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Weniger Einbrüche

Drogenkriminalität und Cyber-Delikte in Baden-Württemberg wegen Corona gestiegen

Kriminelle Banden in Baden-Württemberg haben in der Corona-Pandemie neue, lukrative Felder entdeckt. Drogenkriminalität war für die Polizei 2020 ein großes Problem. Auch Cyber-Straftaten nahmen zu.

Kein Hindernis für Drogengeschäfte: Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes von Baden-Württemberg war die Organisierte Kriminalität trotz der Corona-Pandemie im Rauschgifthandel aktiv. 2020 gab es mehrere, international koordinierte Großeinsätze gegen die Drogenkriminalität wie hier in Essen.
Kein Hindernis für Drogengeschäfte: Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes von Baden-Württemberg war die Organisierte Kriminalität trotz der Corona-Pandemie im Rauschgifthandel aktiv. 2020 gab es mehrere, international koordinierte Großeinsätze gegen die Drogenkriminalität wie hier in Essen. Foto: Stephan Witte/KDF-TV & Picture picture alliance/dpa

Die organisierte Kriminalität hat sich an die veränderten Bedingungen in der Pandemie schnell angepasst und ihre Aktivitäten teils auf neue Felder verlagert.

In Baden-Württemberg gab es nach vorläufigen Polizei-Erkenntnissen im ersten Corona-Jahr deutlich weniger Einbruchs- und Schleusungsdelikte, die von kriminellen Gruppen verübt wurden.

Dafür beschäftigten jedoch der Rauschgifthandel, Betrug und die gestiegene Zahl von Cyber-Verbrechen die Behörden.

Wir stehen heute leider noch oft mit dem Rücken zur Wand.
Martin Lang, Landeskriminalamt Baden-Württemberg

Auf einer digitalen Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung forderte der Leiter der Sektion Organisierte Kriminalität (OK) beim Landeskriminalamt, Martin Lang, vor allem die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Kampf gegen Geldwäsche zu verbessern:

„Wir müssen die Geldströme unterbrechen, das ist das Einzige, was die Organisierte Kriminalität interessiert. Da stehen wir heute leider oft mit dem Rücken zur Wand.“

Anteil der Rauschgiftkriminalität steigt in Baden-Württemberg um acht Prozent

Nach Darstellung von Lang bewegen sich die OK-Zahlen im Land seit längerer Zeit auf dem gleichen Niveau von 30 bis 40 Verfahren im Jahr. Auch 2020 war da mit 33 Verfahren keine Ausnahme.

Die Pandemie hat aber die Schwerpunkte bei den Verbrechen etwas verändert. So stieg der Anteil der Rauschgiftkriminalität im Vergleich zu 2019 von 44 auf 53 Prozent. Im Bereich der Cyber-Kriminalität gab es einen Anstieg von drei auf sechs Prozent.

Die erste Phase der Pandemie stellte für die Organisierte Kriminalität eine massive Störung dar.
Martin Lang, Landeskriminalamt Baden-Württemberg

Mit 22 Prozent blieb die Wirtschaftskriminalität etwa auf dem gleichen Niveau, während die Schleuserkriminalität von sechs auf drei Prozent abnahm. Die Polizei zählte 2020 im Bereich OK insgesamt 562 Tatverdächtige im Land, was etwa auch der Zahl von 2019 entsprach.

Kriminelle nutzten Corona für ihre Zwecke

„Die erste Phase der Pandemie stellte für die Organisierte Kriminalität eine massive Störung dar“, erklärt Kriminaldirektor Lang.

„Es gab keine Freizügigkeit, die Grenzen waren zu, es wurden Personen- und Frachtkontrollen durchgeführt, und die persönlichen Kontakte wurden eingeschränkt. Das alles erschwerte die Tätigkeit der international vernetzten Gruppen, die die wichtigen Entscheidungen oft bei privaten Treffen fällen.“

Dann hätten die Banden sich allerdings schnell angepasst. Ohne ins Detail zu gehen, spricht das Landeskriminalamt (LKA) von „neuen Tatgelegenheiten“ und einer „kriminellen Kreativität“, etwa im Bereich Pandemiebekämpfung mit Hilfe von Masken und Impfstoffen, den die Verbrecher für sich ausgenutzt hätten.

Ein zweites Feld seien Investitionen in Unternehmen gewesen, die durch Corona in finanzielle Schieflage geraten seien: So habe die OK Geld aus kriminellen Geschäften waschen wollen – in Deutschland seltener, dafür etwa in Italien umso häufiger.

Kriminelle passen Enkeltrick an Corona an

Ein anderes Feld sei der an die Pandemie-Umstände angepasst Betrug gewesen, sagt Lang. Dazu zählten etwa betrügerische Heimbesuche von falschen „Polizisten“ oder „Mitarbeitern von Gesundheitsämtern“ und die Versuche, älteren Menschen für die angebliche Behandlung eines an Covid-19 schwer erkrankten Menschen Geld aus der Tasche zu ziehen.

Der Polizeibeamte rechnet damit, dass die Kriminellen mit der relativen Normalisierung der Corona-Lage zu ihren klassischen Betätigungsfeldern zurückkehren werden, aber auch die „neuen Aktionsräume“ beibehalten.

Denn: „Überall dort, wo sich in Zeiten der Pandemie problemlos viel Geld verdienen ließ, wird die OK auch weiter präsent sein.“

Baden-Württemberg weiter im Zentrum des Interesses der Mafia

Besondere Probleme bereitet der Polizei die Verlagerung der kriminellen Aktivitäten in den virtuellen Raum. „Man braucht nicht mehr zwingend einen persönlichen Kontakt zwischen Täter und Opfer, um Geld machen zu können“, erklärt Lang.

„Solche Verbrechen lassen sich schwer verfolgen.“ Im Cyber-Bereich könne die Polizei in manchen Fällen noch die Angriffe stoppen, nicht aber die Täter fassen, die irgendwo im Ausland sitzen würden.

Nach Angaben des LKA steht Baden-Württemberg weiterhin im Mittelpunkt des Interesses von italienischen Mafiagruppen: Etwa ein Drittel aller in Deutschland bekannten Mafia-Angehörigen seien im Land wohnhaft. Und auch alle bekannten Rocker-Clubs seien hier vertreten.

Diese Szene zähle derzeit rund 2.000 Personen, etwa ein Viertel der Gesamtzahl in Deutschland. Ferner sei im Südwesten die „russisch/eurasische OK“ aktiv, die wegen ihrer heterogenen Struktur schwer zu bekämpfen sei. Unterm Strich sei Deutschland im europäischen Vergleich jedoch gut abgesichert, sagte Michael Lang.

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