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Bildung

FDP fordert verbindliche Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg

Eine verbindliche Empfehlung fördert laut der FDP die Bildungsgerechtigkeit. Mit dieser Ansicht steht die Partei im Landtag jedoch ziemlich alleine da.

Ein Luftballon mit der Aufschrift „Schule“ und einem durchgestrichenen „Kindergarten“.
Auf den Kindergarten folgt die Grundschule. Was danach kommt, entscheiden in Baden-Württemberg die Eltern. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Die FDP lässt in der Debatte um eine verbindliche Empfehlung beim Übergang eines Kindes auf eine weiterführenden Schule nicht locker. Drei Jahre nach einem erfolglosen Gesetzentwurf haben die Liberalen das Thema erneut mit einem fast wortgleichen Text in den Landtag eingebracht und bauen dabei auf die Unterstützung der Gymnasial- und Realschullehrer. Für den Gesetzentwurf wird es aber auch weiterhin absehbar keine Mehrheit geben. Die SPD kündigte bereits an, nicht zustimmen zu wollen, auch CDU und Grüne sind bislang stets dagegen gewesen.

Rülke spricht von schwerem Fehler

Neuere Studien zeigten, dass eine verbindliche Grundschulempfehlung ein zentrales Element sei, um Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, heißt es im Gesetzentwurf der FDP, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Schülerinnen und Schülern würden nicht mehr einer falschen Schulart zugewiesen, sie würden wie die Lehrkräfte auch weniger über- oder auch unterfordert. Jugendliche würden zudem ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage erzogen und ausgebildet. Auch ließen sich Klassen aus Schülerinnen und Schülern mit vergleichbaren Begabungen und Leistungsvoraussetzungen deutlich leichter bilden, argumentiert die FDP.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke nennt die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg „einen „schweren Fehler“. Das Land habe im nationalen und internationalen Vergleich bei der Bildung dramatisch schwach abgeschnitten. „Es muss dringend etwas geschehen. Die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung ist ein wichtiger Baustein hierfür“, sagte Rülke der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Drittel ignoriert Empfehlung

In Baden-Württemberg gibt die Grundschule eine Empfehlung ab, welche weiterführende Schulart für ein Kind nach der 4. Klasse geeignet ist. Sie wird zu Beginn des 2. Schulhalbjahres der 4. Klasse zusammen mit den Halbjahreszeugnissen ausgegeben und orientiert sich in der Regel an dessen Noten. Die grün-rote Vorgängerregierung hatte entschieden, dass die Empfehlung seit 2012/2013 nicht mehr verbindlich ist. Die Eltern können sich seitdem über sie hinwegsetzen und ihr Kind etwa auf ein Gymnasium schicken, obwohl es dafür keine Empfehlung hat.

Nach dem Willen der FDP aber sollen Kinder, deren Eltern nicht einverstanden sind, eine Aufnahmeprüfung absolvieren können. Bei einem guten Abschneiden könnte das Kind dann doch noch auf die Wunschschule gehen.

Die Gelegenheit zum Wechsel auf eine höhere Schulart und auf eigene Verantwortung nehmen laut Statistik zahlreiche Eltern wahr: Trotz einer Empfehlung zum Beispiel für eine „Werkreal-/Hauptschule oder Gemeinschaftsschule“ nutzten die Option nach Angaben des Statistischen Landesamts am Ende des Schuljahres 2020/21 rund 34,6 Prozent der Kinder. Darunter wechselten 2,0 Prozent der Kinder sogar auf ein Gymnasium. Umgekehrt wechselten 20,7 Prozent der Kinder nicht auf ein Gymnasium, obwohl dies laut Empfehlung der Grundschule möglich gewesen wäre. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Lehrerverband unterstützt Forderung

Den Philologenverband (PhV) und den Realschullehrerverband (RLV) wissen die Liberalen bei dem Thema nach wie vor hinter sich. Unterschiedliche Kinder brauchen unterschiedliche Schularten in einem leistungsstarken Schulsystem, was stets durchlässig bleibt, fordern die Landesvorsitzenden Karin Broszat (RLV) und Ralf Scholl (PhV). Die Abschaffung vor mehr als zehn Jahren sei ein „Kardinalfehler“ gewesen. „Seit fast sieben Jahren erleben wir, wie das Kultusministerium mit hohem Kosten- und Personalaufwand die negativen Konsequenzen dieser Entscheidung zu minimieren versucht – ohne jeden Erfolg“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dabei sei wissenschaftlich nachgewiesen, dass schwächere Kinder von homogeneren Lerngruppen stark profitierten und dadurch höhere Leistungen erzielen könnten.

Aus Sicht der SPD, die das Aus für die Verbindlichkeit mitbeschlossen hatte, stärkt die Abschaffung allerdings das Wahlrecht der Eltern. Es seien zudem positive Effekte für die Bildungsgerechtigkeit erzielt und unnötiger Druck von den Schülerinnen und Schülern genommen worden, sagte die schulpolitische Sprecherin der SPD, die ehemalige Schulleiterin Katrin Steinhülb-Joos. „Deswegen gibt es keinen Weg zurück zur verbindlichen Grundschulempfehlung“, betonte sie.

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