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Mutmaßliche sexuelle Belästigung

Ermittlungen gegen ehemaligen Polizeiausbilder

Ein Ausbilder, der seine Machtstellung ausnutzt, um sich betrunkenen Polizeischülerinnen aufzudrängen? Neue Vorwürfe werfen ein schlechtes Licht auf die Polizei im Südwesten. Die Staatsanwaltschaft nimmt die Anschuldigungen ernst.

„Polizei“ steht auf der Uniform eines Polizisten.
Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob und welche Straftatbestände in Betracht kommen. Foto: Jens Büttner/zb/dpa/Symbolbild

Die Justiz ermittelt gegen einen ehemaligen Ausbilder der baden-württembergischen Polizei. Man habe aufgrund eines anonymen Schreibens ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart am Mittwoch. Darin würden gegen einen ehemaligen Ausbilder einer Polizeischule Vorwürfe erhoben. Konkretere Angaben machte die Staatsanwaltschaft nicht.

Man prüfe nun, ob und welche Straftatbestände in Betracht kämen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Da die mutmaßlichen Taten schon weiter zurücklägen, werde auch geprüft, ob sie mittlerweile verjährt seien. Die „Stuttgarter Zeitung“ hatte zunächst über den Fall berichtet.

In dem an die Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz gerichteten Brief wirft eine Beamtin dem inzwischen pensionierten Polizisten demnach vor, sich als Ausbilder systematisch jungen Polizeischülerinnen genähert zu haben.

Er soll bei Festen regelmäßig Kontakt zu angetrunkenen jungen Beamtinnen gesucht haben, teilweise hätten diese die Feier dann mit ihm verlassen. Die Vorfälle hätten sich demnach an der Landespolizeischule in Böblingen ereignet. Dem Ausbilder sei der Ruf vorausgeeilt, es könne von Vorteil sein, wenn junge, hübsche Polizeischülerinnen „nett“ zu ihm seien.

Bereits Wirbel um Verdacht der sexuellen Belästigung im November

Dabei sorgte bereits seit November ein weiterer Fall wegen Verdachts der sexuellen Belästigung für Wirbel bei der Polizei. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt dabei gegen einen führenden Polizisten der baden-württembergischen Polizei. Der Mann soll eine Hauptkommissarin dem Vernehmen nach in einem Videochat mit seinen Vorstellungen sexueller Praktiken belästigt haben.

Das Innenministerium im Stuttgart hatte die Vorwürfe einer Mitarbeiterin des Landespolizeipräsidiums gegen den sehr hochrangigen Beamten an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Der Mann könnte demnach seine Stellung als Amtsträger missbraucht haben. Gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Die Bürgerbeauftragte des Landes, Beate Böhlen, sieht sich als Anlaufstelle auch für solche Fälle übergangen. Nachdem die Sex-Vorwürfe im November an die Öffentlichkeit gedrungen seien, habe das Innenministerium in einem Mitarbeiterbrief zwei Anlaufstellen im Ministerium benannt – nicht aber sie selbst als Bürgerbeauftragte, kritisierte sie.

Dabei könne man sich vertrauensvoll an sie wenden, ohne den Dienstweg einzuhalten, sagte Böhlen. Zudem müsse sie nicht zwingend die Strafverfolgungsbehörden einschalten.

Böhlen ist eine Anlaufstelle für Betroffene und Opfer aus der Polizei. 42 Fälle von Polizistinnen und Polizisten habe man seit 2017 aufgenommen, berichtete sie.

Oft handle es sich bei den Fällen um Vorgesetzte, die ihre Macht missbrauchten. Auch die Diskriminierung von Frauen und Menschen mit Behinderung sei ein Thema. Es gebe strukturkonservative Polizeipräsidien, in denen ein „falsch verstandener Korpsgeist“ immer noch sehr hochgehalten werde. Fälle sexueller Belästigung habe sie aber noch nicht auf ihren Tisch bekommen, sagte sie.

Gewerkschaft der Polizei spricht von „katastrophalen Schlagzeilen“

„Die Schlagzeilen, die die Polizei produziert hat, sind für unser Ansehen katastrophal“, schimpfte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Gundram Lottmann.

Er ermunterte weibliche Beamte, bei solchen Vorfällen Anzeige zu erstatten. „Es gibt klare Werte – da gibt es keinen Millimeter, den wir dulden.“ Ein systemisches Problem sieht er aber nicht bei der Polizei. Das interne System der Aufklärung und Betreuung der Opfer funktioniere. Es seien Einzelfälle – diese seien aber „verheerend in der Außenwirkung“. Allerdings könnten mehr Fälle im Rahmen des aktuellen Falls rund um den Ausbilder ans Licht kommen.

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