Skip to main content

Sprachunterricht

Land will ausländische Pflegekräfte unterstützen

In Baden-Württemberg wird händeringend Pflegepersonal gesucht. Verstärkung kommt aus dem Ausland. Probleme gibt es aber nicht nur mit der Anerkennung der Abschlüsse, sondern auch mit der Sprache. Hier will das Land ansetzen und holt sich einen Partner ins Boot.

Eine Pflegefachkraft legt in der ambulanten Pflege einen Kompressionsverband an.
Eine Pflegefachkraft legt in der ambulanten Pflege einen Kompressionsverband an. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Auf der Suche nach zusätzlichen Pflegekräften aus dem Ausland will Baden-Württemberg stärker mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten und in den Sprachunterricht investieren. Das Land werde Sprachkurse ausländischer Pflegekräfte in deren Herkunftsland mit einer Million Euro finanzieren, kündigte Gesundheitsminister Manne Lucha am Mittwoch in Stuttgart an. Außerdem nehme Baden-Württemberg künftig an einem Programm der Bundesagentur teil, mit dem Pflegefachkräfte aus Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Tunesien, Jordanien und den Philippinen angeworben werden sollen.

Herkunftsländer sollen keinen Nachteil haben

Im Rahmen des 2013 gestarteten Programms „Triple Win“ werden potenzielle Beschäftigte schon in ihren Heimatländern auf ihren künftigen Einsatz in deutschen Pflegeheimen vorbereitet. Bei der Anerkennung ihrer ausländischen Abschlüsse werden sie ebenso wie bei ihrer Integration an ihrem deutschen Arbeitsplatz von Betreuern unterstützt. So soll vor allem sichergestellt werden, dass die Anwerbung der Menschen rechtlich und moralisch einwandfrei verläuft und die Herkunftsländer ebenfalls profitieren. Eine Auflage für „Triple Win“ ist, dass in den Herkunftsländern selbst kein Mangel an Pflegekräften herrschen soll.

„Bereits im Herkunftsland erworbene Sprachkenntnisse erleichtern sowohl den interessierten ausländischen Fachkräften als auch den beteiligten Institutionen und Pflegeeinrichtungen im Land den Prozess der Eingliederung in den Arbeitsmarkt“, sagte Christian Rauch, der Leiter der Regionaldirektion Baden-Württemberg. Vor allem kleinere Pflegebetriebe könnten davon profitieren.

Sprachbarriere beseitigen von zentraler Bedeutung

Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe sieht die Sprache als Voraussetzung: „Das ist ein kommunikativer Beruf, Sprache spielt da eine zentrale Rolle“, sagte die Landesvorsitzende Andrea Kiefer. Wichtig sei es aber auch, für die Helfenden aus dem Ausland zu sorgen: „Es braucht ein Rahmenprogramm“, sagte Kiefer der dpa. „Wenn die Pflegekräfte nur hierherkommen und arbeiten, dann bleiben sie alleine, integrieren sich nicht und kehren schnell zurück.“

Nach Angaben Luchas haben im Jahr 2020 rund 1700 Pflegekräfte aus dem Ausland auf der Grundlage ihrer Qualifikation grünes Licht zum Arbeiten in Deutschland bekommen, bei weiteren rund 2000 ist die Erlaubnis eingeschränkt, weil zum Beispiel noch Prüfungen fehlen. Über das Programm „Triple Win“ hofft das Land, weitere 200 Pflegekräfte zu gewinnen.

Das reicht aber nicht aus, betonte Lucha. „Wir müssen unsere Anstrengungen zur Fachkräftegewinnung verstärken und alle verfügbaren Stellschrauben nutzen, weil wir einen unglaublich hohen Bedarf an Pflegeberufen haben“, sagte der Minister.

AfD-Chef Gögel ist anderer Ansicht

Aus Sicht der oppositionellen AfD-Fraktion setzt Lucha falsch an: „Wenn in einem bevölkerungsreichen Land wie Deutschland niemand im Pflegebereich arbeiten will, dann muss man an den Bedingungen in diesem Bereich etwas ändern und nicht einfach in schlimmster Kolonialherrenmanier Arbeitskräfte aus dem Ausland „rekrutieren““, sagte AfD-Fraktionschef Bernd Gögel. Das gewonnene Personal bleibe letzten Endes wohl ohnehin nicht lange. „Niemand will unter solchen Bedingungen arbeiten – das ist schlichtweg Fakt“, sagte Gögel.

Mangel an Pflegekräften

Die Zeit drängt, denn die Situation in der Altenpflege in Baden-Württemberg wird nach einer Prognose der Krankenkasse Barmer brisanter als bisher angenommen. Bis zum Jahr 2030 werden demnach

710.000 Menschen auf entsprechende Hilfe angewiesen sein, wie aus dem jüngsten Pflegereport der Krankenkasse hervorgeht. Das wären über ein Fünftel mehr Menschen, die dann Hilfe benötigten als bislang angenommen. Zugleich fehlen laut Barmer zusätzlich Tausende Pflegekräfte. Bundesweit gingen Experten sogar davon aus, das bis zum Jahr 2025 rund 150.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt würden, sagte Vanessa Ahuja, Vorständin Leistungen und Internationales der Bundesagentur für Arbeit.

Nach Angaben der Bundesagentur waren Ende des vergangenen Jahres in Baden-Württemberg rund 140.000 Männer und Frauen in der Berufsgruppe Krankenpflege sozialversicherungspflichtig beschäftigt, in der Altenpflege waren es mehr als 77.000. „Die Pflegeberufe gelten bereits seit Langem als Engpassberufe und der demografische Wandel wird weiterhin zu einer steigenden Zahl an Pflegebedürftigen führen, dem ein knappes Arbeitsangebot an Pflegekräften gegenübersteht“, hieß es am Mittwoch im Gesundheitsministerium.

nach oben Zurück zum Seitenanfang