Sind die Badener und die Württemberger ein Volk der Rüpel, Raser und Rowdies auf vier Rädern, die sich immer seltener im Straßenverkehr an die Regeln und Vorschriften halten? Das legen zumindest aktuelle Zahlen des Bundesverkehrsministeriums nahe, die unserer Zeitung exklusiv vorliegen. So wurden im vergangenen Jahr im Südwesten 570 Führerscheine eingezogen, das ist ein neuer Rekordwert. Vor zehn Jahren waren es lediglich 395.
Analog die Entwicklung beim zeitlich begrenzten Entzug der Fahrerlaubnisse durch Gerichte oder Bußgeldbehörden. Während die Anzahl im Jahr 2010 noch bei 57.857 lag und 2015 sogar auf 49.419 gesunken war, übertraf sie in den letzten drei Jahren durchgängig die 60.000-er Marke, wie das Verkehrsministerium auf eine kleine Anfrage des badischen FDP-Abgeordneten Christian Jung (Karlsruhe-Land) mitteilte.
646.000 Verkehrsverstöße im Land
Deutlich angestiegen ist in den letzten Jahren auch die Zahl aller registrierten Verkehrsverstöße in Baden-Württemberg. Lag diese vor 2015 noch im 500.000-er Bereich, kletterte sie 2016 auf 625.000, erreichte 2017 einen Rekordwert von 686.000 und lag im vergangenen Jahr bei 646.000 registrierten Verstößen.
Die große Mehrheit waren dabei Verstöße gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen. Parallel dazu verlief die Entwicklung bei der Zahl der Autofahrer, die an den Fahreignungsseminaren teilnehmen mussten, um ihren Punktestand im Flensburger Verkehrssünderregister abzubauen. Zwischen 2015 und 2017 schnellte die Zahl in Baden-Württemberg von 267 auf 541 Teilnehmer nach oben und hat sich seitdem auf hohem Niveau stabilisiert. 2019 wurden 531 Teilnehmer registriert.
Immer mehr Autofahrer auf den Straßen
Ein Grund für den Anstieg der Verkehrsverstöße dürfte sein, dass im gleichen Zeitraum auch die Zahl der Autofahrer zugenommen hat und 2019 ebenfalls einen neuen Rekordwert erreichte. Wie aus den Zahlen des Verkehrsministeriums hervorgeht, besaßen 2010 noch 1,107 Millionen Menschen einen Führerschein, 2019 waren 1,423 Millionen Badener und Württemberger im Fahreignungsregister eingetragen.
Für den badischen FDP-Abgeordneten Jung gibt es trotz dieser Entwicklung keinen Grund, die Straßenverkehrsordnung zu verschärfen und härtere Strafen zu verhängen. „Die aktuellen Regelungen greifen. Viele Autofahrer sind durch die Punkte in Flensburg vorgewarnt, sich noch behutsamer und regelkonform im Straßenverkehr zu bewegen.“