt es wahrscheinlich große Reserven von Helium 3, das als leichtere Erdgas-Variante als fast unerschöpfliche Energiequelle gilt. Die Ausbeutung des Mondes ist noch eher ferne Zukunftsmusik. Staaten, die Raumfahrtprogramme unterhalten oder daran beteiligt sind, haben aber längst Strategiepapiere in den Schubladen.

Es gibt Analysen, die einen Rohstoffabbau auf dem Mond schon ab Mitte des Jahrhunderts für machbar halten. Das sich abzeichnende Rennen um den Mond könnte zu neuen Konflikten auf der Erde führen und sicherlich zu völlig neuen rechtlichen Fragen.

Und es könnte auch das Mondgesicht, dass den Werdegang des Menschen von den Anfängen bis in die Gegenwart begleitet hat, verändern. Planetologin van der Bogert zumindest gibt zu bedenken: „Wenn auf dem Mond im großen Stile Rohstoffe abgebaut werden, wird sich auch sein Antlitz verändern. Und da ist schon die Frage aufgeworfen, ob wir das eigentlich wollen.“

Dossier zum Mondlandungs-Jubiläum

Die BNN würdigen den 50. Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung mit einem Countdown und vielen Artikeln in der gedruckten Zeitung und auf bnn.de. Alle Inhalte gibt es hier im Online-Dossier .



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