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Faktencheck

„Würmer“ in Masken und Corona-Tests: Was wirklich dahintersteckt

Seit Tagen wird das Internet mit Videos geflutet: Menschen behaupten, Würmer in ihren Corona-Masken gefunden zu haben. Dahinter stehen einfache physikalische Vorgänge - und eine Falschbehauptung, die bereits einige Jahre alt ist.

Eine aufgeklappte FFP2-Maske vor schwarzem Hintergrund.
Krabbeln wirklich kleine Würmer auf den Masken? Viele Videos im Netz behaupten genau das. Doch die Behauptung stellt sich bei näherem Hinsehen als falsch heraus. Foto: Daniel Karmann/dpa

Der „Versuchsaufbau“ ist immer ähnlich: Es gibt eine Maske, ein Mikroskop - oder die Zoom-Funktion des Handys - und ein kleines schwarzes Fädchen, das sich bewegt, wenn man es anhaucht. Für die Menschen, die in den Videos den zweifelhaften Versuch durchführen, ist klar: die zuckende Faser ist ein lebendiger Organismus. 

Einige Video-Protagonisten behaupten sogar, das vermeintliche Wesen kategorisieren zu können und sprechen von sogenannten „Morgellons“, Parasiten, die sich vermeintlich unter der Haut einnisten können. Wer dieser Erzählung folgt, wird schnell tiefer hineingezogen in den Kaninchenbau diverser Verschwörungsmythen. 

Sind etliche medizinische Masken und Teststäbchen der Corona-Antigentests wirklich verunreinigt oder sogar verseucht, wie die vermeintlichen Beweisvideos es zeigen? Die schnelle Antwort ist: Nein, sind sie nicht. Aber wir schauen genau hin.

Würmer in Masken? Was wir anhand der Videos wissen können

Die Qualität der Videos ist unterschiedlich, oft schlecht. Es wird mit dem Handy hantiert, der Bildausschnitt wackelt, manchmal ist das Bild verschwommen. Wir haben es nicht mit einem Versuch zu tun, der wissenschaftlichen Standards gerecht werden könnte. 

Übereinstimmend finden sich in allen Videos aber Mund-Nasen-Masken, die auf verschiedenen Oberflächen liegen. Auf den Masken befindet sich eine fadenähnliche Struktur, die mit unterschiedlichen Mitteln für den Betrachter vergrößert dargestellt wird. Kommt diese Struktur mit warmer Atemluft in Kontakt, bewegt sie sich.

Die Protagonisten in den Videos beteuern immer wieder, die Bewegungen würden auch noch anhalten, wenn die Strukturen nicht mehr angehaucht oder anders erwärmt werden. Die Bewegungen sind jedoch erst während oder nach dem Anhauchen sichtbar, niemals vorher.

Was wir anhand der Videos nicht wissen können

Viele Informationen, die ein Versuch nach wissenschaftlichen Standards liefern würde, fehlen uns. 

Wir wissen nicht, auf welche Temperatur die fadenartige Struktur jeweils erwärmt wird oder wie lange die Bewegungen anhalten, denn die Videos sind meist sehr kurz. 

Wir wissen nicht sicher, ob das „Versuchsobjekt“ bereits wirklich auf der Maske war oder dort nachträglich aufgebracht worden ist. 

Wir wissen nicht, ob diese Strukturen ausschließlich auf FFP2-Masken und OP-Masken auftauchen. Einen Vergleich mit anderen Materialien wie Taschentüchern, Stoff oder anderen Oberflächen - eine „Gegenprobe“ sozusagen - gibt es nicht.

Was wir über FFP2-Masken wissen

Masken sind häufig elektrostatisch aufgeladen. Das ist gewollt, weil so Partikel besser abgeschieden werden. Wie das funktioniert und warum das wichtig ist, hat unter anderem die Gesellschaft für Aerosolforschung in einem Positionspapier genau beschrieben. Die elektrostatische Ladung der Masken ist auch der Grund, weswegen sie ein Haltbarkeitsdatum haben. Die Ladung nimmt mit der Zeit ab und der sogenannte Abscheidungsgrad verringert sich.

Auch wenn die Masken frisch aus ihrer Verpackung kommen, kann es passieren, dass sich bereits ungefährliche Fasern darauf befinden. Der Grund dafür kann im Produktionsprozess liegen. In dessen Verlauf können auch Fasern und Faserreste auf den Masken landen. 

Das gleiche gilt auch für Corona-Teststäbchen. Die werden nicht im Reinraum hergestellt, sondern erst nach der Produktion sterilisiert.

Was wir über Fasern wissen

In diesem Zusammenhang wichtig: Auch leblose Fasern bewegen sich, wenn sie angehaucht oder erwärmt werden. Das kann dabei so aussehen, als würden sie sich wie von selbst krümmen und biegen. 

Der Kriminalbiologe Mark Benecke erklärte den Vorgang gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur so: „Wenn man auf die Fasern draufhaucht, nehmen sie die Feuchtigkeit und Wärme aus der Atemluft auf und bewegen sich dann. Auch elektrostatische Anziehungskräfte beispielsweise unter der Verpackungsfolie können für die Bewegung verantwortlich sein.“

Der Effekt durch elektrostatische Anziehungskräfte wird durch das Material der Masken begünstigt. Synthetische Stoffe wie Polyester sind besonders anfällig dafür, zeigt etwa eine Studie der Wissenschaftler Chishiko Takatsuki und Teruko Tamura. FFP-Masken werden laut der Beipackzettel der Hersteller in der Regel aus Polypropylen und Ethylen-Vinyl-Acetat hergestellt. Die Teststäbchen eines Corona-Antigentests sind in der Regel aus Polyester. 

Alle Stoffe werden seit vielen Jahren verwendet und sie sind toxikologisch unbedenklich, heißt es vom Universitätszentrum für Allgemeinmedizin und Gesundheitswesen im schweizerischen Lausanne auf Anfrage der dpa.

Was sind eigentlich „Morgellons“?

Auch wenn es keinen stichhaltigen Beweis dafür gibt, dass auf den FFP2-Masken überhaupt irgendetwas lebt, gehen viele Verschwörungsmystiker in Videos oder Textnachrichten noch einen Schritt weiter. Sie behaupten, die fadenartigen Strukturen auf der Maske seien nicht nur lebendig, sondern es handle sich dabei um sogenannte Morgellons. 

„Morgellons“ werden als kleine Fadenwürmer beschrieben, die angeblich in Körper eindringen können und unter der Haut fühl- und sichtbar sein sollen. Richtig ist: Es gibt keine Morgellons. Was es aber gibt, ist eine sogenannte Morgellons-Krankheit. Es handelt sich dabei jedoch nicht um einen körperlichen Befund und nicht um echte Parasiten. Die Morgellons-Krankheit ist ein psychisches Krankheitsbild, bei dem Menschen glauben, sie hätten Parasiten unter ihrer Haut. 

Bloße Einbildung ist das nicht, denn die Betroffenen sehen tatsächlich etwas auf ihrer Haut: zusammengeknüllte winzige Fasern von Kleidung und Hautschüppchen. Vergrößert sieht das nach einem Organismus aus. Es ist aber keiner. Kriminalbiologe Mark Benecke wurde nach eigenen Angaben bereits vor über 20 Jahren mit dem Begriff „Morgellon“ konfrontiert. Vor Kurzem hat er noch einmal in einem Video erklärt, wieso es so leicht passiert, dass Menschen leblose Faserreste für lebendige Organismen halten.

Erzählungen von „Morgellons“ gibt es schon lange

Neu ist die Angst vor „Morgellons“ nicht. In Verschwörungskreisen wird der Mythos um die angeblichen winzigen bis unsichtbaren Fadenwürmer immer wieder einmal bemüht. Zuletzt im Januar, als sich die Zahl der Corona-Tests weltweit erhöhte. Damals wurde zuerst in den USA kolportiert, dass sich auf den Teststäbchen sogenannte Morgellons befinden würden - untermauert mit ähnlichen Videos wie denen, die aktuell wieder verbreitet werden. 

Beweise für lebendige Organismen oder „Morgellons“ gibt es nicht, wie diverse Faktenchecks zeigten.

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