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Für ein „Mehrwert-Abitur“

Initiative kämpft für ein flächendeckendes G9 in Baden-Württemberg

Mehr Zeit zum kreativ werden, mehr Zeit für Hobbys, mehr Zeit den Stoff zu wiederholen. Das sind Argumente einer Initiative, die sich für die flächendeckende Rückkehr zu G9 an Baden-Württembergischen Gymnasien einsetzt.

Alle Schüler eines Klassenzimmers melden sich. An der Tafel steht „G9“
Für das neunjährige Gymnasium gäbe es bei Schülern und Lehrern eine klare Mehrheit - wenn sie auch in Baden-Württemberg die Wahl hätten. Aktuell gibt es G9 nur an 44 Modellschulen, die nach wie vor großen Zulauf haben. Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Wenn nun die Viertklässler für die weiterführenden Schulen angemeldet werden, ist vielen künftigen Sextanern ein höchst begehrter Bildungsweg verschlossen: In neun Jahren zum allgemeinbildenden Abitur geht es in Baden-Württemberg ausschließlich an 44 Modellschulen.

Die haben enormen Zulauf, sind aber für viele Interessenten unerreichbar. In Heidelberg etwa gibt es gar kein Angebot. In Karlsruhe bietet das Humboldt-Gymnasium G 9.

Am nordwestlichen Stadtrand gelegen, weist es Bewerber aus südlichen Stadtteilen ab – der Schulweg würde zu lang. Und das Mannheimer G-9-Gymnasium möchte das Modell beenden: Wegen des Andrangs fürchtet es um seine Tradition als humanistisches Gymnasium.

Petition zum G 9 ist in Vorbereitung

Für die Rückkehr zu einem flächendeckenden neunjährigen Gymnasium kämpft die Karlsruherin Anja Plesch-Krubner. „G9 jetzt! BW“, heißt ihre Initiative, die mit der Teilnahme an Bildungsforen, mit Briefen an verantwortliche Politiker, durch Vernetzung mit den Praktikern sowie über Soziale Netzwerke und ihre schon von 20 000 Interessierten besuchten Internet-Seite für ihr Anliegen wirbt. Eine Vereinsgründung und eine Petition sind in Vorbereitung, kündigt Anja Plesch-Krubner an.

Oft arbeiten G-8-Schüler länger als viele Erwachsene.
Anja Plesch-Krubner, Mutter

Die 49-Jährige, die seit vielen Jahren in Heidelberg lebt, kennt die Folgen des achtjährigen Gymnasiums aus eigener Erfahrung: Ihr Sohn besucht die neunte, ihre Tochter die fünfte Klasse.

„Oft arbeiten G-8-Schüler länger als viele Erwachsene“, sagt sie. Wenn ein Schüler der Mittelstufe mit seinen 36, 37 Wochenstunden nach Hause geht, sind viele Büros längst verwaist.“ Gerade in der Pubertät bräuchten Jugendliche aber eigentlich mehr Zeit. Jungs vor allem, bei denen die Pubertät später einsetzt, so die Ärztin. Nicht von ungefähr seien sie deutlich häufiger Schulabbrecher.

Viel Resignation beim Thema G 9

„Ließe man Eltern und Schüler entscheiden, wären wir klar bei G 9“, sagt Anja Plesch-Krubner. Ernüchternd sei da aber das geringe Engagement für die Sache – auch durch den Landeselternbeirat.

Weil man resigniert und meint, dass eine Rückkehr für das eigene Kind zu spät käme, vermutet sie. „In Niedersachsen begann das neue G 9 aber nicht nur für Fünftklässler, sondern reichte bis zur siebten Klasse“, verweist sie auf einen möglichen Weg.

Auch der Philologenverband will flächendeckendes G 9

Der Philologenverband positionierte sich für eine flächendeckende Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 und sammelte 14 600 Unterschriften.

Kultusministerin Susanne Eisenmann betonte aber gerade wieder, dass G 9 in Baden-Württemberg kein Thema sei. Weil die Umstellung Geld koste und man „keine neue Unruhe“ wolle, vermutet Anja Plesch-Krubner.

Auch Bayern kehrte zum G 9 zurück

Aber auch auf die Positionierung der Gemeinschaftsschulen und die starken beruflichen Gymnasien im Land führt sie es zurück, dass sich in Baden-Württemberg bei G 9 deutlich weniger bewegt als in anderen Bundesländern.

In Bayern etwa, das nun zum neunjährigen Gymnasium zurückkehrte. Eine Option bleibt das Turbo-Abi dort dennoch: Es gibt die Möglichkeit, die elfte Klasse zu überspringen. Ein Weg, den sich Anja Plesch-Krubner auch für Baden-Württemberg vorstellen kann. „30 Prozent der Schüler hier kommen angeblich gut mit G 8 zurecht“, sagt sie.

Kein leichteres, sondern ein „Mehrwert-Abitur“

Doch auch diese Schüler könnten von neun gymnasialen Schuljahren profitieren. Weil dann mehr Zeit für Hobbys, für Engagement, für kreative Freizeitbeschäftigungen bliebe. Und mehr Zeit zum Üben, zum Vertiefen des Stoffes.

Es gehe nicht darum, das Abitur „leichter“ zu machen oder Lehrpläne weiter „abzuspecken“, stellt Anja Plesch-Krubner klar. „Wir wollen ein Mehrwert-Abitur: eine Bildung, die auf einem soliden Fundament ruht – und Vorsemester an den Universitäten überflüssig macht.“

Was nicht nur sinnvoll, sondern auch gerecht wäre, findet sie: „Wir knapsen aus ökonomischen Gründen an der Bildungszeit unserer Kinder – während sich deren Lebensarbeitszeit immer weiter verlängert.“

Service

Mehr Informationen und Kontakt zu der Initiative gibt es unter www.g9-jetzt-bw.de/

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