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Drittklässlerin bekommt Strafarbeit

Neunjährige spricht türkisch auf Schulhof und wird bestraft – nun ein Fall für die Juristen

Eine Drittklässlerin spricht auf dem Schulhof Türkisch und bekommt dafür eine Strafarbeit. Geht das? Das müssen jetzt Juristen klären. Der Fall könnte länger dauern ...

Eine Schülerin schreibt an einer Grundschule Wörter in ihr Heft.
Die Strafarbeit der Grundschülerin beschäftigt Eltern, Schüler und Verbände weiterhin. Foto: Sebastian Gollnow picture alliance/dpa

Die Strafarbeit der Drittklässlerin ist nur sieben Zeilen lang – doch sie beschäftigt Schule und Juristen auch noch in den Sommerferien. Die Neunjährige hatte mit einer Mitschülerin im Pausenhof Türkisch gesprochen, beide Mädchen waren darauf sanktioniert worden. Seit dem Vorfall vor drei Wochen im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es viele offene Fragen. Wurde die Sanktion von Seiten der Lehrerin an der Grundschule Blumberg zurückgezogen? Gibt es eine solche Regel an der Schule wirklich? Darf in privaten Gesprächen auf dem Pausenhof die Sprache vorgeschrieben werden?

Familie und Schule widersprechen sich weiterhin, daher geht der Fall nun juristisch weiter. Die Familie des Mädchens möchte nun in einer eidesstattlichen Versicherung ihre Sicht der Dinge darstellen. Den Widerspruch der Familie hat die Grundschule bereits zur Prüfung an das Regierungspräsidium Freiburg weitergegeben. Dort gibt es noch kein Ergebnis, wie Sprecherin Heike Spannagel am Montag erklärt: „Der zuständige Jurist der Schulaufsicht bearbeitet derzeit den Widerspruch der Eltern durch deren Anwalt und prüft, ob ein rechtswidriges Verhalten der Lehrkraft vorliegt.”

Zum Fall haben sich schon das Türkische Generalkonsulat in Karlsruhe oder auch die Föderation der Vereine Türkischer Elternbeiräte geäußert, auch türkische Medien berichteten. Auch die Pädagogische Hochschule Freiburg hat sich nun zu Wort gemeldet. Vom Institut für deutsche Sprache und Literatur heißt es: „Wir plädieren für einen differenzierten und wertschätzenden Umgang mit Mehrsprachigkeit.” Das bedeute etwa, andere Sprachen auf dem Pausenhof oder bei privaten Gesprächen im Schulgebäude nicht zu verbieten.

Andere Interessensgemeinschaften messen dem Fall längst eine übergeordnete Bedeutung bei. „Der Fall wird instrumentalisiert”, sagt Yalçın Tekinoglu. Es gehe nicht darum, wie sich Einwanderer-Familien integrieren – diese Familie lebe seit Jahrzehnten in Deutschland, das Mädchen spreche einwandfrei Deutsch. Der Heidelberger Anwalt wurde von der Familie beauftragt, die Sache rechtlich zu klären.

Bürgermeister äußert sich auf Facebook

„Es ist nur eine Strafarbeit einer Drittklässlerin”, sagt er. „Aber für die Familie ist es wichtig. Es ist ein einschneidendes Verbot, wenn das Kind nicht seine Muttersprache sprechen soll.” Aber es gebe eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus: „Wie bewertet man solche Verbote generell?”

Um ein Verbot handelt es sich nach Ansicht der Grundschule Blumberg nicht. Das Regierungspräsidium hatte nach Rücksprache mit der Schule in einer Stellungnahme erklärt, es gebe in den Klassen die Regel „Wir sprechen alle die deutsche Sprache”. Und: „In diesem Zusammenhang wurde vereinbart, dass bei einem Verstoß gegen diese Regel ein Aufsatz zum Thema „Warum wir in der Schule Deutsch sprechen“ zu schreiben ist. Das ist von der ersten Klasse an so.” Auf dieser Basis habe die Lehrerin agiert.

Der Fall geht so oder so weiter

Nicht nur Juristen bewerten den Fall, auch auf Facebook äußern sich Menschen. Dort hatte der Blumberger Bürgermeister Markus Keller (CDU) geschrieben: „Viele Menschen fällen ein Urteil ohne die gesamte Situation, Hintergründe oder die Seite der Schule zu kennen.” Unter seinem Beitrag gibt es 135 Kommentare. Sie zeigen vor allem eines: Das Thema ist kontrovers. Es wird noch weit in die Sommerferien hineinragen. Erkennt das Regierungspräsidium ein rechtswidriges Verhalten der Lehrerin, hat es eine gewisse Tragweite. Betracht es den Fall als erledigt – die Strafarbeit wurde abgegeben – geht es auch weiter. In dem Fall möchte Anwalt Tekinoglu mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage erreichen, dass der Fall geprüft wird. „Es droht Wiederholungsgefahr”, sagt er.

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