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Kritik am Vatikan

Ordensfrau fordert Priesterweihe für Frauen: „So läuft es nicht mehr”

Die Ordensfrauen wollen nicht mehr schweigen, wie Susanne Schneider im Interview mit unserer Zeitung sagt: „Damit ist jetzt Schluss.” Die 56-Jährige fordert, dass auch Frauen zu Priesterinnen geweiht werden können. Die Erfahrungen aus der Coronakrise bestärken Schneider darin.

Susanne Schneider hält ein Plakat hoch: „OrdensChristinnen für eine Kultur von Respekt und Akzeptanz!”
Susanne Schneider setzt sich mit anderen Ordensfrauen dafür ein, dass auch Frauen zu Priesterinnen geweiht werden können. Foto: Sr. Karolina Schweihofer MC

Für Susanne Schneider änderte die Absage eines Priesters vor Ostern alles. Die 56-Jährige und weitere Ordensfrauen in München mussten die Feierlichkeiten selbst übernehmen. Jetzt sagen sie: Es lief so gut, warum sollten wir von einem geweihten Priester abhängig sein? Mit einem veröffentlichten Text lösten die zehn Ordensfrauen einige Diskussionen aus.

Im Interview erklärt Schneider, was sie vom Freiburger Erzbischof Stephan Burger fordert und wie groß ihre Hoffnungen sind, dass auch Frauen geweiht werden können. Schneider war früher Gemeindereferentin in Gernsbach, später Pastoralreferentin in Ettlingen. Seit 21 Jahren ist die Theologin bei den Missionarinnen Christi in München.

Ihre Forderungen nach einer Priesterweihe auch für Frauen wurden in der Coronakrise bekräftigt. Das lag auch an Ostern – wie kam es dazu?
Schneider

Die üblichen Feierlichkeiten an Ostern waren für uns ohne Priester nicht möglich. Manche Ordensfrauen haben Streaming-Angebote angenommen, wir wollten selbst etwas machen. Wir wissen ja, wie man Ostern feiert. Es war sehr erfüllend und erfrischend. Das geistliche Programm war anders – und irgendwie schön. Es war lebensnah, spirituell und wir hatten den Eindruck, Jesus ist in unserer Mitte.

Es geht also auch ohne Priester.
Schneider

Ja, so ist es. Wir wussten das schon. Aber jetzt haben wir es auch probiert. Die Gottesdienste, die wir gefeiert haben, waren genauso erfüllend wie die Eucharistie.

Welche Konsequenz ziehen Sie aus dieser Erfahrung?
Schneider

Wir fordern, dass auch Frauen geweiht werden dürfen. Es geht um Gerechtigkeit. Die Gründe für den Ausschluss leuchten uns nicht ein. Ostern war für uns die Nagelprobe: Und siehe da, es geht. Wir könnten auch Priesterinnen haben. Das hat auch mit Menschenwürde zu tun. Und insgesamt muss über das Amt in der Kirche nachgedacht werden und es muss erneuert werden.

Ein Pfarrer im Ruhestand fragte mich mal: Frauen dürfen in der katholischen Kirche so viel, warum müssen sie unbedingt dieses Priesteramt haben?
Schneider

Diese klassische Konzeption Männer wissen, wozu Frauen berufen sind – das kann nicht sein. Wir möchten das Amt, weil Seelsorge und Entscheidungskraft an dieses Amt gebunden sind. Dass Frauen das nicht können, wäre eine glatte Lüge. Frauen studieren schon länger als gestern Theologie und haben bewiesen, dass sie es können.

In einem Papier fordern sie mit anderen Ordensfrauen ganz offensiv Reformen. Das hat Diskussionen ausgelöst. Wie waren die Rückmeldungen bei Ihnen?
Schneider

Nachdem wir den Text veröffentlicht haben, gab es bei Facebook einen richtigen Shitstorm. Aber wir haben auch sehr, sehr viele positive Zuschriften erhalten. Von Frauen, Klerikern, auch aus der Schweiz und Österreich. Viele Frauen haben Ähnliches erlebt und haben sich durch unseren Text bestätigt gefühlt.

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger verwies Frauen mal darauf, sie könnten ihre Position selbst in Rom betonen – er sei nicht der Briefträger.
Schneider

Natürlich können wir nach Rom gehen, aber bei einem Bischof sieht es einfach anders aus. Burger redet sich da raus. Aber daran sieht man, wie wahnsinnig die Entscheidungskraft an das Amt gebunden ist. Ich würde mir wünschen, dass er nach Rom geht und sagt: Frauen müssen anders behandelt werden als bislang. Selbst indische Nonnen sagen, dass es so nicht mehr geht – und das in einer hinduistischen Gesellschaft. Der Vatikan hat ein bestimmtes Bild von Klerus und von Frauen. Aber in Deutschland hat sich das Bild verschoben. Bischof Feige und andere einzelne Kleriker sagen das auch öffentlich. Das sieht man auch an den Reaktionen deutscher Bischöfe auf das neueste Papier aus Rom.

Reicht das aus, um Reformen in der katholischen Kirche auszulösen?
Schneider

Da muss noch mehr passieren. Wenn aber Frauen geweiht werden dürfen, sind in der Diskussion die Homosexuellen nicht weit weg und das Amtsverständnis generell. Die Themen sind dann: Anthropologie, Sexualmoral, Kirchenverständnis. Deswegen ist da eine hohe Mauer. Sie fürchten, da bricht was auseinander, was bisher das System gehalten hat. In Rom scheinen die Konservativen in der Mehrzahl zu sein.

Das lässt den Gedanken zu: Der Synodale Weg in Deutschland ist gut gemeint, wird aber am Ende nichts bringen.
Schneider

Ganz genau. Deswegen gibt es Leute, die sagen, dass das System nicht zu retten ist. Wir denken aber, dass man Gott in der Kirche finden kann. Wir wollen dafür menschlich ausgereifte Persönlichkeiten. Manche halten sich so an ihrem Amt fest und denken, sie wären aufgrund ihrer Weihe etwas Besonderes. Das kann nicht sein.

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 63 Priester geweiht, zu wenige bei rund 22 Millionen Katholiken. Geweihte Frauen können diese Lücke auch nicht schließen, sagen manche.
Schneider

Frauen retten die Kirche nicht. Die ist seit der Auferstehung Jesu gerettet. Wir befürworten die Weihe von Frauen, weil Jesus Gerechtigkeit will – und nicht weil es einen Priestermangel gibt. Viele Menschen suchen in der Kirche Sicherheit. Der Bischof sagt mir, was ich zu tun habe. Wir Ordensfrauen sagen: Gott ist ein Geheimnis und der Bischof weiß es nicht. Man muss es suchen und die Unsicherheit aushalten.

Die jüngsten Zeichen aus dem Vatikan dürften Sie nicht positiv stimmen. In einem 30-seitigen Schreiben wurden die Laien mit ihren Kompetenzen deutlich in die Schranken gewiesen. Wie groß sind Ihre Hoffnungen noch?
Schneider

Realistisch gering. Aber das hindert mich nicht. Es lohnt sich, zu kämpfen und ich möchte zu denen gehören, die was gemacht haben.

Sie haben gesagt: „Wir müssen schreien, wenn sich etwas ändern soll.“ Wie laut können Sie werden?
Schneider

Ordensfrauen haben sich in der öffentlichen Debatte bisher sehr zurückgehalten und das Amt gestützt. Damit ist jetzt Schluss. So läuft es nicht mehr.

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