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Liberaler Hochschullehrer unter Druck

Islamwissenschaftler will sich gegen Lehrverbot wehren

Der prominente liberale Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi darf möglicherweise nicht länger Islamlehrer ausbilden. Nun erhebt er Vorwürfe gegen die für den Islamunterricht zuständige Stiftung: Sie wolle eine aufklärerische Stimme zum Schweigen bringen.

Abdel-Hakim Ourghi (l) und Elham Manea leiten gemeinsam das Freitagsgebet zur Eröffnung einer liberalen Moschee.
Abdel-Hakim Ourghi (l) und Elham Manea leiten gemeinsam das Freitagsgebet zur Eröffnung einer liberalen Moschee. Foto: Maurizio Gambarini/dpa/Archivbild

Im Streit um seine verweigerte Lehrerlaubnis will der prominente liberale Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi notfalls vor Gericht ziehen. „Wenn es eine negative Entscheidung gibt, gehe ich juristisch dagegen vor“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ourghi, bekannt für sein reformerisches Islamverständnis, bildet seit etwa zehn Jahren an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (PH) Lehrer für den islamischen Religionsunterricht aus. Doch im Mai lehnte die „Stiftung Sunnitischer Schulrat“ seinen Antrag auf eine Lehrerlaubnis ab.

Die offizielle Begründung laute, dass er kein ausgebildeter Religionspädagoge sei, sagte Ourghi. Doch er vermutet ideologische Gründe dahinter: Es sei bundesweit bekannt, dass er und die PH für einen liberal aufgeklärten Islam stünden. „Die Stiftung möchte diese erfolgreiche Arbeit ausradieren“, sagte Ourghi. Die Entscheidung über seine Lehrerlaubnis sei wegen ihrer politischen Brisanz nun Gutachtern übertragen worden. Vorerst könne er noch weiter unterrichten.

Die „Stiftung Sunnitischer Schulrat“ wurde im Jahr 2019 von der baden-württembergischen Landesregierung gegründet. Sie ist seitdem im Südwesten für die Organisation des islamischen Schulunterrichts zuständig - und wehrt sich gegen die Vorwürfe: Die Voraussetzungen zur Erteilung der Lehrbefugnis sähen vor, dass Anwärter einen Nachweis über ein erfolgreich abgeschlossenes Lehramtsstudium im Fach Islamische Theologie/Religionspädagogik vorweisen können, heißt es in einer Stellungnahme. Ourghi hat diese Fächer nicht studiert - auch weil das bis vor kurzem in Deutschland gar nicht möglich war.

Sein Vorwurf: Die Stiftung verfüge über keine Ermächtigungsgrundlage. Ihr gehören zwei Islamverbände an - beide konservativ und nicht repräsentativ für die Mehrheit der Muslime im Südwesten. Der Staat arbeite hier mit einer ultrakonservativen politischen Organisation zusammen, die etwa integrationsfeindliche Schülerheime betreibe. Das Stiftungsmodell in Baden-Württemberg sei verfassungswidrig. „Dieses Modell hebelt die Neutralitätspflicht des Staats aus und greift massiv in die Religionsfreiheit ein“, sagte Ourghi. In Bayern hingegen finde der islamische Religionsunterricht ohne Beteiligung der Dachverbände statt - was zu befürworten sei.

In dem Streit äußerte sich auch der neue Islambeauftragte der württembergischen Landeskirche, Friedmann Eißler. „So wird versucht, einen herausragenden Vertreter des liberalen Islam an den Rand zu drängen und mundtot zu machen“, sagte der Theologe den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ (Freitag).

Der religions- und schulpolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag, Timm Kern, nannte die Verweigerung der Lehrerlaubnis für Ourghi ein „unwürdiges Schauspiel“. „Wir sollten doch geeint sein im dem Interesse, Hinterhof-Imamen und Hasspredigern in Baden-Württemberg das Gehör zu entziehen“, sagte Kern. „Dafür brauchen wir Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht, die einen aufgeklärten Islam lehren, der mit unserer Verfassung vereinbar ist.“

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