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Zukunftssorgen im Jubiläumsjahr

Fusioniert die Evangelische Akademie in Bad Herrenalb mit der schwäbischen Akademie?

Die Evangelische Akademie in Bad Herrenalb wird 75. Jahre alt. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr stellt sich die Zukunftsfrage: Kann die Einrichtung so weiterarbeiten wie bisher?

Die Evangelische Akademie in Bad Herrenalb. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr stellt sich die Zukunftsfrage: Kann die Einrichtung so weiterarbeiten wie bisher?
Die Evangelische Akademie in Bad Herrenalb. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr stellt sich die Zukunftsfrage. Foto: Evangelische Akademie Baden

Die Evangelische Akademie Baden, die seit jeher zu Tagungen über Gott und die Welt nach Bad Herrenalb einlädt, wird 75 Jahre alt. Es gibt zwar einen Jubiläumsband, aber keinen Festakt zum 75. Vielleicht, weil es außer dem Blick zurück nichts zu feiern gibt?

Die Akademie bietet ein viel beachtetes Programm. Das Spektrum der Veranstaltungen reicht vom Studium der Bach-Kantaten über Workshops zur Friedensethik bis hin zu Kursen über Spiritualität.

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr gibt es in der Einrichtung Zukunftssorgen. Von einer möglichen Fusion mit der schwäbischen Akademie in Bad Boll bei Göppingen ist die Rede. Welche Zukunft hätte das Tagungszentrum in Bad Herrenalb dann noch?

Die evangelische Kirche muss sparen. In Baden wie in Württemberg. Eine Fusion zu einer baden-württembergischen Landeskirche ist derzeit nicht angedacht, aber unterhalb der Fusionsebene wird ausgelotet, in welchen Bereichen eine Kooperation sinnvoll und nötig ist. Um Ressourcen zu sparen und die berühmten Synergieeffekte zu nutzen. Die Akademien sind mitbetroffen.

Veranstaltungen in Bad Herrenalb geplant

Der Karlsruher Oberkirchenrat Matthias Kreplin arbeitet in der Arbeitsgruppe Akademien mit. Er bestätigt den BNN, dass es die Idee einer gemeinsamen Akademie Baden-Württemberg gibt, die zentral in Stuttgart zu verorten sei. Entschieden sei aber noch nichts. Sind damit Bad Herrenalb und Bad Boll aus dem Spiel? Nein, versichert Kreplin.

Es werde weiter Veranstaltungen in beiden Häusern geben. Die Bedeutung des Standorts sei aber heutzutage nicht mehr so zentral. Ziel sei es, gemeinsam nach außen aufzutreten, die Akademie gemeinsam zu verwalten und ein gemeinsames Programm vorzulegen. Dabei gebe es noch viele offene Fragen, unter anderem die der Rechtsform.

Die Arbeitsgruppe tagt regelmäßig, ein Konzept zur Zusammenführung stehe aber noch nicht. Es werde ein Gesamtpaket für beide Landeskirchen geben – also mit Kooperationsmöglichkeiten in vielen Bereichen. Kreplin geht davon aus, dass ein Beschluss im Jahr 2023 gefasst oder wenigstens den Gremien übergeben wird, die dann entscheiden müssen.

Bisher gibt es noch keine Beschlüsse

Bis die Beschlüsse dann umgesetzt werden, würden noch einmal Jahre ins Land ziehen. Kreplin versichert, in der Arbeitsgruppe werde partnerschaftlich verhandelt. Beide Landeskirchen stünden hinter dem Prozess, der wirtschaftliche Druck zwinge sie dazu. „Es gibt heute eine andere Bereitschaft, sich zu bewegen als noch vor zehn, 20 Jahren“, so Kreplin.

Er selbst steht einer gemeinsamen Landesakademie offen gegenüber: „Eine Evangelische Akademie Baden-Württemberg hätte dann die Chance, auch nach Baden auszustrahlen.“

Auch der Sprecher der württembergischen Landeskirche, Dan Peter, versichert, es gebe noch keine Beschlüsse. Man prüfe derzeit, wo eine Kooperation Sinn mache. Eine Evangelische Akademie an zentralem Standort in Stuttgart sei eine der Überlegungen.

Bedeutet eine mögliche Fusion das Aus für die badische Akademie? Und für den ungleich größeren Standort Bad Boll gleich mit?

Bad Boll, so wird auch in Baden anerkannt, gehöre bisher mit Loccum und Tutzing zu den großen drei evangelischen Akademien der Republik. Auch in Württemberg fragt man sich, was eine Fusion mit sich brächte.

Badische Landeskirche muss bis 2032 rund 30 Prozent einsparen

Fakt ist, dass die badische Landeskirche laut Vorgabe bis 2032 rund 30 Prozent der Mittel einsparen muss. Auf drei Großgebieten werden Kooperationsmöglichkeiten mit Württemberg ausgelotet: in der Verwaltung, bei Aus- und Fortbildung sowie bei „besonderen Beauftragungen“.

Insgesamt stehen 15 Bereiche auf dem Prüfstand. Ein Beispiel, das schon umgesetzt ist: Schon seit längerem vertritt nur noch ein Beauftragter statt deren zwei die Interessen beider Landeskirchen beim Landtag.

Auch Dan Peter versichert, der Kooperationsprozess, der sich bis 2023 oder 2024 hinziehen werde, finde auf Augenhöhe statt. Niemand solle geschluckt werden, niemand solle verschwinden.

Man müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass sich Akademiearbeit generell verändert habe. Nicht mehr die Tagung im Haus auf der grünen Wiese sei heute gefragt, sondern eher das Seminar in zentraler Lage. Auch die Digitalisierung in Corona-Zeiten habe vieles geändert. Daher werde an beiden Standorten, Bad Boll wie Bad Herrenalb, das bisherige Konzept überdacht.

Solche Überlegungen sprächen für eine Evangelische Landesakademie in Stuttgart, zumal die Kirche dort schon über ein attraktives Gebäude als Bildungszentrum verfügt: den Hospitalhof mitten in der Stadt.

Kirche verliert offenbar an gesellschaftlichem Einfluss

Peter Müller, Vorsitzender des Freundeskreises der Akademie Baden, weiß um die Gespräche, sagt aber auch: „Das Gebäude in Bad Herrenalb aufzugeben, würde den Badenern nicht leicht fallen.“ Es sei immerhin auch das Haus, in dem regelmäßig die badische Landessynode tagt – pikanterweise auf württembergischem Grund und Boden.

Der Bau in Bad Herrenalb trägt sich laut Müller selbst, da auch viele anderen Veranstalter dort ihre Tagungen abhielten. „Das Haus wurde erst vor ein paar Jahren aufwendig renoviert. Das aufzugeben, kann ich mir im Moment nicht vorstellen.“

Klar müsse die Kirche sparen. Sie verliere auch an gesellschaftlichen Einfluss. Man müsse sich aber schon fragen, ob es sinnvoll sei, ausgerechnet eine kirchliche Institution zu beschneiden, die in die Gesellschaft hineinwirke, gibt Müller zu bedenken.

Aber natürlich könne man kooperieren und Bereiche zusammenlegen. Müller will die Beratungen abwarten und vertraut den Verhandelnden aus den Oberkirchenräten. Zudem will er nicht „das Ei braten, bevor es gelegt wird“. Für den Freundeskreis gelte: „Wir sind keine Akteure, sondern nur Beobachter.“

Gernot Meier, stellvertretender Direktor der badischen Akademie, sieht dem Kooperationsprozess gelassen entgegen. „Schon jetzt sind wir eine mobile Akademie“, berichtet er. „Es gibt Tagungen in Bad Herrenalb, aber auch an anderen Orten. Ich selbst bin mit meinen Seminaren auch viel an den Unis in Freiburg und Heidelberg unterwegs.“

Meier findet, die Angebote aus Württemberg und aus Baden könnten sich gut ergänzen. „Für politische Veranstaltungen ist Stuttgart als Landeshauptstadt prädestiniert. Wir in Karlsruhe haben aber das Thema Recht, und das wird auch hier bleiben.“

Meier glaubt nicht, dass Baden bei dem Prozess unter die Räder kommt. „Dafür sind unsere Angebote viel zu profiliert und zu gut“, sagt er selbstbewusst.

Kein Festakt zum 75-Jährigen wegen Corona

Er würde sich jedenfalls freuen, wenn seine Tagungen künftig auch in Stuttgart und Tübingen beworben würden. Klar machten sich die Mitarbeiter in Bad Herrenalb Gedanken über die Zukunft. Der Fusionsprozess, so er denn kommt, solle sich nicht allzu lange hinziehen, wünscht er sich – damit man sich dann wieder auf die Arbeit konzentrieren könne.

Insgesamt hätten es alle Akademien heute schwer, sich auf dem Markt zu behaupten, räumt Meier ein. Das gelinge gemeinsam mit den Württembergern vielleicht besser. „Eigentlich müssten Loccum, Tutzing und Bad Boll zu einer einzigen Akademie fusionieren, um bestehen zu können“, spitzt er die Situation etwas zu.

Dass zum 75-Jährigen kein Festakt stattgefunden hat, sei übrigens Corona geschuldet. Das 70-Jährige habe man noch groß gefeiert. „Aber vielleicht mündet das Ganze dann in eine 76-Jahre-Party als Neugründung mit Bad Boll in anderer Form, wer weiß“, sagt Meier augenzwinkernd.

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