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Es grünt so grün

Gartenbaubranche mit Rekordumsatz: Vor allem Privatkundschaft sehnt sich nach schönen Gärten

Die Garten- und Landschaftsbauer in Baden-Württemberg sind gut mit Aufträgen eingedeckt. Zwar bleibt die Privatkundschaft der Motor für die grüne Branche – aber mittlerweile haben auch mehr Rathaus-Chefs ihren grünen Daumen entdeckt.

Schönes Zuhause: Privatkunden sind der Motor der baden-württembergischen Garten- und Landschaftsbauer. Sie steuerten 62 Prozent zum Rekordumsatz bei.
Privatkunden sind der Motor der baden-württembergischen Garten- und Landschaftsbauer. Sie steuerten 62 Prozent zum Rekordumsatz bei. Foto: Jörg Donecker

In unsicheren Zeiten bleibt die Sehnsucht nach heimeligem Grün groß. Die Garten-, Landschafts- und Sportplatzbauer (Gala-Bauer) in Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr einen neuen Rekordumsatz erzielt, wie deren Verband mitteilt.

Die Erlöse stiegen um vier Prozent auf 1,87 Milliarden Euro. „Motor ist die Privatwirtschaft. Dort boomt der Gala-Bau“, so Verbandsgeschäftsführer Reiner Bierig im Gespräch mit den BNN. Die Privatkundschaft steuert 62 Prozent der Erlöse bei.

Ein Trend setzt sich dabei fort: der Garten als erweiterter Wohnraum. „Die Möbel drinnen und draußen haben kaum noch Unterschiede“, so Bierig.

Homeoffice-Pavillons im Garten während Corona

Auf hochwertigen Grills wird draußen Essen zubereitet. Populär sind seinen Worten zufolge auch liebevoll gestaltete kleine Plätze im eigenen Garten. Es gibt sogar Gala-Bauer, die ihren Kunden Homeoffice-Pavillons ins heimische Grün stellen – da kann sich das Auge von der anstrengenden Computerarbeit mit einem Blick ins Grüne erholen. Pools und Naturteiche seien, wie bereits im ersten Corona-Jahr 2020, der Renner.

Das Ganze hat aber seinen Preis: Bierig spricht von Aufschlägen von bis zu zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr, bezogen auf alle Auftragsgeber-Gruppen. Nicht nur die Energiepreise seien gestiegen, sondern auch die Einkaufskosten für Holz oder Stahl – etwa zur Beet-Einfassung.

Allein bei den Pflanzen habe die Preissteigerung zwischen zehn und 15 Prozent betragen, sagt Martin Joos, Vorsitzender des Verbandes. Die Kalkulation falle immer schwerer, weil etwa beim Stahl oft nur Tagespreise angeboten werden.

Natursteine aus der Region – und seltener aus China

Enorm gestiegen sind bekanntlich auch Transportkosten, was in diesem Fall, ökologisch betrachtet, etwas Gutes hat: So geht nach Bierigs Worten der Trend zu regionalen Natursteinen – Importware etwa aus China ist nicht mehr sonderlich populär in baden-württembergischen Gärten.

Wer als Privatkunde einen größeren Auftrag für seinen Garten vergeben hat, muss laut Bierig mit vier bis sechs Monaten Wartezeit rechnen, bis die Gala-Bauer anrücken. Die müssten flexibler denn je sein. Hintergrund: Wegen Lieferproblemen kommen oftmals – vom Erdbauer bis hin zum Schreiner – die anderen Baubeteiligten in Verzug. Die grüne Branche kann und muss deshalb andere Aufträge vorziehen, um gleichmäßig ausgelastet zu sein.

Offenbar haben auch mehr Rathaus-Chefinnen und -Chefs sowie Gemeinderäte ihren grünen Daumen entdeckt – vor einem Jahr hatten die Gala-Bauer noch über stockende Auftragsvergabe durch Vater Staat geklagt. Das hat sich laut Bierig geändert. Die öffentliche Hand hat nun 17 (2020: 16) Prozent Anteil am Umsatz.

Viele Grünanlagen und Spielflächen seien in die Jahre gekommen. Gerade in den Städten sei das Bewusstsein gestiegen, dass attraktive Parks und Grünanlagen ein Argument für Zuzüge seien. Man brauche öffentliches Grün auch für Menschen, die keinen eigenen Garten haben. „Da ist das Bewusstsein in den Städten gestiegen“, sagt Bierig.

„Schwammstädte“ in Zeiten des Klimawandels

Auch mit Blick auf den Klimawandel bewege sich einiges: Der Begriff „Sponge City“ – „Schwammstadt“ – sei in vielen Rathäusern kein Fremdwort mehr. Zur Erklärung: Um Kanalsysteme bei großen Regenmengen zu entlasten, saugt spezieller Unterbau Niederschläge auf, speichert diese und gibt sie bei Bedarf an die Pflanzen weiter.

Nachholbedarf bleibt aus Sicht der grünen Branche in den Städten dennoch: Nach Berechnungen des Bundes deutscher Baumschulen gibt es in Deutschland eine halbe Million verwaister Baumscheiben – inmitten von ihnen wachsen also keine Bäume mehr. Bierig propagiert zudem die Vertikalbegrünung – der Neubau der Calwer Passage in Stuttgart sei dafür ein erfreuliches Beispiel.

Geschwächelt hat in früheren Jahren der Sportplatzbau. Auch hier ist der Verband mit der aktuellen Entwicklung zufrieden: Neubauten von Sportplätzen sind zwar relativ selten; es werden aber zahlreiche in die Jahre gekommene Anlagen ertüchtigt.

Fachkräftemangel als Problem im Garten- und Landschaftsbau

Bleiben Gewerbe und Industrie als Auftraggeber. Strauchbeet statt Schotter am Firmen-Entree, lebendes Grün statt ausschließlich Bitumenbahnen auf den Dächern – es wird fleißig investiert. Immer mehr Unternehmen erkennen laut Bierig, dass sie verantwortlich mit dem Klima umgehen und vor Ort etwas tun müssen. Da summen sogar zunehmend Bienen im heimischen (Firmen-)Garten – und Firmen verschenken an Kunden den eigenen Honig.

Die Gala-Bauer selbst wollten mehr für ihren ökologischen Fingerabdruck tun: Mini-Bagger oder Rüttelplatten, die mit Strom-Akkus statt Diesel betrieben werden, versuche man beispielsweise zunehmend einzusetzen. Dies sei zweifelsohne eine Herausforderung, räumt Bierig ein – wie auch der Fachkräftemangel.

Zwar bilden die Gala-Bauer mehr junge Menschen – aktuell 1.475 – aus und beschäftigen mit insgesamt 14.600 mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das reicht aber für die wachsende Nachfrage nicht aus“, betont Bierig.

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