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Kritik an Corona-Regeln

Hotels im Schwarzwald schlagen wegen Beherbergungsverboten Alarm

Die Beherbergungsverbote vieler Bundesländer für Urlauber aus deutschen Risikogebieten und das Durcheinander bei den Verordnungen haben auch in Baden-Württemberg heftige Diskussionen ausgelöst. Manche Hotels in der Region bangen um ihre Existenz, weil die Buchungen wieder zurückgehen.

Besorgt über den Rückgang an Buchungen: Besonders an vereinzelten Beherbungsverboten für Gäste aus innerdeutschen Risikogebieten nehmen Hotels und Wirtschaftsverbände Anstoß.
Besorgt über den Rückgang an Buchungen: Besonders an vereinzelten Beherbungsverboten für Gäste aus innerdeutschen Risikogebieten nehmen Hotels und Wirtschaftsverbände Anstoß. Foto: Oliver Berg/dpa

„Jetzt wird es lebensgefährlich für uns“, sagt Damuri Rossi. Der Mitarbeiter des Schwarzwaldhotels Sonne in Baden-Baden hat seit dem Wochenende mehr als 20 Zimmer-Reservierungen stornieren müssen.

Wenn es weiter so geht, wird das Hotel schließen müssen.
Damuri Rossi, Schwarzwaldhotel Sonne

Die Anfragen kamen aus Berlin, Köln und anderen Städten der „roten Zone“, wie Rossi die deutschen Corona-Hotspots nennt. Jedem Gast musste er persönlich am Telefon absagen. „Diese Woche kriegen wir es noch hin“, sagt Rossi frustriert. „Aber wenn es weiter so geht, wird das Hotel schließen müssen.“

Die Beherbergungsverbote vieler Bundesländer für Urlauber aus deutschen Risikogebieten und das Durcheinander bei den Verordnungen haben heftige Diskussionen ausgelöst. Zahlreiche Politiker fordern eine Rücknahme der erst in der vergangenen Woche vereinbarten Regelung. Das emotional aufgeladene Thema soll nun bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch zur Sprache kommen.

Es treibt auch die Landesregierung in Stuttgart um. So nannte Tourismusminister Guido Wolf (CDU) die Regelung am Montag unverhältnismäßig und stellte klar: „Gegen einen Urlaub in Baden-Württemberg unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln ist aus meiner Sicht nichts einzuwenden.“

Bislang keine Bußgelder bei Verstößen gegen Beherbergungsverbote

Es ist im Südwesten seit Mitte Juli untersagt, in Hotels und Pensionen Gäste übernachten zu lassen, die aus einer Region in einem anderen Bundesland kommen, die in den vorangegangenen sieben Tagen den Schwellenwert von 50 neuen Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner überschritten hat.

Das Verbot gilt nicht, wenn die Gäste einen negativen Covid-19-Test vorlegen oder nachweisen können, dass sie sich zuletzt nicht in einem Hotspot aufgehalten haben. Wer gegen diesen Teil der Corona-Landesverordnung verstößt, muss bislang keine Bußgelder befürchten.

Dennoch gibt es in Baden-Württemberg großen Unmut über die auch in den meisten anderen Ländern geltende Regel, die das Gastgewerbe zunehmend belastet.

Das Beherbergungsverbot ist wie ein Lockdown durch die Hintertür.
Daniel Ohl, Dehoga Baden-Württemberg

Der baden-württembergische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kritisiert sie als „nicht umsetzbar, nicht sinnvoll und unverhältnismäßig“. In der Praxis wirke das Beherbergungsverbot wie ein „Lockdown durch die Hintertür“, sagte der Verbandssprecher Daniel Ohl im Gespräch mit den BNN.

„Die wirtschaftlichen Schäden sind immens, weil nicht nur Reisende aus Risikogebieten stornieren, sondern auch geplante Reisen aus Nicht-Risikogebieten unterbleiben oder storniert werden“, erklärte er und mahnte bei der Landesregierung eine „überfällige Korrektur“ an.

Zweifel an Tauglichkeit der Verbote innerhalb eines Bundeslandes

Auch der Städtetag Baden-Württemberg lehnt die Verbote ab. Nach dem Überschreiten des Warnwerts von 50 Neuinfektionen in Stuttgart am Wochenende werde deutlich, dass sie nicht tauglich sind, sagt Referentin Christiane Conzen. „Man kann ja munter hin- und herfahren nach Stuttgart, das ist wegen der vielen Arbeitspendler auch dringend notwendig.“

Wer in Stuttgart seinen Zweitwohnsitz habe oder dort arbeite, kann jedoch nicht mehr am Wochenende in Baden-Württemberg im Hotel übernachten. „Die Übernachtungen sind keine Quelle der Ansteckung“, kritisiert Conzen. „Es wäre besser, private Feiern generell einzuschränken, nicht erst bei Überschreiten einer Schwelle.“

Die Sicherheit kommt zuerst.
Bianca Voicu, Aviva Hotel Karlsruhe

In den Hotels in Baden ist die Stimmung besorgt bis stark getrübt. „Ich habe heute vier Buchungen aus Stuttgart storniert, die Gäste wollten keinen Corona-Test machen“, erzählt Bianca Voicu vom Aviva Hotel in Karlsruhe. „Wir sind hin- und hergerissen, wie wir mit dieser Regelung umgehen. Aber die Sicherheit kommt zuerst.“

Die Mitarbeiterin macht sich Sorgen, dass sich manche Menschen durch die bundesweit uneinheitlichen Regelungen verunsichern lassen und gar nicht reisen werden. „Die Zeit von März bis August war für uns mit einem 40-prozentigen Rückgang der Auslastung extrem. Auch jetzt haben wir weniger Gäste als im Vorjahr.“

Manche Hotels müssen erneut Kurzarbeit einführen

Im Baden-Badener Hotel Sonne am Tor zum Nationalpark Schwarzwald war an diesem Montag nur jedes dritte von den insgesamt 18 Zimmern belegt. Nach den vielen Absagen an Gäste aus deutschen Corona-Risikoregionen rechnet Mitarbeiter Damuri Rossi, dass er nächste Woche wieder in Kurzarbeit gehen muss.

„Das ist bitter: Wir haben hart gearbeitet und alle Regeln eingehalten“, sagt er. „Die Politiker hätten mit diesen scharfen Maßnahmen noch warten sollen, solange die Infektionszahlen in Deutschland noch relativ niedrig sind.“

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