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Italienische Senatorin

Karlsruher „Mund auf“-Preis geht 2021 an deutsch-italienische Politikerin Laura Garavini

Die italienische Senatorin Laura Garavini erhält den diesjährigen „Mund auf“-Preis der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe. In ihrer Rede im Kammertheater zeigt sie sich zuversichtlich, dass Europa aus der Pandemie gestärkt hervorgehen wird.

Leidenschaft für Europa: Die Senatorin Laura Garavini glaubt, dass die Freundschaft zwischen Deutschland und Italien auf dem Kontinent viel bewirken kann.
Die Senatorin Laura Garavini glaubt, dass die Freundschaft zwischen Deutschland und Italien auf dem Kontinent viel bewirken kann. Foto: Markus Lehr

Es kann einer alten Freundschaft guttun, wenn sich die Freunde einmal darauf besinnen, was sie verbindet und gemeinsame Pläne für die Zukunft schmieden. Was für Menschen gilt, kann auch für Länder gültig sein.

Am Freitagabend erinnerte eine mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Senatorin aus Rom in der badischen Metropole an die über Generationen gewachsene, innige Beziehung zwischen Italienern und Deutschen, die in der Pandemie eine besondere Rolle gespielt hat.

In dem Karlsruher Vortrag aus der Reihe „Mund auf“ zeigte Laura Garavini im Kammertheater die großen Herausforderungen auf, die über die Zukunft der EU entscheiden werden. Herausforderungen, die Europa nach ihrer Überzeugung nur dann bewältigen kann, wenn beide befreundeten Nationen als „Wegweiser“ mutig voranschreiten.

Senatorin Laura Garavini als Brückenbauerin in Europa

Seit 1983 gibt die Akademie für Zahnärztliche Fortbildung jährlich bedeutenden Persönlichkeiten eine Bühne in Karlsruhe, um über große Fragen der Gegenwart zu sprechen. 38 „Mund auf“-Vorträge gab es bereits. Zuletzt sprach der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth über die Bedeutung des Grundgesetzes für das Zusammenwachsen Deutschlands seit 1990.

Nun also eine italienische Senatorin, furchtlose Anti-Mafia-Kämpferin und „Brückenbauerin in Europa“, die 2015 die höchste Würdigung der Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl erhalten hat.

Laura Garavini könnte die transalpine Völkerfreundschaft an Goethe, Verdi oder der Italien-Urlauberin Merkel festmachen. Sie wählt aber das Beispiel von Felice Perani. Ein am Coronavirus erkrankter Lehrer aus der von der Pandemie hart getroffenen italienischen Provinz Bergamo, dem im vergangenen Jahr eine Notbehandlung in Deutschland das Leben gerettet hat. Ein Mann, der laut Garavini „an einem Ort aufgewacht war, wo er wie ein Bruder behandelt wurde“.

Aus einer dunklen Zeit herauskommen, mit neuer Kraft.
Laura Garavini, italienische Senatorin

Für die 55-jährige Deutsch-Italienerin ist das Schicksal des nach Leipzig ausgeflogenen Perani ein Beispiel dafür, was Freundschaften zwischen Ländern bewirken können. Besonders in Krisen wie dieser.

„Nach vorne schauen. Aus einer dunklen Zeit herauskommen, mit neuer Kraft“: Das Überlebensrezept des 58-jährigen Lehrers ist in Garavinis Augen auch der beste Weg für Europa, um die größte Herausforderung in der Geschichte der Gemeinschaft zu bewältigen und dabei stärker zu werden.

Die Bedingung dafür sei jedoch, „Europa als Gesamtheit zu sehen.“ Jetzt sei keine Zeit für nationale Egoismen. „Wenn ein Großteil des Kontinents abgehängt wird, weil er wirtschaftlich nicht auf die Beine kommt und sozial auseinanderfällt“, warnt Garavini in ihrer auch im Livestream übertragenen Karlsruher Rede, „dann hat keiner gewonnen, sondern alle haben verloren.“

In der Pandemie können nur alle gemeinsam gewinnen

Die Brückenbauerin schlägt einen weiten Bogen von Altiero Spinelli, dem italienischen Vordenker der europäischen Einheit, über den Wiederaufbaufonds in der Pandemie bis hin zu den Hürden der Digitalisierung, dem kollektiven Widerstand gegen Chinas wirtschaftliche Dominanz und dem Kampf gegen den Klimawandel.

Mit dem letzteren Thema greift „Mund auf“ ein Problem auf, das gerade in aller Munde ist. In Schottland wird in Kürze die COP26-Konferenz beraten, wie die Erderwärmung abgebremst werden könnte. In Berlin verhandeln die Ampel-Partner über sozialverträglichen Kohleausstieg und die Anreize für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dagegen scheint die zukunftsweisende Klimapolitik in Italien schon einige Schritte weiter zu sein.

Garavini erzählt von der Gründung eines „Superministeriums für ökologischen Umbau“ und hebt die Investitionen in klimafreundliche Mobilität hervor. „Fast jeder dritte Euro, den wir im Rahmen unseres Nach-Coronaaufbauplans investieren, fließt in die ökologische Wende“, sagt die Senatorin, die Deutschland dazu einlädt, gemeinsam mit Italien zum „Motor“ der Klimakompatibilität des Kontinents zu werden.

Italien hat ein Superministerium für ökologischen Umbau

Sicher sagt dazu in Berlin niemand Nein. Andere Visionen der Italienerin dürften dagegen bei der künftigen Bundesregierung auf Skepsis stoßen. Sie plädiert beispielsweise für eine gemeinsame Finanzpolitik der EU, die nationale Kompetenzen beschneiden würde, und für eine europäische Armee.

Die Gründerin des deutschen Vereins „Mafianeindanke“ streift auch das Thema Organisierte Kriminalität. Sie warnt insbesondere von der Ndrangheta, „die weltweit pro Jahr mehr Geld umsetzt als ein Weltkonzern wie McDonalds“. Aus Garavinis Sicht müsste die Mafia noch viel stärker europäisch koordiniert bekämpft werden.

Unsere Freundschaft ist ein kostbares Geschenk.
Laura Garavini, italienische Senatorin

Hier und in anderen Bereichen sieht die Senatorin Deutschland und Italien als „treibende Kräfte“ – und sie ist zuversichtlich, dass beide Nationen auf ihrer „Reise des Vertrauens in ein vereintes Europa“ noch viel für Frieden und Freiheit tun können.

„Unsere Freundschaft ist ein kostbares Geschenk, das wir hüten und pflegen müssen“: Laura Garavini hinterlässt in Karlsruhe diese Botschaft und nimmt dafür den diesjährigen „Mund auf“-Preis mit nach Rom.

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