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Kopfrechnen und Jetons-Türme

Nachtschicht: Arbeit als Croupier in der Stuttgarter Spielbank

Früh aufstehen ist nicht das Ding eines Croupiers: Im Spielcasino wird bis tief in die Nacht gearbeitet. Saalchef Timon Hiller gibt Einblicke in den Arbeitsalltag einer Spielbank.

Ein Croupier hält in der Spielbank Stuttgart während eines Pressetermins Jetons in der Hand.
Der Umgang mit Jetons zählt zum Arbeitsalltag eines Croupiers. Foto: Marijan Murat/dpa/Illustration

Wie in „Casino Royale“ sieht es in der Spielbank Stuttgart nicht gerade aus. Es wirkt moderner. Im Saal funkelt es und die große Seitenwand ist voller Graffiti-ähnlicher Verzierungen im Putz. Hier findet sich alles, was das Zockerherz höher schlagen lässt. Roulette-, Blackjack- und Baccara-Tische sowie Jetons, so weit das Auge reicht. Das ist der Arbeitsplatz von Timon Hiller. Der 48-Jährige ist Croupier der ersten Stunde und als Saalchef tätig. Er schaut, dass alles reibungslos läuft.

Pro Tisch sind 100.000 Euro im Spiel

Hiller arbeitet vom späten Nachmittag bis oftmals weit nach Mitternacht. Croupier sei kein anerkannter Ausbildungsberuf. „Man muss gut Kopfrechnen können und eine gewisse Fingerfertigkeit sowie ein gutes Gedächtnis haben“, sagt er. Ferner ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis und geordnete finanzielle Verhältnisse. Schließlich werden pro Spieltisch am amerikanischen Roulette Jetons im Wert von 100 000 Euro verwaltet, wenn es losgeht. Hier kann jeder Spieler selbst setzen und der Croupier markiert die Gewinnzahl mit einer kleinen Figur namens Dolly, nachdem die Kugel im Kessel nach 12 bis 18 Umdrehungen zum Stillstand gekommen ist.

Berufswunsch nach Besuch in Baden-Baden

Doch bis man Croupier ist, dauert es mehrere Jahre. In verschiedenen Kursen wird dem Nachwuchs das Handwerkszeug beigebracht. Während Hiller einst zuerst in die Geheimnisse des Roulettespiels eingeweiht worden ist, wird heute mit Blackjack angefangen. Das Kartenspiel, besser als „17 und 4“ bekannt, sei einfacher zu lernen, sagt er. „Man wächst so langsam in den Beruf hinein.“ Hiller hatte sich einst auf eine Anzeige beworben, nachdem er zuvor im Spielcasino in Baden-Baden gewesen und dadurch sein Interesse geweckt worden sei. Von 200 Interessenten seien 30 genommen worden, erinnert er sich an seine Anfänge im Jahr 1996. Damals ist die Spielbank Stuttgart auch eröffnet worden.

Zwei Drittel der Gäste sind Männer

Das Stuttgarter Kasino öffnet um 16.00 Uhr am Nachmittag. Zunächst bevölkern eher ältere Semester die Spieltische. Bevor sie ihr Geld ausgeben können, müssen sie sich am Eingang registrieren lassen. Damit auch alles ganz korrekt abläuft, ist auch das Finanzamt da. Während nachmittags oder unter der Woche eher die Älteren kommen, kommen die jüngeren Leute nach 21.00 Uhr und am Wochenende, beschreibt der Direktor der Spielbank, Patrik Maier, das Publikum. „Ein Großteil der Besucher ist unter 40 Jahre.“ Männer machen bei den Gästen knapp zwei Drittel aus. Strenge Kleiderschriften gibt es in den Kasinos schon längere Zeit nicht mehr. Inzwischen setzen die Macher auf legere Kleidung und es sind oft mehr Menschen in Alltagskleidung anzutreffen als in schicken Smokings oder Abendkleidern.

Nachtarbeiter „ein Volk für sich“

Fingerfertigkeit ist vor allem beim Umgang mit den Jetons gefragt. Blitzschnell werden die Spielmarken hin und her geschoben, auch mehrere aufeinander und kein einziger der Türme verrutscht auf dem Tisch. Oder sie werden elegant abgestreift, wenn ein Gewinn ausgezahlt wird. „Das muss man als Anfänger immer wieder üben, damit es sitzt“, sagt Saalchef Hiller, der gerne nachts tätig ist, wenn andere schlafen. „Die Leute, die nachts arbeiten, sind ein Volk für sich.“ Man schlafe am Morgen erst einmal länger und beginne dann den Tag ganz anders. Eher gemütlicher. „Man hat einen ganz anderen Lebensrhythmus.“ So könne man tagsüber viel mehr erledigen als Beschäftigte mit klassischer Arbeitszeit. Da sei dann auch viel weniger los. Doch die ungewöhnliche Arbeitszeit hat aus der Sicht des 48-Jährigen auch einen gravierenden Nachteil. Es könne kein geregeltes Vereinsleben gepflegt werden. „Man kann nicht jeden Mittwoch ins Training gehen.“

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