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Geringere Nachfrage wegen Online-Vorlesungen

Bleiben die Studentenwohnheime zum Semesterstart leer?

Verschobener Semesterstart, Online-Vorlesungen, fehlende Nebenjob-Einnahmen: Das Coronavirus wirbelt für viele Studenten in Karlsruhe und Pforzheim nach dem Sommer- auch das Wintersemester durcheinander. Das führt zu weniger Konkurrenz um Unterkünfte.

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„Vorsichtig optimistisch”: Joshua Bachmeier und Matthias Langen aus dem Vorstand des Hadiko-Vereins hoffen auf weitere Bewerber. In dem Wohnheim im Karlsruher Osten waren im August 80 Zimmer frei. Foto: jodo

Die Corona-Krise wirkt sich auf den studentischen Wohnungsmarkt in Karlsruhe und Pforzheim aus: Er ist nicht ganz so überlaufen wie sonst um diese Zeit. Dabei wollen viele Hochschulen neben den coronabedingten Online- auch Präsenz-Veranstaltungen anbieten - soweit das möglich ist.

Tarek Mohamed wohnt derzeit noch im Hans-Wolfgang-Heidland-Haus in der Karlsruher Oststadt, einem Studentenwohnheim der Evangelischen Kirche. „Ich wollte schon länger umziehen, aber jetzt ist es gerade praktisch, weil es einfacher ist zu suchen”, erklärt er. Zum 1. Oktober hat der 22-jährige Mechatronik-Student sein Zimmer gekündigt und schaut sich nach einer Wohngemeinschaft um.

Ich habe das Gefühl, es gibt momentan viel Auswahl.
Fabian Bohnacker, Student auf Wohnungssuche

Viele WGs hätten ihm erzählt, dass sie deutlich weniger Anfragen als sonst hätten. „Ich habe das Gefühl, es gibt momentan viel Auswahl, auch Günstiges”, bestätigt ihn sein Mitbewohner Fabian Bohnacker, der ebenfalls eine neue Bleibe sucht, weil sein Mietvertrag ausläuft.

Die Gründe für weniger Interesse an Wohnräumen sind unterschiedlich: Studienanfänger haben ihre Hochschul-Zusagen wegen einer längeren Bewerbungsfrist gerade erst bekommen, andere ziehen aus Vorsicht oder um Geld zu sparen zurück zu den Eltern und ausländische Studenten können teils gar nicht einreisen.

Das Studierendenwerk Karlsruhe betreibt in der Fächerstadt 20 Wohnheime mit mehr als 2.200 Plätzen. Die seien momentan alle vergeben, sagt Irina Rolfes vom Studierendenwerk. In Pforzheim bietet das Werk rund 500 Plätze in fünf Wohnheimen an. Dort sind noch Zimmer verfügbar.

In Pforzheims Wohnheimen wird es leere Zimmer geben

„In normalen Jahren haben wir in Pforzheim eine Belegung von 100 Prozent. In der aktuellen Situation werden Leerstände voraussichtlich nicht zu vermeiden sein”, so Rolfes. Mieterhöhungen plane das Studierendenwerk aber derzeit nicht.

Tarek und Fabian haben in ihrem Wohnheim beobachtet, dass viele Studenten während des Sommersemesters zurück zu den Eltern gegangen sind. Langsam fülle sich das Haus aber wieder. Auch für ihre Zimmer gebe es schon Nachmieter.

Für die Wohnheime des Karlsruher Studierendenwerks stünden momentan deutlich über 1.000 Studenten auf Wartelisten, das seien aber nur die Hälfte der Wartenden in Jahren ohne Pandemie, teilt Rolfes mit.

Zimmer-Angebote bleiben lange online

Das Studierendenwerk bietet zudem eine Zimmervermittlung an. „Das Angebot an Privatzimmern ist etwas größer geworden”, sagt Rolfes. Momentan stehen in Karlsruhe rund 130 Zimmer und kleine Wohnungen zur Auswahl, in Pforzheim keins.

Tarek und Fabian haben ihre Suche bislang auf ein Internetportal für WGs begrenzt. „Viele Angebote bleiben lang online. Ich hatte schon im Sommer geschaut und da sind die Zimmer teilweise noch immer ausgeschrieben”, sagt Tarek. Fabian ist optimistisch: „Man findet auf jeden Fall was.”

An den Hochschulstandorten Offenburg und Kehl sind noch zwischen fünf und zehn Prozent der Plätze in den Wohnheimen des Studierendenwerks Freiburg-Schwarzwald frei. „Normalerweise sind sie um diese Zeit schon voll, vermutlich werden sie das dieses Jahr erst zum 1. Oktober sein”, teilt das Studierendenwerk mit.

Geschäftsführer Clemens Metz berichtet, dass einige ausländische Studenten auf den Wartelisten stünden, die noch auf ein Visum warten. Zudem seien Mieter in Kehl vom Vertrag zurückgetreten, nachdem die Hochschule mitgeteilt hatte, dass es weniger Präsenzveranstaltungen als geplant geben werde.

Wohnheim hebt Bewerbungsfrist auf

Sowohl in Karlsruhe als auch in Pforzheim gibt es Wohnheime anderer Träger, beispielsweise das Hans-Dickmann-Kolleg, genannt Hadiko, im Karlsruher Osten. Wegen der Corona-Krise ist die Bewerbungsfrist dort aufgehoben. Denn von den 1.000 Zimmern waren im August 80 leer.

„Eigentlich sind wir sonst immer voll belegt”, sagt Hadiko-Vorsitzender Joshua Bachmeier. Man sei „vorsichtig optimistisch”, dass bis zum Oktober alle Plätze vergeben werden können. Den Mietausfall könne ein gemeinnütziger Träger nicht über eine lange Zeit hinweg wegstecken, so Bachmeier.

Wie das Hadiko wird auch die Insterburg in der Waldstadt vom Studentenwohnheim e. V. getragen. Der Haussprecher berichtet, dass trotz weniger Bewerbungen die Zimmer alle vergeben seien. „Das größte Problem hatten wir mit dem Zimmerkontingent für Austauschstudenten, da die meisten Austauschprogramme entweder ausgefallen sind oder weniger Plätze zu bieten haben.”

Initiativanfragen haben in Pforzheim zugenommen

Das Jugendgästehaus der Caritas Pforzheim bietet Zimmer an. Die rund 50 Plätze sind derzeit alle an Azubis vergeben, Anfragen gab es dieses Jahr sogar mehr als sonst. „Studierende wohnen in der Regel nur in den Ferien bei uns. Diese kommen dann häufig aus dem Ausland. Seit Corona sind aber Auslandsanfragen quasi auf Null zurückgegangen”, berichtet Caritasdirektor Frank Johannes Lemke.

Viel mehr Fluktuation und Nervosität gebe es unter den Studierenden, beobachtet Gunther Zaiss vom Studentenwohnheim in der Holzgartenstraße in Pforzheim. Manche zögen zu den Eltern zurück, andererseits hätten die Initiativanfragen zugenommen, nachdem schon alle 47 Zimmer belegt waren. „Einige sind kaum noch da und vor allem zu Hause, die anderen sind viel mehr da und leben ihre erste Unabhängigkeit”, berichtet Zaiss.

Corona scheint kaum Abiturienten davon abzuhalten, mit dem Studium zu beginnen: „Die Bewerberzahlen sind insgesamt leicht zurückgegangen, sind aber in den meisten Studiengängen nach wie vor auf hohem Niveau”, teilt Annika Borchers von der Pressestelle der Hochschule Pforzheim mit. Fünf Prozent weniger Bewerbungen auf Studienplätze verzeichnet die Hochschule Karlsruhe im Vergleich zum vorherigen Wintersemester.

Für Master-Studiengänge sei die Zahl der Bewerber sogar um 13 Prozent gestiegen, teilt Holger Gust aus der Pressestelle mit. An der PH Karlsruhe ist es ähnlich: „Wir haben im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus beim Grundschullehramt und ein leichtes Minus bei den anderen Studiengängen”, sagt Pressesprecherin Regina Schneider.

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