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Chancen und Grenzen der Resozialisierung

Justizvollzugsbeamtin in Bruchsal: „Mehr Personal wünschen sich hier fast alle“

Sie heißen nicht Gefängniswärter oder Schließer: Die Mitarbeiter mit dem großen Schlüssel im Gefängnis sind Justizvollzugsbeamte. In Bruchsal gehen ihre Aufgaben weit über das Schließen von Türen hinaus.

Stephanie Schütz ist Beamtin im allgemeinen Vollzugsdienst der JVA Bruchsal. Nebenbei studiert die 45-Jährige soziale Arbeit.
Stephanie Schütz ist Beamtin im allgemeinen Vollzugsdienst der JVA Bruchsal. Nebenbei studiert die 45-Jährige soziale Arbeit. Foto: Catrin Dederichs

Vollzugsdienst oder Sozialarbeit? Stephanie Schütz kennt beides: Seit 20 Jahren arbeitet sie als Beamtin im allgemeinen Vollzugsdienst, nebenbei studiert sie Soziale Arbeit.

Im Bruchsaler Gefängnis ist sie im sogenannten Wohngruppenvollzug tätig. Sie hat dort vielfach mit Mördern, Vergewaltigern und anderen Schwerverbrechern zu tun. Am Tag leben die Gefangenen ähnlich wie in einer Wohngemeinschaft.

Im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Catrin Dederichs erzählt die 45-Jährige von ihrer Arbeit mit Strafgefangenen.

Als angehende Sozialarbeiterin informiert sie zugleich über Chancen und Grenzen der Sozialarbeit als Beitrag zur Resozialisierung.

Etwas abfällig nennen einige Menschen Justizvollzugsbeamte auch „Schließer“. Ist das Öffnen und Schließen der Türen tatsächlich Ihre Hauptaufgabe?
Stephanie Schütz

Wir schließen zwar morgens tatsächlich die Türen auf und gucken, dass alle Gefangenen leben und dass es ihnen gut geht. Das ist aber nur ein kleiner Teil unserer Arbeit. Daneben kontrollieren wir zum Beispiel die Zellen. Wir schauen also, dass die Gefangenen keine verbotenen Gegenstände verstecken und dass Wände und Gitter in Ordnung sind.

Außerdem sorgen wir dafür, dass die Gefangenen zur Arbeit, zum Arzt oder zu ihrem Besuch gehen. Bei uns im Wohngruppenvollzug kommt am Mittag noch das Gestalten von Freizeitgruppen dazu. Das heißt, wir spielen, basteln und musizieren gemeinsam mit den Gefangenen.

Sie arbeiten mit Mördern, Vergewaltigern und anderen Schwerverbrechern. Was reizt Sie daran?
Stephanie Schütz

Zunächst einmal arbeite ich gern mit Menschen. Ich möchte ihnen helfen und sie brauchen unsere Hilfe. Außerdem komme ich aus einer Vollzugsfamilie. Nicht zuletzt ist es ein sicherer Job. Als mein Vater mir sagte „Wir suchen Leute“, habe ich mich beworben.

Irgendwann habe ich zur Sozialen Arbeit umgeschwenkt, weil ich die Zusammenhänge zwischen Aufwuchs und Straffälligkeit verstehen will. Diese gibt es in vielen, vielen Fällen.

Die JVA Bruchsal ist ein reines Männergefängnis. Respektieren die Insassen Sie als Vollzugsbeamtin?
Stephanie Schütz

Ich glaube, aufgrund der Uniform sehen mich viele gar nicht als Frau. Bisher hatte ich jedenfalls nie Probleme, mich durchzusetzen. Auch angegriffen hat mich noch kein Gefangener. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass es zu Übergriffen auf Kollegen kommt. Aber ich hatte bisher immer Glück.

Wofür sind Sozialarbeiter im Gefängnis zuständig? Welchen Beitrag können sie leisten, um Rückfälle zu verhindern?
Stephanie Schütz

Sozialarbeiter begleiten die Gefangenen von Anfang an. Wenn die Entlassung ansteht, helfen sie bei der Vorbereitung. Sie unterstützen die Gefangenen dann bei der Suche nach einer Wohnung und beantragen Sozialleistungen. Außerdem vermitteln sie schon im Gefängnis den Kontakt zu ehrenamtlichen Betreuern.

Die Sozialarbeiter nehmen sich Zeit für gute Gespräche oder sorgen für eine Drogentherapie. Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen die Rückfälligkeit reduzieren.

In der JVA Bruchsal ist in der Regel ein Sozialarbeiter für 90 Gefangene zuständig. Wie viel Sozialarbeit ist dort tatsächlich möglich?
Stephanie Schütz

Der Bedarf der Gefangenen ist sehr unterschiedlich, deshalb gelingt die Sozialarbeit durchaus. Trotzdem hätten wir natürlich gern mehr Personal. So wie es ist, müssen die Kollegen priorisieren. Krisengespräche gehen immer vor. Solche Krisen sind zum Beispiel Konflikte mit Mitgefangenen oder ein Todesfall in der Familie.

Eine Schuldenregulierung kann dagegen durchaus zwei Wochen warten, denn die Schulden sind in zwei Wochen immer noch da. Insgesamt finde ich, dass die Sozialarbeit in Bruchsal sehr gut läuft.

Voraussichtlich in einem Jahr sind Sie mit Ihrem Studium fertig. Wo soll es dann hingehen?
Stephanie Schütz

Ich würde gern weiter mit Straftätern arbeiten, sehr gern auch in der JVA in Bruchsal.

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