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Corona prägt die erste Sitzung des Landtags

Bei der ersten Sitzung des neuen Landtags bleiben die Abgeordneten weitgehend unter sich

Nächste Etappe der Regierungsbildung: Am Dienstag trat der neugewählte Landtag zusammen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eröffnete ihn in einer ungewöhnlichen Rolle als Alterspräsident.

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Neue Rolle für einen Tag: Winfried Kretschmann (Grüne) eröffnet als lebens- und dienstältester Abgeordneter die konstituierende Sitzung des Landtags Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Es hat was von Rückkehr aus dem Urlaub. Fröhliche Gespräche, Wiedersehensfreude in den Gängen, neue Abgeordnete zücken ihre Handys und machen Selfies. Und doch ist die konstituierende Sitzung des Landtags anders als alle Auftaktsitzungen zuvor. Denn die erste Adresse für die allermeisten ist die Corona-Teststation.

Auch dort lässt sich gratulieren, die künftige Justizministerin Marion Gentges (CDU) bekommt Glückwünsche von Parteifreunden. Normalerweise würde der Landtag an diesem besonderen Tag vor Besuchern nur wimmeln. Gäste sind nur ganz wenige zugelassen, auch keine Vertreter des öffentlichen Lebens. Die Besuchertribüne wird wegen den Corona-Abständen für Abgeordnete gebraucht, die nicht im Plenum Platz nehmen können, sowie eine begrenzte Zahl von Medienvertretern.

Frau Kretschmann sorgt sich um ihren Mann

Unter den wenigen Gästen ist Gerlinde Kretschmann, die Ehefrau des Ministerpräsidenten. Sie wird freudig begrüßt vom Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz: „Gerlinde, wie geht es dir?“ Wenige Wochen vor der Landtagswahl hatte Winfried Kretschmann die Brustkrebserkrankung seiner Frau öffentlich gemacht.

Nach dem Corona-Test gibt sie Einblick in ihr Gemütsleben. Dieser Tag sei für sie ein „freudiges Erlebnis“. Sie sei aber traurig, dass er unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinde. Und mit einem launigen Blick auf ihren Ehemann: „Alterspräsident zu sein fühlt sich würdig an, aber auch ein bisschen alt.“ Und ihr Gesundheitszustand? „Ich bin sehr zufrieden“. OP und Bestrahlung habe sie gut überstanden, nun sei sie in der Reha. Sorgen macht sich Gerlinde Kretschmann eher über ihren Ehemann: „Ich hoffe, dass er mal ein paar Tage abschalten kann“.

Dann ist Zeit für grundsätzliche Worte: Winfried Kretschmann eröffnet als dienstältester Abgeordneter die Sitzung, betont ausdrücklich die Rolle des Parlaments. „Das Parlament ist vor der Regierung da.“ Der zum achten Mal als Abgeordneter wiedergewählte Grünen-Politiker blickt in die Zukunft. Er hoffe, dass sich „Diffamierungen und Beschimpfungen wie beim letzten Mal, die in dieser Form neu waren, nicht wiederholen“. Beifall im ganzen Haus, außer bei der AfD.

Parlamentspräsidentin wiedergewählt

130 Abgeordnete votieren anschließend für Parlamentspräsidentin Mutherem Aras (Grüne), die damit ihre zweite Amtszeit antritt. Sie bekommt 18 Gegenstimmen. Sie mahnt Zukunftsgerechtigkeit an. „Welchen Weg junge Menschen morgen einschlagen, liegt an unseren Entscheidungen heute“.

Danach gibt es einen kleinen Vorgeschmack auf künftige Debatten. Es geht um die Wahl von zwei Vizepräsidenten. Die CDU schickt den einstigen Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Reinhart für den ersten Vize ins Rennen, die SPD für den zweiten Vize Daniel Born aus Schwetzingen. Die Fraktionen hatten sich geeinigt, den Beschluss von 2016 zu korrigieren, nur noch einen Vizepräsidenten zu wählen.

Nun soll der zweite Vizeposten wieder wie einst der größten Oppositionspartei zugute kommen, also dieses Mal der SPD. 2016 war die AfD die größte Oppositionspartei. Anton Baron geißelt für die AfD diesen Beschluss und stellt einen Geschäftsordnungsantrag, dass der Vizepräsident „aus der ,Mitte der Opposition’ gestellt wird“. Die zusätzlichen Kosten seien niemandem zu vermitteln. Der zweite Vizepräsidentenposten solle gestrichen werden.

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz begründet die Stellenmehrung mit der gewachsenen Zahl an Abgeordneten. Er blickt auf die rechte Seite des Plenums: „Es gibt noch einen anderen Punkt, und der liegt bei Ihnen. Die Sitzungsleitung ist erheblich anstrengender. Die Sitzungskultur ist durch den Einzug der AfD negativ belastet“, sagt Schwarz, was heftige Unmutsbekundungen und Zwischenrufe bei den so Gescholtenen auslöst. Der Antrag der AfD wird mit großer Mehrheit abgelehnt, Reinhart und Born werden mit großen Mehrheiten gewählt.

Jüngste Abgeordnete aus Ettlingen

Auf der Tribüne hört neugierig die frischgebackene FDP-Landtagsabgeordnete Alena Trauschel zu. Die Studentin aus Ettlingen ist mir ihren 22 Jahren die jüngste Parlamentarierin. „Ich freue mich unheimlich.“ Und weiter: „Ich bin gespannt, was die kommenden fünf Jahre auf mich zukommt.“ Aber auch sie muss auf begleitende Freunde oder Familie verzichten: „Meine Mutter schaut im Livestream zu“, sagt die Studentin.

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