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Es ist immer noch zu trocken

Grundwasser-Spezialist wünscht sich Sauwetter bis Ostern

Sauwetter bis Ostern? Das ist ein sehr ungewöhnlicher Neujahrswunsch. Doch wer sich im Sommer keine Sorgen um die kühle Dusche oder einen Sprung in den eigenen Pool machen will, der sollte sich über die derzeit trüben und nassen Tage nicht ärgern. Ganz im Gegenteil.

Grundwasserexperte Michel Wingering misst am 03.02.2017 an einer Grundwassermessstelle in Grafenau (Baden-Württemberg) den Grundwasserstand und liest dazu Daten wie z.B. die Temperatur des Wassers aus. (zu dpa «Grundwasserpegel im Südwesten auf Rekord-Niedrigstand» vom 06.02.2017) ++
Grundwasserexperte Michel Wingering misst am 03.02.2017 an einer Grundwassermessstelle in Grafenau (Baden-Württemberg) den Grundwasserstand und liest dazu Daten wie z.B. die Temperatur des Wassers aus. (zu dpa «Grundwasserpegel im Südwesten auf Rekord-Niedrigstand» vom 06.02.2017) ++ Foto: Christoph Schmidt picture alliance / Christoph Schmidt/dpa

Wer einen sorgenfreien Sommer will, der sollte den Neujahrswunsch von Michel Wingering nicht gering schätzen. „Sauwetter bis Ostern“, wünscht sich der Grundwasserexperte der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.

Während andere schon fast trübsinnig nach draußen blicken und sich für die Corona-Zeit wenigstens schönes Wetter herbeisehnen, freut sich Wingering über jeden Tropfen und jede Flocke.

„In den nächsten zwei bis drei Monaten entscheidet sich, ob im kommenden Hochsommer erneut das Wasser knapp wird. Nach drei überdurchschnittlich trockenen Jahren ist das Grundwasser auf einem historischen Tiefststand“, sagt er.

Trockene Winter sind schlecht für das Grundwasser

„Sauwetter bis Ostern wäre ideal.“ Am liebsten Schnee, denn der sickert beim Abtauen langsam durch den Boden ins Grundwasser und geht nicht wie ein Sturzregen oberflächlich in die Bäche und Flüsse. „Wir brauchen viel, viel Schnee. Schnee ist ein entscheidender Faktor für das Grundwasser“, so Wingering. Und in den vergangenen Jahren waren nicht nur die Sommer trocken.

Vor allem trockene Winter setzen den Wasserreserven im Grundwasser zu. „Der Schnee hilft nicht sofort. Aber wenn er schmilzt, hat das Wasser genügend Zeit, in den Boden einzudringen.“ Eine Bauernweisheit sagt nicht ohne Grund, der „Schnee ist der Dünger des armen Mannes“.

Wasser ist im Untergrund derzeit Mangelware. „Die Grundwasserstände im Land sind noch immer angespannt. Der Landeswert ist unterdurchschnittlich.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer gäbe es in den Tallagen des Schwarzwalds, an Kinzig und Dreisam. „Da haben die oberirdischen Wasserstände etwas zugenommen und das dringt dann auch ins Grundwasser ein.“ Im Oberrheingraben aber gibt es noch längst keine Entwarnung.

Grundwasser „am Ende der Fahnenstange“

Das Frühjahr sei entscheidend für die Grundwasserstände des ganzen Jahres. „Da haben wir naturgemäß die höchsten Stände und die stärksten Quellschüttungen.“ Läuft es im Frühjahr schlecht, ist das kein gutes Zeichen für den Rest des Jahres.

Im vergangenen Sommer kam die Wasserknappheit erstmals auch beim Endverbraucher im Südwesten an. Zahlreiche Kommunen mussten Sparmaßnahmen anordnen. So war es mancherorts verboten, den Rasen zu sprengen oder auch den privaten Swimmingpool zu füllen. Hohe Temperaturen sorgten für erhöhten Wasserverbrauch. Doch der trockene Winter zuvor hatte ein Auffüllen der Grundwasserspeicher verhindert. In einigen Gemeinden drohte gar die Wasserversorgung komplett zusammenzubrechen.

Das könnte sich in diesem Jahr wiederholen. „Das Grundwasser hat ein langes Gedächtnis“, sagt Wingering. „Wir sind jetzt so ziemlich am Ende der Fahnenstange angelangt.“

Drei Jahre mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen hätten die Reserven aufgebraucht. „Ich bin seit 30 Jahren in diesem Metier. Und wir nahmen immer das extrem trockene Jahr 2003 zum Maßstab. Das war unser Muster.“ Doch 2003 hat seinen Status als Extrem inzwischen eingebüßt.

Ob sich das Grundwasser von den dürren Jahren erholt, oder ob erneut ein schwieriger Sommer bevorsteht, das, so Wingering, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Dass es für die Wasserversorgung erneut ein krisenhaftes Jahr wird, hält er für die wahrscheinliche Alternative.

„Auch wenn man natürlich nicht ausschließen kann, dass es bis April tatsächlich ausreichend Niederschläge geben wird.“ Dann aber müsste der Himmel tatsächlich seine Schleusen öffnen und uns ein Sauwetter bescheren, mindestens bis Ostern.

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