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Krawallnacht

Das wissen die Ermittler inzwischen über die Randalierer von Stuttgart

Die Polizei hat inzwischen 50 Tatverdächtige identifiziert, die sich an den Ausschreitungen vor gut einem Monat in Stuttgart beteiligt haben sollen. Die meisten von ihnen haben einen Migrationshintergrund.

dpatopbilder - 28.06.2020, Baden-Württemberg, Stuttgart: Polizisten stehen auf dem Schlossplatz vor einer Treppe, die zum kleinen Schlossplatz führt. In der Nacht zum vergangenen Sonntag waren zahlreiche Randalierer durch die Innenstadt von Stuttgart gezogen, sie hatten Geschäfte verwüstet und geplündert. Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit
dpatopbilder - 28.06.2020, Baden-Württemberg, Stuttgart: Polizisten stehen auf dem Schlossplatz vor einer Treppe, die zum kleinen Schlossplatz führt. In der Nacht zum vergangenen Sonntag waren zahlreiche Randalierer durch die Innenstadt von Stuttgart gezogen, sie hatten Geschäfte verwüstet und geplündert. Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit Foto: Sebastian Gollnow

Die Bilder der Stuttgarter Krawallnacht vor gut einem Monat sind noch präsent: Junge Männer demolieren Streifenwägen, werfen Glasflaschen und Pflastersteine auf Polizisten und plündern mitten in der Innenstadt mehrere Läden. Während Politiker noch über Ursachen und Konsequenzen dieser Straßengewalt diskutieren, versucht die Kriminalpolizei möglichst vieler Täter habhaft zu werden. Die Ermittlungen laufen noch auf Hochtouren. Doch erste Erkenntnisse gibt es bereits.

50 Tatverdächtige konnte die Polizei bislang identifizieren. Gegen sie laufen Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung, Landfriedensbruch, Körperverletzung sowie versuchten Totschlags. 18 dieser meist jungen Männer sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Innenministerium listet Herkunft und Aufenthaltsstatus der Beschuldigten auf

Zur Herkunft der mutmaßlichen Randalierer können die Ermittler inzwischen genauere Angaben machen. In seiner Antwort auf eine Landtagsanfrage der AfD listet das baden-württembergische Innenministerium die Staatsangehörigkeiten und den jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Status der Tatverdächtigen auf. Zum damaligen Zeitpunkt waren es 46 Identifizierte. Von ihnen haben 22, also etwas weniger als die Hälfte, ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Sechs weitere Deutsche haben zusätzlich eine zweite Staatsangehörigkeit, davon drei die türkische.

Das Innenministerium schreibt zudem, der Stuttgarter Polizei lägen „Erkenntnisse darüber vor, dass bei über der Hälfte der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit ein Migrationshintergrund vorliegt.“ Dies ist laut Behördendefinition dann gegeben, wenn die Person selbst oder mindestens ein Elternteil nicht als Deutsche geboren wurde

Von den damals bekannten 46 Tatverdächtigen haben der Landtagsauskunft zufolge neun Personen in Deutschland Asyl beantragt. Drei Afghanen und ein Somalier befinden sich dem Ministerium zufolge noch im Asylverfahren. Ein Somalier, ein Marokkaner, ein Beschuldigter aus Bosnien-Herzegowina sowie einer, dessen Nationalität ungeklärt ist, sind ausländerrechtlich geduldet. Das bedeutet: Sie sind nicht als Flüchtlinge anerkannt, aber der Staat verzichtet darauf, sie abzuschieben.

Beteiligung von Linksautonomen bisher nicht nachgewiesen

Bezüge zur linksextremistischen Szene sind laut Stuttgarter Polizei bisher bei keinem der 49 Beschuldigten bekannt. Allerdings wird weiterhin auch in diese Richtung ermittelt. Der Stuttgarter Polizeipräsident Franz Lutz machte dies vor zwei Wochen bei seinem Gastauftritt im Gemeinderat deutlich.

Er erwähnte die Videobilder eines brutalen Angriffs auf einen Dienstgruppenführer des 6. Polizeireviers. Der Beamte hielt in der Krawallnacht eine Person am Boden fest, als ein junger Mann angerannt kam und mit gestrecktem Bein auf den Polizisten sprang. Lutz sprach von „Kung-Fu-Methodik“ und sagte: „Ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn er diese Schutzausstattung nicht angehabt hätte.“

Bei diesem brutalen Angriff, so der Polizeipräsident, „überprüfen wir derzeit auch Hinweise, dass dieses möglicherweise Personen gewesen sein könnten aus dem linksautonomen Umfeld in unserer Stadt.“ Zuvor hatte der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Jürgen Engel, unserer Zeitung gesagt, die Ausschreitungen seien vermutlich von Linksautonomen unterstützt und angeheizt worden. Anhaltspunkte dafür, dass dies in organisierter und geplanter Weise geschehen sein könnte, gibt es bisher allerdings nicht.

Drei schwäbischer Bürgermeister fordern härteres Vorgehen gegen kriminelle Flüchtlinge

In der politische Debatte über Ursachen und Folgen der Stuttgarter Krawallnacht zieht derweil der Brandbrief dreier schwäbischer Oberbürgermeister weiter Kreise. Boris Palmer (Grüne) aus Tübingen, Richard Arnold (CDU) aus Schwäbisch-Gmünd und Matthias Klopfer (SPD) aus Schorndorf hatten sich vergangene Woche ausführlich zu Wort gemeldet. Sie beklagen, dass sich in vielen Städten mittlerweile „ein Milieu nicht integrierter, häufig mit Kleinkriminalität und Straftaten in Verbindung zu bringender junger geflüchteter Männer gebildet habe“.

Stetige Konflikte mit der Polizei hätten für diese Geflüchteten „nur in seltenen Fällen reale Konsequenzen”, schreiben die schwarz-rot-grüne Bürgermeisterallianz. „Diese in vielen Herkunftsländern unbekannte Liberalität des Rechtsstaats werde oft als Schwäche unserer Polizei gedeutet und zur Fortsetzung des strafbaren Verhaltens verstanden.“ Palmer, Arnold und Klopfer fordern, diese „Tunichtgute“ in die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes zurückzuverweisen. Zudem sprechen sie sich für einen verpflichteten „gesellschaftlichen Grunddienst“ aus, den alle jungen Menschen in Deutschland für zwölf Monate leisten sollen.

Der vierseitige Brief, der an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) gerichtet war, stieß auf ein gemischtes Echo. Strobls Sprecher sagte laut „Bild“-Zeitung dazu: „Die Idee eines allgemeinen Dienstes an der Gesellschaft hat bereits seit langem seine Unterstützung. Anderen Gedanken zum Umgang mit Ausländern haben wir schon in der Vergangenheit eine Absage erteilt.”

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