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880 Corona-Verfahren in Karlsruhe

Eilanträge und Verfahren: Karlsruher Verfassungsgericht meldet Rekordjahr

Die Einschränkungen von Grundrechten in der Corona-Pandemie haben im vergangenen Jahr das Bundesverfassungsgericht stark beschäftigt. In diesem Jahr stehen in Karlsruhe einige wichtige Urteile zu kontroversen Themen an.

Mit Corona-Beschwerden stark ausgelastet: Die „roten Roben“ am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mussten 2020 eine Rekordanzahl an Eilanträgen bewältigen.
Mit Corona-Beschwerden stark ausgelastet: Die „roten Roben“ am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mussten 2020 eine Rekordanzahl an Eilanträgen bewältigen. Foto: Uli Deck picture alliance/dpa

Die Corona-Krise hat dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im vergangenen Jahr eine Flut von neuen Verfahren beschert. Insgesamt über 880 Anträge mit Bezug zur Pandemie haben die Verfassungshüter erreicht, dazu zählten über 240 Eilanträge.

Von den insgesamt 5.361 entschiedenen Verfassungsbeschwerden sind mit 111 rund zwei Prozent erfolgreich gewesen, teilte das Gericht in seinem Jahresbericht 2020 mit, der erstmals frei veröffentlicht wurde. Er kann im Internet unter https://jahresbericht.bundesverfassungsgericht.de gelesen werden.

Ein „erheblicher pandemiebezogener zusätzlicher Arbeitsanfall“: So beschreibt Gerichtspräsident Stephan Harbarth das erste Corona-Jahr für sich und seine etwa 270 Arbeitskollegen. Wegen der zahlreichen Grundrechtseinschränkungen bei der Eindämmung der Infektionswellen hatten sich außergewöhnlich viele Menschen „nach Karlsruhe“ gewandt.

Die 240 Eilanträge markieren demnach einen neuen Rekord. Im Jahr zuvor waren beim Gericht 194 reine Eilanträge eingegangen, und das war schon einer der höchsten Werte überhaupt.

Viele Verfahren betrafen die Versammlungsverbote

Besonders viele coronabedingte Verfahren betrafen die Versammlungsverbote nach dem Infektionsschutzrecht. Die Versuche ihrer Aufhebung scheiterten nach Darstellung des Gerichts häufig an formalen Hürden, zum Beispiel weil die Antragsteller zuvor nicht alle Möglichkeiten der zuständigen Fachgerichte ausgeschöpft hatten. In anderen Fällen habe der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit in Karlsruhe schwerer gewogen als die Versammlungsfreiheit.

Viel beschäftigt waren die Verfassungshüter auch mit Anträgen, die eine Aufhebung der wegen der Pandemie verhängten Verbote von Gottesdiensten und Einschränkungen im Schulbetrieb gefordert haben. Hier waren einige Antragsteller erfolgreich. Dagegen sagte das Gericht Nein zu den Bemühungen, in Einzelfällen die Maskenpflicht zu beenden oder die Öffnung von Fitnessstudios und Gaststätten zu erzwingen. Umgekehrt haben im vergangenen Jahr auch einige Bürger gegen die Lockerung von Corona-Schutzmaßnahmen geklagt. Sie kamen damit jedoch in Karlsruhe nicht weit.

Gericht arbeitete 2020 im Wechselschichtbetrieb

Die Zahl der Eilanträge und Verfassungsbeschwerden bildet nur einen Ausschnitt ab. Denn nicht alle Eingänge erfüllen die Voraussetzungen, um an die Richter weitergeleitet zu werden. Diese Anträge landen im sogenannten Allgemeinen Register.

Nach Darstellung des Gerichtspräsidenten Harbarth wurde 2020 in Karlsruhe mit über 10.000 Gesamteingängen ein neuer Höchststand erreicht. Neben der hohen Arbeitslast sei die Arbeit der Richter noch durch die Pandemie zusätzlich erschwert worden. Trotz der Herausforderungen im neu eingeführten Wechselschichtbetrieb schaffte es das Gericht dennoch unter den Corona-Bedingungen, die Zahl der aus den Vorjahren anhängig gebliebenen Verfahren etwas zu verringern.

Masern-Impfung und Kinderehen bald auf dem Prüfstand

Zu den wichtigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 2020 zählen laut dem Jahresbericht die Urteile zum Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank, der Suizidhilfe, dem Kopftuchverbot für Referendarinnen und der Überwachung von Ausländern durch den Bundesnachrichtendienst.

In diesem Jahr haben sich die Karlsruher Richter unter anderem die kontroversen Themen Masern-Impfung, Kinderehen, Klimaschutz und „Berliner Mietendeckel“ vorgenommen.

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