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Kritik an Regierungspräsidentin

Regierungspräsidium schreibt Hauptarbeiten für A8 bei Pforzheim aus – und erntet schwere Vorwürfe

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Hauptarbeiten für die Enztalquerung der Autobahn A8 bei Pforzheim ausgeschrieben. Die Art ist dabei umstritten. Pforzheimer Abgeordnete zweifeln nun sogar die Amtstauglichkeit von Regierungspräsidentin Felder an.

Die A8 bei Pforzheim im Enztal in einer Langzeitbelichtung.
Letztes Nadelöhr zwischen Karlsruhe und Stuttgart: Die A8 bei Pforzheim soll sechsstreifig werden. Dafür wurden nun weitere Arbeiten ausgeschrieben. An der Art gibt es heftige Kritik. Foto: Jürgen Müller

Am Freitag schien die Welt endlich in Ordnung zu sein. Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe schrieb die Hauptarbeiten für die wichtige Enztalquerung der Autobahn A8 bei Pforzheim aus. Nach vielfachen Verzögerungen und einer kräftigen Kostensteigerung von 150 auf 340 Millionen Euro im Sommer sah Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder einen „wichtigen Meilenstein“ des Projekts erreicht. Darüber informierte das RP per Pressemitteilung.

Ich freue mich, dass wir nun an der Enztalquerung endlich einen entscheidenden Schritt vorankommen.
Winfried Hermann, (Grüne) Verkehrsminister

Auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wird darin zitiert. Er sagte demgemäß: „Ich freue mich, dass wir nun an der Enztalquerung endlich einen entscheidenden Schritt vorankommen.“ Durch die Beseitigung dieses letzten Nadelöhrs zwischen Karlsruhe und Stuttgart würden einerseits Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit auf der A8 deutlich verbessert und andererseits Umlandgemeinden von Ausweichverkehr entlastet.

Regierungspräsidentin und Verkehrsminister sind zufrieden...

Hermann weiter: Auch die Anwohner würden durch die umfangreichen Lärmschutzmaßnahmen künftig besser geschützt. „Dass wir dieses hohe Lärmschutzniveau mit Einhausung und Trassenabsenkung erreichen konnten, freut mich besonders, auch wenn es erhebliche Kosten verursacht hat,“ erklärte der Minister.

Am Sonntag regte sich daran heftige Kritik aus Pforzheim und dem Enzkreis. Fünf Abgeordnete verschiedener Couleur griffen die Regierungspräsidentin an. Auch die Bürgerinitiative „Leise A8“ hält gegenüber dieser Redaktion nicht mit Kritik hinterm Berg.

... und stoßen in Pforzheim auf völliges Unverständnis

Die Politiker werfen Felder einen verfehlten Stil vor. Sie bemängeln, dass sie per Pressemitteilung vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien. Ähnliche Kritik ist erst drei Monate her. Damals hatte das Regierungspräsidium über erhebliche Kostensteigerungen bei dem Projekt informiert, ohne die Mandatsträger, die sich seit Jahren für das Projekt einsetzen, vorab in Kenntnis zu setzen.

Unser Vertrauen in die Regierungspräsidentin und ihre Zusagen ist irreparabel erschüttert.
Pforzheimer Politiker

Diesmal wiegen die Vorwürfe schwerer. So liefen seit Wochen im Hintergrund Bemühungen um einen verbesserten Lärmschutz. Dazu hätte es nun wieder eine Besprechung geben sollen. „Die gewünschte Terminierung der Konferenz auf nächsten Mittwoch durch das Regierungspräsidium ist eine Farce, für die wir nicht zur Verfügung stehen“, teilen die Pforzheimer Politiker mit. Außerdem heißt es in dem gemeinsamen Schreiben: „Unser Vertrauen in die Regierungspräsidentin und ihre Zusagen ist irreparabel erschüttert.“

Bernd Schuster von der Bürgerinitiative „Leise A8“ wäre dagegen bereit für das Gespräch am Mittwoch. Dabei will er dem Regierungspräsidium „allerdings unsere Vorstellung von moderner Kommunikation verdeutlichen“, erklärt er gegenüber dieser Redaktion. Er kritisiert eine „alte obrigkeitsstaatliche Denke“ in der Behörde und wirft dem RP eine „Verweigerungshaltung“ vor.

Die Initiative habe gemeinsam mit den Abgeordneten in den vergangenen Wochen eine Idee entwickelt, um die Lärmeinhausung zu verlängern - ohne dass die Kosten dafür steigen müssten, so Schuster. Er sieht bei dieser Variante auch Vorteile für das Landschaftsbild in der Region, hätte man doch mehr Begrünungen erreichen können, wie er sagt.

Ich wundere mich wirklich, dass sich ein grüner Verkehrsminister nie auf diese Diskussion eingelassen hat.
Bernd Schuster / Initiative „Leise A8“

„Ich wundere mich wirklich, dass sich ein grüner Verkehrsminister nie auf diese Diskussion eingelassen hat.“ Man habe den Behörden das entwickelte Papier zur Verfügung gestellt und sei nach juristischer Beratung überzeugt, dass der Planfeststellungsbeschluss noch entsprechend verändert werden könne. „Jetzt hat das Regierungspräsidium eben auf diese Art reagiert.“

Noch weiter gehen die fünf Pforzheimer Abgeordneten aus Bundestag und Landtag in ihrer Kritik. CDU-Bundestagsabgeordneter Gunther Krichbaum zweifelt gar die Amtstauglichkeit seiner Parteikollegin Felder an: „Das Amt des Regierungspräsidenten verlangt zu Recht hohe Anforderungen an Fachkompetenz und politischer Führung. Die jüngsten Vorkommnisse werfen nun leider die Frage auf, ob Frau Felder diesen hohen Ansprüchen wirklich gewachsen ist.“

Felders Amtstauglichkeit wird aus der eigenen Partei angezweifelt

SPD-Politikerin Katja Mast legt nach. Sie fordert politische Konsequenzen und ein entschiedenes Eingreifen der Fachaufsicht. Mast weiter: „Die Verwaltung ist für die Bürgerinnen und Bürger da, nicht umgekehrt. Wir vertreten tausende Menschen in der Region, mit denen so nicht umgegangen werden kann.“

Ebenfalls unterzeichnet ist die Mitteilung von den Landtagsabgeordneten Stefanie Seemann (Grüne) sowie Erik Schweickert und Hans-Ulrich Rülke (beide FDP). Noch im August waren die FDP-Politiker abends aus dem Wortlaut der gemeinsamen Mitteilung ausgeschert. Diesmal scheint größere Einigkeit zu bestehen.

Das ignorante Vorgehen des Regierungspräsidiums ist der erneute Versuch, von massiven Berechnungsfehlern beim Bau der A8 in der Enztalquerung abzulenken.
Erik Schweickert (FDP)

Seemann lässt mitteilen: „Diese Vorgehensweise widerspricht meinem Verständnis von Transparenz und Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen.“ Schweickert schreibt: „Das ignorante Vorgehen des Regierungspräsidiums ist der erneute Versuch, von den eigenen, in der Vergangenheit schon mehrmaligen massiven Berechnungsfehlern beim Bau der A8 in der Enztalquerung abzulenken, und dadurch nicht zugeben zu müssen, dass der Vorschlag einer Verlängerung der Einhausung von 400 Meter auf 800 Meter mit nur geringen Mehrkosten zu realisieren ist, aber für die Region einen großen Gewinn darstellt.“

Rülke regt an, die Zuständigkeit des A8-Ausbaus im Enztal auf das Regierungspräsidium Stuttgart zu übertragen. Allerdings wechselt die Zuständigkeit zum Jahreswechsel ohnehin, und zwar auf die Autobahn GmbH des Bundes. Die bundeseigene Gesellschaft ist ab dann für alle Autobahnprojekte in Deutschland zuständig.

Der Vergabeprozess wird davon jedoch nicht beeinträchtigt, betont das Regierungspräsidium Karlsruhe.

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