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Kein Frust in Rust

Europa-Park dementiert große Personalnot – andere Parks sprechen von einer Katastrophe

Hinter Achterbahn, Streichelzoo, Karussell und heißen Waffeln stehen Menschen, die das ermöglichen. Der Branche fällt es immer schwerer, Mitarbeiter zu finden. Nur der Europa-Park scheint kein Problem zu haben.

Der Haupteingang des Europa-Parks in Rust.
Der Europa-Park in Rust verkauft derzeit weniger Tickets, als er Besucherkapazitäten hätte. Foto: Patrick Seeger/dpa

Das Gastgewerbe stöhnt und in der Hotellerie sieht es nicht besser aus. Vorne und hinten mangelt es an Arbeitskräften. Dass der Personalmangel jetzt auch den großen Freizeitparks zu schaffen macht – wen wundert das?

„Es ist eine Tragödie, die sich durch alle Unternehmen der Freizeit- und Tourismusbranche zieht“, sagt Jürgen Gevers, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen. Corona habe die Betriebe hart getroffen. „Sie mussten als erste schließen und durften als letzte wieder öffnen.“ Es gebe kaum ein Unternehmen, das nicht unter Personalnot leide – und das kurz vor der Hochsaison in der Ferienzeit.

Nur beim größten deutschen Freizeitpark, dem Europa-Park in Rust, scheint man nicht sonderlich unter Personalnot zu leiden. Die Probleme halten sich nach Angaben des Parks in Grenzen. „Innerhalb der Branche sind wir personell bereits gut aufgestellt“, berichtet Sprecherin Diana Reichle und dementiert anderslautende Medienberichte, wonach die Besucheranzahl wegen des Personalmangels gedeckelt worden sei.

Tripsdrill braucht noch Saisonkräfte

Auch beim deutlich kleineren Park Tripsdrill in Cleebronn hält sich die Personalnot offenbar in Grenzen. „Aktuell arbeiten bei uns rund 300 Personen“, informiert Pressesprecher Birger Meierjohann.

Das ist viel im Vergleich zur Nebensaison, wo ganzjährig nur rund 100 Personen im Park arbeiten. Für die Sommerferien würden täglich allerdings 450 Helfer gebraucht. „Gerade bei den Saisonkräften in der Gastronomie haben wir noch offene Stellen“, räumt Meierhofer ein.

In anderen Parks jedoch seien die Öffnungszeiten verkürzt worden, sagt Verbandsmann Jürgen Gevers. Personal fehle an allen Ecken und Enden – von Kassiererinnen über Reinigungskräfte bis hin zu Menschen für die Bedienung der Fahrgeschäfte.

Zum Teil gingen auch Umsätze verloren, weil nicht mehr alle kulinarischen Angebote erhältlich seien, sagt er. Die gute Nachricht für die Besucher sei aber: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Eintrittspreise infolge der Personalknappheit erhöht werden müssten.“

Schwabenpark lockt Bewerber mit vielen Vorteilen

Beim Schwabenpark in Kaisersbach werden potenzielle Mitarbeiter umworben und mit allerlei Vorteilen angelockt. Dies sei in der Branche üblich, meint Schwabenpark-Sprecher Marcel Bender.

„Man buhlt geradezu um Mitarbeiter – Parks bieten kostenlose Parkplätze, einen Vertrag mit einem Fitnessstudio oder Massagen an.“ In seinem Park gebe es für die Mitarbeiter freies Mittagessen. Überdies würden gerade vier weitere günstige Mitarbeiterwohnungen gebaut.

Im Schwabenpark hat man den Bewerbungsprozess nach eigenen Angaben radikal entschlackt. Auf Lebenslauf, Anschreiben und Profi-Foto wird verzichtet. Der Bewerber muss lediglich die ihn interessierende Stelle und sein aktuelles Beschäftigungsverhältnis nennen. „Die Personalchefin macht dann einen Termin aus und manche haben danach schon einen Vertrag in der Tasche“, erläutert Bender.

Fakt ist: Europa-Park lässt weniger Besucher rein als möglich

Die Frage nach der aktuellen Personalsituation beantwortet der Europa-Park nicht. Nur so viel: Im Rahmen der Corona-Pandemie sei es zu einer Delle gekommen.

„Aber wir haben uns davon gut erholt und haben wieder ein breit aufgestelltes Angebot für Aushilfen bei uns im Unternehmen. Bei der Nachfrage haben wir unsere Aktivitäten stark ausgeweitet und sind dadurch in der Lage, zahlreiche Aushilfen zu gewinnen. Für den Start der Sommerferien sind aber auch noch einige Plätze frei, die es zu besetzen gilt“, so die Sprecherin.

Fakt ist aber, dass man in Rust im Moment nicht so viele Besucher und Besucherinnen in den Park lässt, wie eigentlich hinein könnten. Doch von einer Deckelung der Ticketverkäufe wegen Personalmangels will Sprecherin Reichle nicht sprechen.

Sie räumt ein, dass man die Besucherzahlen mit Hilfe der Online-Tickets im Blick behalte – dies geschehe aber lediglich, um „Engpässe im Blick zu behalten“ und „Besucheranstürme zu vermeiden.“

Tripsdrill musste einzelne Gastro-Bereiche schließen

Die schwierige Lage im Bereich der Gastronomie hat in Tripsdrill dazu geführt, dass einzelne Gastro-Stationen in den ersten Saisonwochen geschlossen bleiben mussten.

„Seitdem hat sich die Personalnot aber deutlich gebessert“, so der Parksprecher. Im Europa-Park waren Schließungen nicht nötig. Man habe es „neuen Systemen“ in der Gastronomie zu verdanken, dass man den Besuchern ein „optimales Angebot“ machen konnte.

Ohne ausländische Mitarbeiter wäre die Lage noch schwieriger, sagt Birger Meierjohann vom Erlebnispark Tripsdrill in Cleebronn. Gute Erfahrungen habe man mit einer Agentur, die Kräfte aus Tunesien schickt.

Studenten aus Kirgistan, Georgien und Bosnien helfen in der Hochsaison aus. Zu Anfang der Saison waren mangels Mitarbeitern noch einzelne Stationen für den Verkauf von Snacks geschlossen. Das Unternehmen sei zuversichtlich, bis zur Hochsaison die erforderlichen 450 Stellen besetzen zu können.

Verbandssprecher fordert Politik zum Handeln auf

Der Europa-Park hat bereits 25 ukrainische Flüchtlinge eingestellt. „Das klappt sehr gut und wir rechnen noch mit weiteren erfolgreichen Einstellungen“, so die Sprecherin. Allerdings gelte es noch, sprachliche Barrieren abzubauen.

Verbandsgeschäftsführer Gevers dringt auf politische Unterstützung für die Branche. Es sei ein Unding, dass Mitarbeiter kostenfrei zur Verfügung gestellte Wohnungen als geldwerten Vorteil versteuern müssten. Die Betriebe stünden im Wettbewerb mit Arbeitgebern in anderen europäischen Ländern, in denen es ein solches Hindernis nicht gebe.

Auch dass der Verdienst in Deutschland geringer ausfalle als andernorts wirke abschreckend. Helfen würde auch, wenn Zuschläge am Samstag nicht versteuert werden müssten – so wie an Sonn- und Feiertagen. Zudem müsse für Rentner die Zahl der möglichen Arbeitstage von derzeit 70 verdoppelt werden. Die Formalitäten für Mitarbeiter aus Nicht-EU-Staaten müssten vereinfacht und die Einreisebeschränkungen für Arbeitssuchende aus den Westbalkanstaaten aufgehoben werden.

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