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Kolonialismus

Debatte um geraubte Kunst: König besucht Museum in Stuttgart

Baden-Württemberg besitzt zahlreiche Kunstwerke, die das deutsche Kolonialreich einst aus Afrika raubte. Ein König will nun über deren Rückgabe verhandeln.

Verschiedene Reliefplatten aus Nigeria im Stuttgarter Linden-Museum, das etwas mehr als 60 Benin-Bronzen in seiner Sammlung hat.
Das Stuttgarter Linden-Museum hat weiterhin Raubgut aus der Zeit des Kolonialismus in seinem Bestand. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Nach der Einigung über die Rückgabe von geraubten Objekten an Nigeria berät die baden-württembergische Landesregierung weiter über kunstvolle Gegenstände aus dem heutigen Kamerun. Deshalb besucht der König des Volkes der Nso am heutigen Donnerstag das Linden-Museum in Stuttgart. Dabei will der Fon, so die Bezeichnung der Nso für ihren König, dem Anliegen seines Volkes aus dem Nordwesten Kameruns Nachdruck verleihen und Gespräche führen. Fon Sehm Mbinglo I. hatte zuvor die Rückgabe königlicher Objekte eingefordert.

„Das Rückgabeersuchen wird nach derzeitigem Wissensstand vorwiegend die königlichen und kultischen Objekte von Kumbo in der Nordwestprovinz Kameruns umfassen“, teilte das baden-württembergische Wissenschaftsministerium dazu mit. Derzeit sei noch nicht bekannt, um wie viele Objekte es sich handelt. Auch habe das Land noch keine Rückgaben zugesagt.

Land ist offen für Rückgabe

Bei seinem ihrem Besuch wollen sich der Fon und seine Delegation nach Angaben des Linden-Museums die in der Ausstellung „Wo ist Afrika?“ zu sehenden Stücke sowie weitere Werke aus dem Magazin anschauen. Am Nachmittag ist ein Gespräch mit Vertretern des Wissenschaftsministeriums und mit der Direktorin des staatlichen Museums für Völkerkunde, Ines de Castro, geplant.

„Es ist uns eine Freude, dass der Fon von Bui mit seiner Delegation die Objekte im Linden-Museum nun direkt in Augenschein nimmt – wir heißen ihn herzlich in Stuttgart willkommen“, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne). Die Haltung des Landes sei klar: „Rückforderungen von Kulturgütern, die im kolonialen Kontext in heute nicht mehr vertretbarer unethischer Weise erworben wurden, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber“, sagte sie der dpa. Der Besuch des Fon und seiner Delegation könne Auftakt sein „für einen intensiven Austausch mit den Antragstellenden“, sagte sie.

Deutsches Reich unterdrückte die Nso

Das Linden-Museum hat nach früheren Angaben des Ministeriums insgesamt rund 45 Objekte aus der Region in seinem Bestand, darunter Ketten sowie Hauben und einen Thronhocker. Im vergangenen Juni hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereits beschlossen, die Statue Ngonnso zurückzugeben. Die Figur stammt aus dem historischen Königreich Nso’ und kam 1903 als Teil der Schenkung des Kolonialoffiziers Kurt von Pavel in die Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen nach Berlin. Die Ngonnso hat eine zentrale Rolle für die Nso als Muttergottheit.

Als Kolonie war Kamerun von 1884 bis 1916 ein Teil des Deutschen Reiches. Die zunächst freundlichen Kontakte zwischen den Nso und den deutschen Expeditionstruppen gestalteten sich allerdings zunehmend feindlich. Letztlich schlugen die Europäer sämtliche Aufstände und Widerstände der Nso nieder. Während der Kolonialzeit musste die Bevölkerung ein neues System der Besteuerung, Verwaltung und Arbeit erdulden.

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