Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen bei Protesten gegen die Corona-Politik rechnet Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit ähnlichen Demonstrationen im Südwesten auch über einen längeren Zeitraum.
„Ich muss leider davon ausgehen, dass wir das auf absehbare Zeit so haben werden“, sagte er am Dienstag in Stuttgart zur nach wie vor hohen Zahl von Polizeieinsätzen bei den Versammlungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen. Die Polizei müsse sich auf weitere Einsätze einstellen.
Am Montagabend waren bei einer unangemeldeten Demonstration in Mannheim nach Angaben Strobls 13 Polizisten verletzt worden. Protestierende hatten laut Polizei das Versammlungsverbot ignoriert und Widerstand geleistet, als die Ordnungskräfte ihren Aufzug beenden wollten.
Auch im Verbreitungsgebiet der BNN gingen zahlreiche Demonstranten auf die Straße. Bei drei Versammlungen in der Karlsruher Innenstadt kamen laut einer Mitteilung der Polizei etwa 150 Menschen zusammen, um ihren Unmut über die Corona-Politik zu äußern.
Dabei zogen die Protestierenden von verschiedenen Startpunkten aus scheinbar unkoordiniert durch die Innenstadt. Deshalb hatte die Polizei Mühe, die Demos zu unterbinden. Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup hatte bereits im Vorfeld vor einem „Katz-und-Maus-Spiel“ der Demonstranten mit der Polizei gewarnt.
In Achern demonstrierten etwa 100 Menschen
In Achern hatten sich auf dem Marktplatz rund 100 Menschen versammelt. Die relativ hohe Anzahl der Teilnehmer habe überrascht, teilte die Polizei später mit. In Bruchsal versammelten sich 40 Menschen vor dem Rathaus.
Als der Menschenzug von der Polizei gestoppt werden sollte, leisteten zwei Personen Widerstand und kamen anschließend in Polizeigewahrsam. In Ettlingen wurde ein Aufzug von etwa 30 Personen von der Polizei angehalten. In Malsch wurden 18 Demonstranten von der Polizei gestoppt.
Landesweit gab es am Montag 160 Versammlungen mit 23.700 Teilnehmern, die im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen der Regierung stehen, wie das Landesinnenministerium auf Anfrage mitteilte. Das seien deutlich mehr gewesen als am gesamten vergangenen Wochenende mit landesweit 52 Demonstrationen mit insgesamt etwa 17.100 Teilnehmern.
1.800 Beamte am Montag im Einsatz
Am Montag setzte die Polizei rund 1.800 Beamte ein. 17 Einsatzkräfte wurden verletzt, davon 13 in Mannheim. Es seien 49 Strafverfahren und 241 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden. Zudem wurden 277 Platzverweise ausgesprochen. Strobl sagte: „Das zeigt: Wir handeln entschlossen.“
Für Beobachter aus dem linken Spektrum kommt das geballte Auftreten der Querdenker nicht überraschend. Im Sommer waren die Querdenker weitgehend von der Bildfläche verschwunden.
Nach den Recherchen des Karlsruher Netzwerks gegen Rechts hat vor allem die Debatte über die Impfpflicht für ein Wiedererstarken der Szene geführt. Mittlerweile würden wieder deutlich mehr Impfgegner und -skeptiker auf die Straße gehen.
Die Nähe der Querdenker-Bewegung zum Rechtsextremismus ist nach Einschätzung des Netzwerks gegen Rechts allerdings immer noch „allgegenwärtig“. Außerdem verbreiteten die Organisatoren der Demonstrationen im Internet immer noch Hassbotschaften und Verschwörungstheorien.
Auseinandersetzungen sind Thema im Innenausschuss
Die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Mannheim sollen nun auch Thema im Innenausschuss des Landtags werden. „Da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte der SPD-Abgeordnete Boris Weirauch, der mit anderen Abgeordneten eine Sitzung des Gremiums beantragte. Die Grünen schlossen sich dem an. Die Sitzung soll vor der Abstimmung über den Landeshaushalt am Mittwoch sein.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Oliver Hildenbrand, sagte: „Angriffe gegen Einsatzkräfte und Polizei, Fackelaufmärsche vor Privatwohnungen, Verbrennungen von Grundgesetzen: Die Corona-Proteste werden immer radikaler und brutaler.“ Mit legitimer Kritik an staatlichen Maßnahmen habe das nichts mehr zu tun. „Es ist Ausdruck von aggressiver Staatsfeindlichkeit.“