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Unsicherheit bei Impfberechtigten

Astrazeneca wird nur noch über 60-Jährigen geimpft: Karlsruhe erwartet Lieferung und macht über Ostern weiter

Ausgesetzte Astrazeneca-Impfungen, eine lange Warteliste und keine Terminübersicht: Der Frust bei manchen Impfberechtigten wächst. Vor den Osterfeiertagen können zumindest manche offenen Fragen beantwortet werden.

Manche Bundesländer setzen die Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff für Menschen unter 60 Jahren aus. Die Ständige Impfkommission hatte das aufgrund derzeit vorliegender Fakten empfohlen.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt den Astrazeneca-Impftstoff nur noch für Personen ab 60 Jahren. Die Gesundheitsminister haben beschlossen, dieser Empfehlung zu folgen. Foto: Felix Kästle/dpa

Sechs Wochen lang hatte Heinz Zumkeller Geduld. Solange schon steht er wie etwa 120.000 weitere Menschen über 80 Jahren auf der Warteliste für eine Impfung – und wartet weiter auf diese. Nun liest Zumkeller Nachrichten, die Liste sei bis Ende März abgearbeitet, die Betroffenen erhielten Termine. „Und ich kenne mindestens fünf Leute, die in der Zwischenzeit geimpft worden sind“, sagt der Mann aus Karlsruhe.

Maximal vier Anrufversuche unternehme man, habe ihm ein Hotline-Mitarbeiter vor Wochen gesagt. Also hatte der 80-Jährige das Handy immer bei sich – ein Anruf kam nie. „Diese Liste wurde nie ganz abgearbeitet“, ärgert sich Zumkeller. Einen neuen Termin habe er sich nicht organisieren können. Die Hotline habe er nicht erreicht, und online habe es selbst spät am Abend nicht geklappt. „Und irgendwann brauche ich meine Nachtruhe.“ Nach sechs Wochen ist Zumkeller sauer. „So, wie es lief, ist es eine Katastrophe“, sagt er.

Der Großteil der 120.000 Menschen auf der Warteliste hat laut Sozialministerium mittlerweile ein Impfangebot bekommen. Aber ein Sprecher sagt: „Bei einzelnen Zentren mit sehr langer Warteliste kann es sein, dass Menschen auf der Liste erst in den kommenden Tagen einen Anruf erhalten.“

An Ostern wird grundsätzlich weiter geimpft.
Sprecher aus dem Sozialministerium

Zumkeller ist nicht der einzige BNN-Leser, der sich um seinen Impfung sorgt. Immer wieder erreichen die BNN Fragen und Hinweise, auch Kritik am Vorgehen der Politik.

Karlsruhe erwartet eine Astrazeneca-Lieferung

Für Ärger über das BNN-Verbreitungsgebiet hinaus sorgte die Meldung, wonach manche Kreisimpfzentren über Ostern schließen. „An Ostern wird grundsätzlich weiter geimpft“, betont ein Sprecher des Sozialministeriums. Nur würden einzelne Impfzentren den vorhandenen Impfstoff auf andere Tage verteilen. „Daher gibt es am Ende überhaupt keinen Grund zur Verärgerung.“

Die Impfzentren in Karlsruhe in der Messe sowie in der Schwarzwaldhalle haben über Ostern geöffnet, sagt eine Stadtsprecherin. „Nach aktuellem Planungsstand“, betont sie aber. „Es hängt natürlich von den Impfstoff-Lieferungen ab.“ Für kommende Woche erwarte man auch eine Astrazeneca-Lieferung.

Genau dieser Impfstoff könnte zum Problem werden. Die Ständige Impfkommission hat empfohlen, dass nur noch über-60-jährige Frauen und Männer in Deutschland mit Astrazeneca geimpft werden sollen. Die Impfkommission begründet das mit derzeit verfügbaren Fakten.

Beschluss zu Astrazeneca am Dienstag gefallen

Am Abend haben Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder über den weiteren Umgang mit dem Astrazeneca-Impfstoff beraten. Zuvor hatte die Ständige Impfkommission bereits ihre Altersempfehlung verändert.

Der Astrazeneca-Impfstoff wird nun nur noch für Menschen über 60 Jahre empfohlen. Allerdings soll der Einsatz auch bei Jüngeren „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich“ bleiben.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schlug vor, die Impfreihenfolge für dieses Vakzin komplett aufzulösen. „Irgendwann wird man bei Astrazeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren müssen und sagen müssen: Wer will, und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben“, sagte er.

Das Land Berlin und die Stadt München haben bereits Impfungen für Unter-60-Jährige ausgesetzt. Das Land Baden-Württemberg wolle nach der Stellungnahme der Impfkommission landesweit agieren, sagt eine Sprecherin der Stadt Karlsruhe.

Extra-Lieferung vom Bund an Grenzländer Baden-Württemberg nicht dabei

Von einer jüngsten Extra-Lieferung des Bundes an Bundesländer in Grenzgebieten hat Baden-Württemberg nicht profitiert. So erhielt Bayern über 100.000 Dosen, Sachsen über 90.000. Dies aufgrund des hohen Inzidenzwertes im Nachbarland Tschechien.

Ins Saarland wurden über 80.000 Dosen, nach Rheinland-Pfalz über 20.000 Dosen geliefert. In diesem Fall wolle man verhindern, dass die im nahen französischen Département Moselle verbreitete südafrikanische Virusmutante durch Pendlerströme in deutsche Unternehmen gefährlich wird. Baden-Württemberg grenzt nicht direkt an das Département.

Vor den Osterfeiertagen bleiben einige Fragen offen – auch die Frage nach einer Übersicht für Impftermine. Die wäre aufgrund der Knappheit der Termine von Impfberechtigten gewünscht. Sie müssen online derzeit mühsam jedes Impfzentrum einzeln auswählen. Erst dann kann man überhaupt prüfen, ob Termine frei sind.

Entsprechende Initiativen, wie die Impfterminübersicht der BNN oder das Hobby-Projekt „Impfterminmonitor“, werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung blockiert. Deren IT-Dienstleister KV Digital betreibt die Terminbuchungsplattform Impfterminservice.de.

Übersicht über Impftermine wird zum Katz-und-Maus-Spiel

Die notwendigen automatischen Abfragen der Vermittlungscodes würden aus Sicherheitsgründen gesperrt, teilt der IT-Dienstleister KV Digital auf Anfrage mit.

Derzeit läuft daher ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen findigen Programmierern und den Betreibern der Impfterminplattform. „Uns ist bewusst, dass eine Übersicht über verfügbare Termine die Nutzerfreundlichkeit erhöht“, teilte Ministeriumssprecher Florian Mader bereits Mitte März auf BNN-Anfrage mit. Er machte leise Hoffnung, dass es bald eine offizielle Terminübersicht geben könnte.

Baden-Württemberg kann allerdings nicht im Alleingang über eine solche Erweiterung entscheiden. Noch fünf weitere Bundesländer nutzen Impfterminservice.de. Laut Ministerium und KV Digital laufen derzeit Abstimmungen zwischen den Ländern.

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