Die Welt tanzt in Flughäfen, Feuerwehrwachen, Priesterseminaren und Krankenhäusern. Auch Ärztinnen, Pfleger und medizinisches Personal in der Region hat die Herausforderung der „Jerusalema“-Dance-Challenge angenommen.
Im Diakonissenkrankenhaus in Karlsruhe, der Rechbergklinik in Bretten oder dem Klinikum Mittelbaden in Rastatt sind Orte wie der Operationssaal, die Kantine oder der Hubschrauberlandeplatz für einige Minuten in eine Tanzfläche verwandelt worden - mit Abstand, Maske und Rhythmus im Blut. Die entsprechenden Videos findet man auf dem Portal Youtube.
Über Kulturen, Nationen, Religionen hinweg, inspiriert der Musikhit „Jerusalema“ des südafrikanischen Sängers und Musikproduzenten Mbuzeni Mkhize, der sich Master KG nennt, Menschen auf allen Kontinenten. Bislang wurde das Originalvideo seines Songs auf Youtube fast 330 Millionen Mal abgerufen. Nicht mitgezählt sind dabei die unzähligen Tanzvideos aus aller Welt, die durch diesen Song inspiriert worden sind.
Im vergangenen Jahr hatte Master KG den Text gemeinsam mit der Sängerin Nomcebo Zikode geschrieben in der Sprache der Zulu, einer von elf Amtssprachen in Südafrika. Mit „Jerusalema“ sei ein spiritueller Ort gemeint, an dem man Frieden findet, es keine Sorgen, sondern nur Glück und fröhliche Menschen gibt, sagten sie einmal in einem Interview.
Lied schafft „Moment der Gemeinschaft“
Das Lied lasse eine christliche Deutung zu, sagt auch Tine Wiechmann, Professorin für Populäre Kirchenmusik an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg, dem Evangelischen Pressedienst (epd). So spiele der Text auf das in der Bibel erwähnte himmlische Jerusalem an, das Züge des Paradieses trägt, sagte Wiechmann. Die Videos vermittelten gut, welche Kraft hinter dem Lied steckt. Es schaffe einen „Moment der Gemeinschaft“ und übertrage Hoffnung und Zuversicht.
Gründe für den Erfolg des Liedes, das Menschen in ganz unterschiedlichen Länder und Kulturen zum Mitmachen motiviert, sieht die Kirchenmusikerin etwa in der eingänglichen Melodie. Dazu müsse man nicht unbedingt komplizierte Tanzschritte ausführen. Das Tempo entspreche einem beschwingten Gehen mit federnden Schritten. Das funktioniere, obwohl der Text in einer fremden Sprache ist.
https://www.youtube.com/watch?v=rmXGiwbdJdo
Die aufmunternde Energie der Musik zeigt sich auch in den regionalen Videos, etwa wenn die Kamera durch die Gänge der Rechbergklinik Bretten fährt und dort sogar ein tanzender Roboter mit ins Bild kommt, oder wenn das Team der Entbindungsstation im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe mit Babypuppen tanzt.
Die Freude überträgt sich offenkundig auch auf die Betrachter der Videos. „Besser kann man Teamgeist und Motivation nicht ausdrücken“, kommentiert eine Nutzerin das Video aus Bretten. Ein anderer erklärt: „Bin froh in Bretten zu leben!! Mit euch an der Seite kann ich mich nirgendwo besser fühlen!!“
https://www.youtube.com/watch?v=XVhD0BexiO8
Wenn Krankenhauspersonal in diesen Zeiten gute Laune zeigt, finden sich aber auch Kritiker, die hierin einen Widerspruch zur Überlastung der Kliniken sehen. „Ich dachte ihr habt alle zu viel wegen Corona zu tun? Sieht nicht so aus!“, heißt es auf Youtube in einem Kommentar unter dem Beitrag des Klinikums Mittelbaden Rastatt.
https://www.youtube.com/watch?v=4VDUEIScofA
Solchen Vermutungen tritt das Team am Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe ausdrücklich entgegen: „Wir haben dieses Video in unserer Freizeit, Pause und im Urlaub aufgenommen. Und ja, es hat sehr viel Spaß gemacht und es stärkt den Zusammenhalt“, heißt es in einer Erklärung zu ihrem bereits mehr als 160.000 Mal aufgerufenen Beitrag.
Das bekräftigt auch ein offizielles Statement der Klinikleitung: „In diesen – insbesondere für das Pflegepersonal – schwierigen Zeiten unterstützen wir Aktionen wie diese, in denen ein wenig ,Normalität’ und Freude sein darf und damit auch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt wird.“