Das Tübinger Regierungspräsidium hat eine seiner beiden Tierversuchskommissionen neu besetzt. Erstmals sind darin Vertreter aus Forschung und Tierschutz dauerhaft gleichberechtigt vertreten. Die Kommissionen beraten die Behörde bei der Genehmigung oder Ablehnung von Tierversuchsanträgen.
Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) und die Tierschutzorganisation Peta hatten diese paritätische Besetzung zuvor mit einer Online-Petition und Offenen Briefen an Politik und Behörden eingefordert. Außerdem hatten sie nach eigenen Angaben eine ausreichende Zahl geeigneter Kandidaten vorgeschlagen, die dem Regierungspräsidium eine solche Besetzung ermöglicht hätte.
Viele vorgeschlagene Tierschützer bekamen nur Stellvertreter-Posten
Nach der nun erfolgten Neubesetzung zeigten sich Vertreter von DJGT und Peta dennoch enttäuscht: Zwar sei ihre formale Forderung nach Parität erfüllt worden, allerdings nicht in der gewünschten Weise. Von den vorgeschlagenen Kandidaten sei nur ein einziger als ordentliches Mitglied berufen worden. Die anderen hätten nur Stellvertreter-Positionen erhalten, zum Teil sogar in einer anderen Kommission, die gar nicht zur Neubesetzung anstand.
Von welchen Organisationen die anderen Mitglieder stammen, die nun in die neue Kommission berufen wurden, wollte das Regierungspräsidium auf BNN-Anfrage nicht preisgeben. „Die Behörde hat alle Mittel ausgespielt, um unsere vorgeschlagenen Mitglieder in einer Art und Weise zu benennen, dass wir möglichst wenig Mitsprache haben”, kritisiert Anne Meinert, Referentin für den Bereich Tierversuche bei Peta.
„Die Fachkenntnisse der von uns vorgeschlagenen Kandidaten übersteigen die gesetzlichen Anforderungen – trotzdem wurden wir auf die Ersatzbank geschoben. Das zeigt deutlich, dass im Regierungspräsidium Sorge vor kritischen Stimmen besteht.”
Die DJGT sieht die Neubesetzung als „enttäuschendes Signal für die Tierschutzverbände, die hoch motivierte und kompetente Kandidaten vorgeschlagen haben.”
Tierschützer in Baden-Württemberg meist in der Unterzahl
BNN-Recherchen hatten ergeben, dass Tierschützer bei allen baden-württembergischen Regierungspräsidien in der Unterzahl sind – mit Ausnahme von Freiburg. Die Organisationen kritisieren das, weil sie mehr Mitsprache im Beratungsprozess fordern.
In den Kommissionen werden per Abstimmung oder Stellungnahme Empfehlungen an die Regierungspräsidien gegeben, die dann das letzte Wort über die Genehmigung oder Ablehnung eines Tierversuchs haben. Das Votum der Tierversuchskommissionen ist in dieser Entscheidung nicht bindend, gibt den Regierungspräsidien aber fachliche und ethische Erwägungspunkte an die Hand.