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Gesundheitsminister Spahn will Produktion nicht beschleunigen

Probleme bei der Terminvergabe zur Corona-Impfung

Knapper Wirkstoff, überlastete Hotline, Probleme bei der Terminvergabe: Die ersten Impfzentren haben den Betrieb aufgenommen. Noch ruckelt es.

Eine 86 Jahre alte Frau (M) wird in einem Altenpflegeheim von einem Mitglied eines Mobilen Impfteams des Klinikums Stuttgart mit einer Dosis eines Covid-19 Impfstoffes geimpft, daneben sitzt eine 64 Jahre alte Frau, die auf ihre Impfung wartet. Am Sonntag haben die Corona-Impfungen mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer in Deutschland begonnen.
Der Impfstart wird zur Geduldsprobe: In vielen Altenheimen haben die ersten Menschen den Impfstoff bekommen. Bei der Impfung der Hochbetagten, die nicht in Heimen leben, entzündet sich aber Kritik an der Terminvergabe. Foto: Marijan Murat/dpa

Kaum ist die Impfung gegen das Corona-Virus angelaufen, sieht sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Zentrum harter Kritik. Angelastet wird dem derzeit wichtigsten Minister des Kabinetts zweierlei: Dass erstens die Impfstoffherstellung zu langsam geht und, dass zweitens Ältere keine Termine für die Impfung vereinbaren können.

Während Spahn zu den Terminschwierigkeiten eine Sprecherin antworten ließ, nahm er sich der Kritik an der Produktion des Impfstoffs selbst an. Er hält sie für weltfremd. Die Herstellung von Impfstoffen sei überaus anspruchsvoll, sie könne nicht in drei oder vier Wochen beliebig hochgefahren werden, sagte der CDU-Politiker im ZDF. „Eine Produktion für einen Impfstoff ist hoch anspruchsvoll und hoch komplex, die kann man nicht mal eben per Lizenz bei einem anderen Unternehmen machen“, legte er nach.

Biontech übernimmt Anlage von Novartis

Zuvor hatten in seltener Eintracht FDP und Linke verlangt, die Bundesregierung solle dafür sorgen, dass Biontech seine Impfstoffformel anderen Pharmaunternehmen offen legt und diese das Serum in Lizenzproduktion herstellen. Biontech arbeitet selbst daran, die eigenen Kapazitäten zu erhöhen. Die Mainzer haben in Marburg eine Anlage des Schweizer Konzerns Novartis übernommen und wollen dort in einigen Wochen den Impfstoff produzieren.

Nach dem Plan des Gesundheitsministeriums sollen bis Ende März sechs Millionen Menschen in Deutschland geimpft sein. Weil für den Immunschutz zwei Spritzen notwendig sind, sollen Biontech und sein Partner Pfizer aus den USA zwischen 11 und 13 Millionen Dosen bereitstellen. Um wie vorgesehen bis zum Sommer weiten Teilen der Bevölkerung den schützenden Pieks geben zu können („alle, die wollen“), ist es erforderlich, dass auch andere Arzneimittelhersteller die Zulassung für ihre Impfstoffe erhalten.

Neben Biontech und Moderna stehen weitere Unternehmen vor der Zulassung oder finalen Erprobung ihres Serums. Dazu zählen der britisch-schwedische Pharmariese Astrazeneca und Curevac aus Tübingen. Sobald die weiträumige Versorgung gesichert ist, soll nicht mehr nur in Impfzentren, Krankenhäusern und Seniorenheimen geimpft werden, sondern auch in Arztpraxen. Laut Robert-Koch-Institut wurden am ersten Impftag in ganz Deutschland knapp 18.500 Spritzen gesetzt, davon etwas mehr als 2.000 in Baden-Württemberg und rund 3.400 in Bayern.

Terminvergabe ist laut Spahn Ländersache

Bis das Serum breit zur Verfügung steht, werden zunächst die besonders verletzlichen Gruppen immunisiert. In der ersten Stufe sind es Senioren ab 80 Jahren sowie Ärzte, Krankenschwester und Pfleger. Bei der Impfung der Hochbetagten, die nicht in Heimen leben, entzündet sich aber Kritik an der Terminvergabe. Jedes Bundesland legt eigens fest, ob die Älteren einen Termin per Post zugeteilt bekommen oder diesen selbst im Internet reservieren müssen. Für Menschen ab 80 Jahren ist es derzeit sehr mühsam, selber einen Termin zur Impfung im Internet oder per Telefon zu vereinbaren.

Spahns Ministerium verweist darauf, dass die Länder für Impfungen und Terminvergabe zuständig sind. Und mit Beginn der Impfungen ist es auch in Baden-Württemberg zu einem Run auf Impftermine gekommen. Bereits am Montag waren die ersten Termine in den neun Zentralen Impfzentren (ZIZ) im Südwesten alle vergeben. Viele Berechtigte wurden abgewiesen und vertröstet. Eine Sprecherin des Landes-Gesundheitsministeriums begründete dies mit der bisher geringen Verfügbarkeit des Impfstoffs und bat um Verständnis.

Leser melden Probleme mit der Hotline

Bei unserer Redaktion meldeten sich mehrere enttäuschte Menschen und monierten Probleme bei der Terminvergabe. Sie läuft telefonisch (116117) oder über das Internet (impfterminservice.de). Nahezu alle klagten über lange Wartezeiten an der Hotline (116117), viele schilderten auch, sie seien „aus der Leitung geflogen“. Dazu gab es Beschwerden über die Klangqualität.

Die Ministeriumssprecherin erklärte auf Anfrage, die Terminbuchung laufe gut, auch telefonisch. Das Problem sei: „Die Termine sind schnell weg, weil sehr wenig Impfstoff zur Verfügung steht.“ Die Wartezeit in der Hotline habe am Wochenende durchschnittlich 30 Minuten betragen, anvisiert seien etwa zehn. Weil viele Anrufer, die trotz ihres Anspruchs keinen Termin bekamen, diskutierten, verlängere sich die Wartezeit zusätzlich.

87.500 Impfdosen pro Woche ab Januar

„Das Anmeldesystem ist gerade erst angelaufen, die Impfdosen werden erst nach und nach ausgeliefert, es können nun mal nur so viele Termine vergeben werden, wie Impfdosen vorhanden sind.“ In der ersten Charge waren am Wochenende 9.750 Dosen ans Land geliefert worden. Laut der Sprecherin „deutlich weniger als zunächst vom Bund angekündigt“. Jedoch präzisierte sie auf Anfrage nicht, wie viel angekündigt gewesen sei. Am Montag kam die nächste Lieferung mit 78.500 Dosen an, am Mittwoch sind 87.500 erwartet. Für die ersten fünf Wochen des neuen Jahres sind dann wiederum Transporte mit jeweils 87.500 Impfdosen angekündigt.

Im Südwesten fand der Großteil der Impfungen bislang durch mobile Teams in Alten- und Pflegeheimen statt. Zudem nahmen zentrale Impfzentren (ZIZ) in Heidelberg, Freiburg, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Offenburg und Rot am See den Betrieb auf. Ab 15. Januar sollen in sämtlichen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs sogenannte Kreisimpfzentren (KIZ) den Betrieb in der Fläche aufnehmen.

Service

Erste Zeitfenster für den Regelbetrieb im Impfzentrum Messe Karlsruhe (ZIZ) sind nun freigeschaltet. Diese sind ab Dienstag, 29. Dezember, für Impfwillige aus der erstpriorisierten Gruppe gemäß §2 der Coronavirus-Impfverordnung buchbar. Die Anzahl der Zeitfenster orientiert sich an den Ressourcen bei Impfstoff, Personal oder anderen Faktoren. Terminvergabe über www.116117.de, über die App 116117 und über die Telefonhotline 116117.Erste Zeitfenster für den Regelbetrieb im Impfzentrum Messe Karlsruhe (ZIZ) sind nun freigeschaltet. Diese sind ab Dienstag, 29. Dezember, für Impfwillige aus der erstpriorisierten Gruppe gemäß §2 der Coronavirus-Impfverordnung buchbar. Die Anzahl der Zeitfenster orientiert sich an den Ressourcen bei Impfstoff, Personal oder anderen Faktoren. Terminvergabe über www.116117.de, über die App 116117 und über die Telefonhotline 116117.

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