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Aufrüstung bei der Polizei

Reaktion auf Krawalle in Stuttgart: Polizisten fordern bessere Schlagstöcke

Die beiden Polizeigewerkschaften GdP und DPolG fordern neue Schlagstöcke für Polizisten in Baden-Württemberg. Die sollen Beamte bei Zusammenstößen mit Angreifern besser schützen. Aber die Anschaffung ist umstritten.

Bei einer Pressekonferenz im Ministerium der Justiz führen zwei Justizvollzugsbeamten John Klein den Einsatz des neuen Einsatzstocks vor.
Er soll Beamte schützen und Distanz zu Angreifern schaffen: Die beiden Polizeigewerkschaften fordern auch für Einsatzkräfte in Baden-Württemberg den Einsatzmehrzweckstock (EMS). In anderen Bundesländern wird er bereits eingesetzt, beispielsweise in Rheinland-Pfalz. Dort nutzen den auch „Tonfa” genannten Schlagstock auch Justizvollzugsbeamte. Foto: Silas Stein picture alliance/dpa

Er ist flexibel einsetzbar und hält Angreifer besser auf Distanz: der Einsatzmehrzweckstock (EMS). Hinter diesem sperrigen Namen versteckt sich ein Schlagstock mit T-förmigen Griff. Der könnte bald zur Standardausrüstung einiger Polizeieinheiten in Baden-Württemberg gehören. Das wollen zumindest die Landesverbände der beiden Polizeigewerkschaften.

Sowohl die Gewerkschaft der Polizei (GdP) als auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordern eine bessere Ausrüstung der Beamten in Baden-Württemberg. Dies ist auch eine Reaktion auf die Stuttgarter Krawallnacht Mitte Juni.

Die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten nehme leider immer noch „spürbar und messbar zu”, betont Carsten Beck, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP. Er rechnet für die kommenden Jahre mit einem weiter steigenden Gewaltpotenzial. „Der EMS ist von seiner Form her besser geeignet, um Distanz zwischen sich und einem Angreifer zu schaffen”, erklärt Beck.

Die Forderung der Gewerkschaften betrifft die Ausstattung der Einsatzzüge der Polizei und Teile der Bereitschaftspolizei. Diese kommt beispielsweise bei Demonstrationen oder Fußballspielen zum Einsatz. Allerdings verfügen aktuell nur die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Bereitschaftspolizei über den EMS. Diese Einheiten sind auf Festnahmen bei derartigen Großeinsätzen spezialisiert.

Die Beamten der Einsatzzüge der Bereitschaftspolizei, die nicht auf Festnahmen spezialisiert sind, verfügen bislang nur über einen Schlagstock. Dieser lasse sich im Gegensatz zum EMS aber gerade in Tumultlagen schlechter einsetzen, erklärt Jürgen Engel, stellvertretender Landesvorsitzender der DPolG. Dem bisherigen Schlagstock fehle es im Vergleich zum EMS an Vielseitigkeit. Er eigne sich eher zum Abdrängen, Schlagen oder Stechen – Bewegungen, die von Passanten als Polizeigewalt ausgelegt werden könnten. Standardmäßig sind alle Polizeibeamten mit einem „Einsatzstock-Kurz-Ausziehbar” (EKA) ausgestattet.

Der EMS wird auch „Tonfa” genannt. Seinen Ursprung hat der Schlagstock vermutlich in China und ist aus Kampfsportarten wie Koburo oder Ju-Jutsu bekannt.

Neue Schlagstöcke sollen Polizisten besser schützen

„Mit dem EMS hat man mehr Möglichkeiten, sich Raum zu verschaffen und sich selbst zu schützen, ohne zu schlagen”, betont Jürgen Engel. Das mache den Tonfa zum verhältnismäßigeren Werkzeug, der „unmittelbaren Zwang” gegen einen Angreifer unnötig machen könnte. Zudem könnten Polizisten mit dem EMS ihre Unterarme schützen, Wurfgeschosse und Schläge besser abwehren.

In anderen Bundesländern ist der EMS bereits im Einsatz, so etwa in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz. Teilweise wird der EMS auch für den kommunalen Ordnungsdienst gefordert.

Baden-Württemberg sei das letzte Bundesland, bei dem Einsatzzüge noch keinen EMS haben, kritisiert Engel. Gleichzeitig sähen sich die Beamten immer öfter mit Gewalt konfrontiert. Das baden-württembergische Innenministerium teilte auf Anfrage unserer Zeitung mit: Die Anschaffung des Einsatzmehrzweckstocks werde derzeit geprüft.

Grüne sehen Aufrüstung kritisch

Kritik an den Forderungen der Polizeigewerkschaften kommt vom innenpolitischen Sprecher der Grünen im Landtag, Uli Sckerl: „Wir erkennen keinen Sinn darin, das Schlagstock-Repertoire der Polizei zu erweitern.” Sinnvoll seien hingegen Überlegungen für bessere Schutzausstattungen für den Streifendienst. „Wir wollen grundsätzlich nicht, dass unsere Polizei im doppelten Sinne des Wortes ,Prügelknabe’ für Probleme an Gewalt-Brennpunkten wird”, so Sckerl weiter.

Caren Denner, Polizeipräsidentin in Karlsruhe, weist auf einen Nachteil des EMS hin: Er sei sehr trainingsintensiv. Daher müsse man prüfen, für welche Einheiten der EMS in Frage komme. Mehre Einsatzstöcke gleichzeitig zu tragen, bringe keinen Gewinn, sagt Denner.

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